Union Berlin:Komplimente, die nerven

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Seriös gespielt, aber schon wieder verloren: Der Aufsteiger Union Berlin lernt so langsam die erste Liga kennen.

Von Javier Cáceres, Berlin

Es zeichnet sich ein Trend ab in der noch jungen Bundesligasaison, eine Art vorauseilende Sehnsucht nach Köpenick, der Heimstätte des 1. FC Union Berlin. Die Mannschaften von RB Leipzig, Borussia Dortmund und Werder Bremen waren bereits zu Gast, am Freitagabend kam Eintracht Frankfurt hinzu, und alle Verantwortlichen der Gäste hatten eines gemein: Sie lobten die tatsächlich einzigartig ursprüngliche Atmosphäre und den Gegner Union. Sie verliehen sogar, wie Werders Trainer Florian Kohfeldt, ihrer vermeintlichen Gewissheit Ausdruck, dass der Bundesliga-Neuling die Klasse halten werde.

Allerdings: Mit Ausnahme des BVB nahmen alle Gäste der Berliner drei Punkte mit, so auch die Eintracht: Frankfurt siegte durch Tore von Bas Dost (48.) und André Silva (62.) 2:1, den Gegentreffer erzielte Anthony Ujah (86.). Auch Eintracht-Trainer Adi Hütter äußerte Glückwünsche an Union, dort würden "noch einige Mannschaften Punkte lassen". Sein Union-Kollege Urs Fischer bedankte sich artig. Und fügte an: "Auf der einen Seite ist es schön, wenn der Gegner Komplimente macht. Aber es ist auch das, was ein bisschen nervt." Denn im Tabellenkeller steht Union trotzdem.

Der neue Vertrag des Trainers gilt bewusst auch für die zweite Liga

Nicht, dass die Unioner nicht gewusst hätten, was auf sie zukommt: "Wir wissen, dass die Bundesliga etwas ganz Hartes für uns ist", sagte Abwehrspieler Marvin Friedrich. Nicht einmal im Rausch der Aufstiegsfeiern wollte jemand ausschließen, dass sich die Zugehörigkeit zur höchsten Spielklasse nur als ein einjähriger Urlaub entpuppen könnte. Der Vertrag mit Trainer Fischer, dessen Verlängerung bis 2021 schon am Ende der Vorsaison beschlossen, aber erst jetzt verkündet wurde, gilt nicht ohne Grund für die erste und die zweite Liga.

Auch darauf, dass sie punktemäßig näher am Tabellenletzten (Mitaufsteiger Paderborn) als an Spitzenreiter Bayern München liegen würde, waren die Berliner vorbereitet. Und das Auftaktprogramm war nicht das leichteste, zu den oben genannten Heimspielen gesellten sich noch Ausflüge nach Leverkusen (0:2) und Augsburg. Dort immerhin konnte ein Punkt entführt und der Nachweis der Wettbewerbsfähigkeit erbracht werden. Auch der Zuspruch von Adi Hütter für Union war nicht von hohlen Worten getragen. Gegen die Eintracht, immerhin Europa-League-Teilnehmer, hielten die Ostberliner über weite Strecken gut mit. "Ich glaube schon, dass es wichtig ist, wie der Auftritt ist. Der war gut", sagte Fischer. Aber: "Du musst aufpassen, irgendwann sind 18 Spiele gespielt und du sprichst immer noch so."

Tatsächlich müssen die Berliner sich allmählich sputen. Sie müssen "die Kleinigkeiten", die noch zu Erfolgserlebnissen fehlen und von denen Kapitän Christopher Trimmel sprach, abstellen oder verbessern. Am kommenden Wochenende reisen die Köpenicker nach Wolfsburg, Punkte sind da nicht von vorneherein budgetiert.

Zudem müssen die Berliner lange auf Offensivkraft Akaki Gogia verzichten, er zog sich einen Kreuzbandriss zu. Ein weiterer Rückschlag. Aber mit solchen Dingen umzugehen, ist Teil der Vereins-DNA: "Wir sind Union Berlin. Wir machen immer weiter", betonte Abwehrspieler Friedrich.

© SZ vom 30.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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