TSV 1860 München:Ochsen - Mäuse 2:2

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Sechzig nutzt in Osnabrück seine Wucht bei Freistößen, um mit zwei Treffern in Führung zu gehen. Um den Sieg zu sichern, fehlen aber Ruhe und Cleverness - in der 95. Minute fällt der Ausgleich.

In der dritten Fußball-Liga geht es derzeit so tierisch zu, dass man sich fragen muss, warum Schweinfurt noch nicht aufgestiegen ist oder was eigentlich die SG Egelsbach macht. Adriano Grimaldi und Sascha Mölders, die Angreifer des TSV 1860 München, der Löwen, wurden jedenfalls vom Kapitän der Sportfreunde Lotte aufgrund ihrer Statur als "Ochsen" bezeichnet. Und der Osnabrücker Übungsleiter Daniel Thioune erklärte angesichts seiner klein gewachsenen Verteidiger, er werde jener Angriffswucht eine "Mäusepolizei" entgegen stellen. Die Ochsen und die Mäuse trennten sich am Mittwochabend an der Bremer Brücke 2:2 (1:0).

Selbstredend fielen die zwei Treffer für 1860 nach Freistößen. Wobei auch Osnabrück bewies, dass es diese Disziplin beherrscht - durch einen direkten Freistoß von Marcos Alvarez in der fünften Minute der Nachspielzeit, in Unterzahl, nachdem Felix Schiller die rote Karte gesehen hatte (81.). Einen Treffer und eine Vorlage für die Löwen verbuchte 1860-Zugang Adriano Grimaldi, den der Donaukurier zu allem Überfluss einen "Bären" genannt hatte.

Grimaldi, der von 2012 bis 2014 für Osnabrück spielte, hätte der Mann des Abends sein können. Nun war er nach dem späten Gegentreffer in Überzahl selbstredend tierisch verärgert - angesichts der verpassten Möglichkeiten, den Sieg zu sichern. Sein neuer, extravaganter Torjubel, bei dem er sich die Hände vors Gesicht hält, bekam da eine unliebsame Bedeutung. "Wir hatten nach der roten Karte gute Möglichkeiten, die Konter auszuspielen oder einfach den Ball zu halten", klagte Grimaldi bei Telekom Sport, "dass wir dann noch das Tor kriegen, ist sehr, sehr bitter."

Dabei benötigten die Münchner, im Vergleich zum 5:1 gegen Lotte nur auf einer Position verändert (Stefan Lex für Alessandro Abruscia), eine halbe Spielhälfte lang großes Glück, um überhaupt das 0:0 zu verteidigen. Zu Beginn der Partie rannte der VfL Osnabrück mit Mann und Maus nach vorne, dem TSV 1860 blieb kaum Zeit zum Durchschnaufen. In der 5. Minute hatte der frühere Unterhachinger Ulrich Taffertshofer die erste große Chance, sein Kopfball nach einem Freistoß traf die Querlatte. Kurz darauf strich ein Distanzschuss von Bashkim Renneke knapp am linken Pfosten vorbei (7.), dann parierte der erneut sichere 1860-Torhüter Hendrik Bonmann einen Kopfball von David Blacha (14.), schließlich verpasste Manuel Farrona Pulido die VfL-Führung knapp (17.).

Doch dann stellte Grimaldi den Spielverlauf auf den Kopf: Einen Freistoß von Philipp Steinhart konnte Osnabrücks Keeper Nils-Jonathan Körber nicht festhalten, der Zugang von Preußen Münster stand richtig und schob den Ball ins Tor (35.). Kurz vor der Pause lenkte Bonmann einen Schuss von Farrona Pulido über die Querlatte, dann ging 1860 mit der überaus glücklichen Führung in die Kabine. Und nach der Pause setzten die Münchner gleich den zweiten Treffer obendrauf. Erneut fand ein Freistoß Grimaldi, der den Ball quer legte auf den aufgerückten Innenverteidiger Simon Lorenz - 2:0 (47.).

Nun war es zunächst ein anderes Spiel, Sechzig übernahm die Kontrolle. Bierofka hatte in Efkan Bekiroglu einen Achter ins Spiel gebracht, was sich positiv auswirkte. "Am Anfang hatten wir Probleme mit dem 3-4-3 von Osnabrück, das haben wir dann besser gemacht", stellte der Trainer fest, "was mich positiv stimmt, ist, dass wir uns in solche Spiele reinbeißen." Was auch ihn negativ stimmte, war allerdings, dass seine Mannschaft die geeigneten Momente nicht genutzt hatte, das Spiel nach dem Reinbeißen auch zu verputzen.

Schon nach dem 0:2 war das durch Grimaldi (49.) und Nico Karger (53.) möglich, aber auch nach dem 1:2 von Farrona Pulido, bei dem in Lorenz und Kapitän Felix Weber beide Innenverteidiger des TSV 1860 ganz schlecht aussahen (77.). Anschließend scheiterte Karger mit einem Schlenzer an Körber (81.) und vergab leichtfertig eine große Konterchance (88.), der eingewechselte Marius Willsch brachte den Ball aus spitzem Winkel ebenfalls nicht an Körber vorbei (90.) - in einigen Szenen wäre ein Querpass die bessere Entscheidung gewesen.

"Wir spielen die Konter viel zu schlampig aus, da waren wir viel zu unclever", klagte Bierofka, "wir müssen die zu Ende spielen und die drei Punkte einsacken. Da fehlt einfach die Ruhe, die richtige Entscheidung zu treffen." Aber er weiß ja auch, dass er einen Aufsteiger trainiert: "Das ist vielleicht dann der nächste Entwicklungsschritt."

© SZ vom 09.08.2018 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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