TSV 1860 München:Spitzenspiel und Politik

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Sechzig eilt in der Tabelle vorneweg, die Opposition formiert sich. Werner Lorant und Bernhard Winkler sollen Wahlkampfhelfer der Fanvereinigung Arge werden.

Von Markus Schäflein

Keiner würde es wagen, den echten Löwen Daniel Bierofka einer Lüge zu bezichtigen, aber kaum zu glauben war diese Geschichte des 1860-Trainers schon. Am Freitagabend verlor der FC Bayern München II, bislang größter Konkurrent des TSV um die Meisterschaft in der Fußball-Regionalliga Bayern, 1:3 gegen den 1. FC Nürnberg II - und ist mithin bei neun Punkten Rückstand schwerlich noch als größter Konkurrent zu bezeichnen. Und wie nahm Bierofka am Freitagabend diese frohe Kunde auf? "Ich habe erst am Samstagfrüh nachgeschaut, wie die überhaupt gespielt haben", berichtete er. Seine Frau sei da sehr empfindlich, wenn er in der seltenen freien Zeit auch noch auf sein Smartphone schaue.

So erfuhr Bierofka also der Überlieferung nach erst am Samstagmorgen, was sich zugetragen hatte, und seine Spieler wissen es womöglich noch gar nicht: "Ich habe kein einziges Mal erwähnt, wie Bayern München gespielt hat." Jedenfalls ist nun, wenn man die bizarr verschobene Regionalliga-Tabelle nach imaginären Minuspunkten betrachtet, der FC Ingolstadt II der erste Verfolger des TSV 1860 München. Er hat 16 Punkte, aber auch drei Spiele weniger. Bei jenem FC Ingolstadt II hätten die Löwen an diesem Montag antreten müssen. Die Partie wurde allerdings abgesagt, weil das ESV-Stadion unbespielbar ist und ein Umzug in den Sportpark, in dem sonst die FCI-Profis spielen, nicht realisiert werden konnte. Ihr Abschlusstraining absolvierten die Sechziger auf Kunstrasen, die mobile Rasenheizung am Trainingsgelände war bereits abgebaut worden.

Gänzlich unabhängig vom Wetter wird bei Sechzig immer Politik gemacht - die Meinungsverschiedenheiten über den Umgang mit dem jordanischen Investor Hasan Ismaik kennen keine Winterpause. Das Präsidium um Robert Reisinger fährt den klaren Kurs, keinerlei neue Darlehen von Ismaik anzunehmen und entsprechend sparsam zu wirtschaften. Das ist einigen Vertretern der großen Fanklub-Organisation Arge nicht recht - sie bereiten offenkundig für die Mitgliederversammlung im Juli eine Opposition vor, die wieder mit Ismaik kooperieren will, und denken schon an die zweite Liga. Das Fußballbusiness funktioniere "heutzutage nur noch mit entsprechenden finanziellen Mitteln, will man Profifußball spielen", hieß es in einem Arge-Schreiben auf Facebook. "Das ausgelobte Budget für die dritte Liga liegt mit drei Millionen Euro um den Faktor zwei bis drei unter dem Budget der Aufstiegsaspiranten. Der offensichtlich nicht notwendige Gesprächsbedarf mit dem Mitgesellschafter und Mehrheitseigner Hasan Ismaik ist nicht tragbar und für die verfolgte Rückkehr von 60 in den Profifußball in höchstem Maße kontraproduktiv."

Bei einem Treffen der Arge-Vorstandschaft mit den Regionsbeauftragten am Freitag waren auch der frühere Trainer Werner Lorant und der ehemalige Teammanager Bernhard Winkler anwesend, dessen Vertrag kürzlich aufgelöst wurde. Das Duo soll zu Wahlkampfhelfern werden: "Die Arge wird (...) nach Meldeschluss für die Wahlen des Verwaltungsrats am 31.03.2018 die Regionen bereisen und ihr Konzept vorstellen. Bernhard Winkler und Werner Lorant haben hierfür ihre Unterstützung zugesagt." Auch der so genannte Allesfahrer Franz Hell, neues Arge-Vorstandsmitglied, habe sich "gegen den aktuellen Kurs des e.V. und für eine baldmögliche Rückkehr in den Profifußball" ausgesprochen.

© SZ vom 19.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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