Uefa-Boss Čeferin:Europas neuer Fußballchef kann immerhin Karate

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Der neue Uefa-Boss macht viele Versprechungen: Aleksander Čeferin. (Foto: dpa)

Aleksander Čeferin, der nie richtig Fußball gespielt hat, soll die Uefa in ein neues Zeitalter führen. Man wüsste gerne, was diesmal hinter den Kulissen gelaufen ist.

Kommentar von Claudio Catuogno

Fußball hat Europas neuer Fußballpräsident nie gespielt. Jedenfalls nicht so, dass es außer ein paar Mitspielern irgendwem in Erinnerung wäre. Dafür hat Aleksander Čeferin fünfmal die Sahara durchquert, "viermal mit dem Auto, einmal mit dem Motorrad". In Karate hat er den Schwarzen Gürtel. Wenn es das Ziel der Delegierten war, für den Posten des Uefa-Präsidenten jenen Mann zu identifizieren, der den größtmöglichen Gegensatz zum Vorgänger Michel Platini verkörpert - dann ist Čeferin eine bemerkenswert schlüssige Wahl.

Hier der joviale Plauderer und Genussmensch Platini, Europameister 1984, dreimal Europas Fußballer des Jahres und selbst dann noch die personifizierte Leichtigkeit, als er mit den Jahren immer breiter wurde unter dem leidlich frisierten Wuschelkopf. Da der Anwalt Čeferin, Überlebenstraining-Figur, Bürstenhaarschnitt und bis vor wenigen Wochen allenfalls Insidern ein Begriff. Fragen beantwortet er in der reduzierten Sprache des Juristen.

Mutko und Infantino - die zwei Unterstützer erregen Misstrauen

Das Problem ist: Es spricht wenig dafür, dass Abgrenzung das Ziel der Wahl war. Das wurde nicht zuletzt dadurch deutlich, wie der Kongress in Athen begann. Mit einer Rede Platinis nämlich, der zwar wegen millionenschwerer Günstlingswirtschaft für jede Tätigkeit im Fußball gesperrt ist, aber dank einer Ausnahmegenehmigung der Fifa-Ethiker die Bühne bekam, um der ergebenen Fußballfamilie zu versichern, dass er keine Fehler gemacht habe. Nun ja.

Čeferin versprach danach das "Ende des Zeitalters der Privilegien". Es ist eines von vielen Versprechen, an denen er sich nun messen lassen muss. Am Ende haben sich ja auch deshalb so viele Nationalverbände für ihn entschieden, weil sie sich von ihm etwas erhoffen. Der DFB etwa schwenkte kurzfristig ins Lager des späteren Siegers um - und hofft jetzt auf Rückendeckung für seine Bewerbung um die EM 2024 (die Skandinavier, die auch um das Turnier buhlen, hatten Čeferin aufs Kandidaten-Schild gehoben).

Wie unabhängig Aleksander Čeferin tatsächlich agieren kann, muss sich noch zeigen. Dass Russlands Sportminister Witalij Mutko ihn ebenso unterstützte wie der neue Fifa-Chef Gianni Infantino, die beide für vieles stehen, bloß nicht für Transparenz, erregt Misstrauen. Man wüsste gerne, was diesmal hinter den Kulissen gelaufen ist. Netterweise hat Čeferin auch dazu so knappe wie präzise Aussagen gemacht: "Ich war nie hinter den Kulissen", versicherte er. Die Berichte über Deals und Freundschaftsdienste seien "Einbildung von Medien und anderen" sowie "schlichte Lügen". Auch daran wird man ihn messen.

Aus den Hinterzimmern der Fußballbranche dringen gerade - siehe Franz Beckenbauer - mehr schmutzige Details als früher üblich. Dass Čeferin Karate kann, könnte ihm nützlich sein, sollte er es ernst meinen mit seinem bisher noch sehr vagen Transparenzversprechen.

© SZ vom 15.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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