TSV 1860 München:"Wir sind noch keine große Mannschaft"

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Für das Pokalspiel gegen Drittligist Lotte holt Trainer Pereira den ehemaligen Kapitän Stefan Aigner zurück. Den Umbau im Abstiegskampf erklärt er für alternativlos.

Von Philipp Schneider

Am Dienstag konnte einen der Verdacht beschleichen, der riesige Kaderumbau, den der TSV 1860 München in diesem Winter vorgenommen hatte, hätte sich womöglich gar nicht herumgesprochen bis in die Kleinstadt Lotte im Tecklenburger Land. Die dpa veröffentlichte am Morgen ein Interview mit Ismail Atalan, dem Trainer des Drittligisten Sportfreunde Lotte, der Sechzig am Mittwochabend (18.30 Uhr) erwartet im Achtelfinale des DFB-Pokals. Atalan kündigte an: "Dieses Mal wird es schwer sein, zu überraschen. Aber nichtsdestotrotz, auch 1860 München hat in der Hinrunde viele Spiele verloren und wir wissen wieso. Ich glaube, dass sie hoffen, dass wir nicht wissen, wo ihre wunden Punkte sind."

Wunde Punkte aus der Hinrunde?

Diesmal streicht Vitor Pereira Felix Uduokhai und Daniel Adlung aus dem Aufgebot für Lotte

Nun ist der 36-jährige Atalan nicht dafür bekannt, irgendwelche Entwicklungen im Fußball verschlafen zu haben. Immerhin hat er ja die deutsche Pokalgeschichte nicht nur um eine Überraschung, sondern um gleich zwei kleinere Sensationen bereichert: Erst warf er mit seinem Klub aus der 14 000-Einwohner-Gemeinde am Rande des Teutoburger Waldes Bundesligist Werder Bremen aus dem Wettbewerb, im Herbst dann schlug sein Team in Unterzahl auch noch Bayer Leverkusen. Dass der TSV 1860 der Hinrunde zumindest nominell kaum noch etwas zu tun hat mit dem TSV 1860 der Rückrunde, wird Lottes Trainer schon mitbekommen haben. Atalan dürfte also eher aufgegangen sein, dass Trainer Vitor Pereiras Sechzig auch mit vier Zugängen in der Startelf noch immer dieselben wunden Punkte hat wie das Sechzig von Kosta Runjaic: Beim 1:2 gegen Bielefeld resultierten die Gegentore mal wieder aus individuellen Fehlern. Und: Die Mannschaft entwickelte kaum Torgefahr, sobald sich der Gegner defensiv eingerichtet hatte: "Wenn wir es schaffen, sie immer wieder zu piksen, haben wir eine Chance", hat Atalan entsprechend erkannt.

Den tatsächlichen Klassenunterschied der Mannschaften will Pereira im DFB-Pokal nun mit einem kleinen psychologischen Trick außer Kraft setzen. Er redet seine Mannschaft einfach ganz klein. "Manchmal überraschen die kleinen Mannschaften", sagte Pereira am Dienstag, dennoch erwarte er ein "sehr ausgeglichenes Spiel". Es sei nämlich so: "Wir sind selber noch keine große Mannschaft im Moment."

Dem im Umfeld nicht unbeliebten Einwand, es sei ein riskanter Plan, mitten im Abstiegskampf eine Mannschaft umzubauen und auf Offensivfußball umzupolen, entgegnete Pereira, dass er gar keine Alternative sehe zu dem Umbau, den er gerade vornehmen müsse. "Ein Umbruch muss kommen, wenn er nötig ist. Und das war er", sagt der Trainer. Genau für diese Mission und mit dieser Zielsetzung sei er verpflichtet worden. "Allerdings gibt es im Fußball auch keine Zauberstäbe."

Pereira, der ja bislang lediglich den nächstjährigen Aufstieg, nicht aber den diesjährigen Klassenverbleib thematisiert hatte, will selbst im Pokal gegen Lotte an der neuen Spielidee festhalten, die er auch in der Liga verfolgt: ein 3-4-3 mit hohem Pressing und viel Kurzpassspiel. "Ich habe unter der Woche den Platz enger gemacht. Das ist unser Konzept. Wir werden unsere Spielweise nicht ändern, wir müssen wachsen", kündigte Pereira an.

Beim Wachstum dürfte ihm in Lotte auch Stefan Aigner wieder helfen. Der ehemalige Kapitän, den Pereira vor dem Spiel gegen Bielefeld aus dem Aufgebot gestrichen hatte, steht wieder im Kader. "Er hat gut trainiert und ist verfügbar", sagte Pereira. Nicht mit nach Lotte fahren dafür Felix Uduokhai und Daniel Adlung. "Wir müssen mit maximaler Konzentration auftreten", forderte der Trainer. Und Linksverteidiger Uduokhai war schließlich derjenige gewesen, der zuletzt dem Bielefelder Fabian Klos vor seinem Tor den Ball unfreiwillig vor die Füße geköpfelt hatte.

Aus Pereiras Sicht gibt es wohl nun zumindest einen wunden Punkt weniger.

© SZ vom 08.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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