Union Berlin:Ein Kruse reicht noch nicht

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Er veränderte die Partie in der letzten halben Stunde: Max Kruse (links), hier im Zweikampf mit Rani Khedira vom FC Augsburg. (Foto: Andreas Gora/dpa)

Der 1. FC Union verliert 1:3 gegen den FC Augsburg. Der prominente Zugang ändert nach seiner Einwechslung die Dynamik der Partie, doch die Gäste sind effektiver.

Von Javier Cáceres, Berlin

Es war auch in Berlin der Tag der Rückkehr des Publikums aus Anlass eines Bundesligaspiels. Doch nichts war lauter als die Stille, die knapp 5 000 Zuschauer im Stadion An der Alten Försterei walten ließen, als die Uhr 17.16 geschlagen hatte.

André Hahn, Stürmer des FC Augsburg, setzte sich im Strafraum der Unioner gegen den Köpenicker Zugang Niko Grießelmann durch - und schob den Ball unter Unions neuem Torwart Andreas Luthe hindurch ins Tor - zum 3:1-Endstand. Der Treffer war die Krönung eines Nachmittags, an dem die Augsburger vor allem von ihrer Effektivität lebten - und er war sinnbildlich für die inkonsequente Abwehrarbeit der Unioner. Im Grunde entsprangen die drei Treffer den drei einzigen Chancen, die die Augsburger hatten, und sie konnten jedes Mal von Glück reden, dass die Abwehr "nicht konsequent genug verteidigt" hatte, wie Keeper Luthe hernach monierte, der im Sommer aus Augsburg nach Berlin gewechselt war. Die Köpenicker Euphorie um das Debüt des Bundesliga-Rückkehrers Max Kruse, sie war am Ende deshalb merklich gedämpft. "Das ist ärgerlich, das müssen wir nicht schönreden", sagte Kruse selbst.

Die Partie war ein Duell zweier Mannschaften, die sich noch im Selbstfindungsprozess befinden. Auch unter Berücksichtigung dieser mildernden Umstände (sowie der frühen Verletzung von Unions Routinier Christian Gentner) war sie lange nicht schön anzusehen - sie war vor allem arm lange an Höhepunkten. Es gab zu Beginn im Grunde nur einen Spieler, der Abenteuerwillen zeigte und durch Einzelaktionen auf sich aufmerksam machte, Augsburgs Schweizer Ruben Vargas. Und Vargas war auch derjenige, der in der 41. Minute die Augsburger Führung erzielte.

Union hatte es nicht geschafft, im eigenen Halbfeld den Ball zu klären; Augsburgs Zugang Daniel Caliguri bediente Raphael Framberger, der auf der rechten Seite den Ball gerade noch vor der Grundlinie erwischte. Seine Flanke landete zentral am Fünfmeterraum, wo Vargas die Passivität der Union-Abwehr ausschweifend genoss. Er wuchtete den Ball mit dem Kopf ins Tor.

Berlin verpflichtet einen Stürmer vom FC Liverpool, um Sebastian Andersson zu ersetzen

Das war einerseits eine große Belohnung für Augsburgs umsichtiges Spiel gegen den Ball, andererseits auch eine Strafe für den Mangel an Phantasie der Unioner, die ihren bisherigen, nach Köln abgewanderten Mittelstürmer Sebastian Andersson erst nach der Partie ansatzweise ersetzten. Union vermeldete am Samstagabend, dass der zuletzt an Mainz 05 verliehene Nigerianer Taiwo Awoniyi vom englischen Meister FC Liverpool nach Köpenick kommt.

Awoniyi saß schon im Stadion: Und er sah, dass seine künftigen Kollegen nach der Pause mit größerem Impetus aus der Kabine kamen, was sich unter anderem daran zeigte, dass Marius Bülter unmittelbar nach Wiederanpfiff aus 17 Metern vergleichsweise knapp das Tor verfehlte. Die Berliner drängten auch danach. Doch schlagende Ideen waren aus dem Vortrag nur ansatzweise zu destillieren.

Die Dynamik der Partie änderte ein Mann, der sein letztes Spiel vor sechs Monaten in der Türkei bestritten hatte: Max Kruse. Er betrat in der 71. Minute den Platz, erhöhte den Respekt der Augsburger und verlieh seinem eigenen Team merklich Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten. Und Raum. Der zwischenzeitliche Ausgleich fiel vor diesem Hintergrund fast schon zwangsläufig. Christopher Lenz setzte sich auf der linken Seite durch und passte flach in den Strafraum, zwischen die Linien der Augsburger, die auf Kruse fokussiert zu sein schienen, doch den Ball erwischte Marius Bülter aus sechs Metern (75.). Danach aber schlugen wieder die Augsburger zu. Nach einem Ballverlust von Cedric Teuchert im Mittelfeld wanderte der Ball zu Iago auf der linken Seite, seine Flanke drückte Michael Gregoritsch über die Linie.

Unmittelbar danach schlug die Stunde von Unions Ex-Torwart Rafal Gikiewicz im Augsburger Tor: Er wehrte einen Kopfball von Teuchert mit einem grandiosen Reflex ab (84.) - und ebnete so den Weg für das 3:1 durch Hahn. Es war ein Sieg, der Augsburgs Trainer Heiko Herrlich sichtlich zufriedenstellte, aber auch nicht zu größerer Euphorie verleitete. "Wir wollen so früh wie möglich nichts mit dem Abstieg zu tun haben", sagte er. Herrlich weiß: Sollte Augsburg so effektiv bleiben wie am Samstag, könnte das relativ rasch zu bewerkstelligen sein.

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