TSV 1860 München:Viel Gerede

Lesezeit: 2 min

116 Minuten in drei Partien: Spielmacher Michael Liendl fordert vom Trainer mehr Einsatzzeiten. (Foto: imago/GEPA pictures)

1860-Trainer Torsten Fröhling will den Unmut von Zugang Michael Liendl vor dem Spiel in Sandhausen "nicht als Angriff" verstanden wissen.

Von Nino Duit

Der TSV 1860 ist ein Verein, in dem sehr gerne und sehr viel geredet wird. Es wird oft miteinander sowie ab und zu auch übereinander geredet. Derzeit wird sogar über das Reden an sich geredet. "Ich plane es ein, dass wir heute noch reden", sagte Trainer Torsten Fröhling am Montag vor der Abfahrt nach Sandhausen. Mit "wir" meinte er sich selbst und seinen Spielmacher Michael Liendl. Zum Reden hatten die beiden wohl noch reichlich Zeit. Während den viereinhalb Stunden Busfahrt und dem Abend im Hotel könnten sie die eine oder andere freie Minute gefunden haben. Fröhling hatte mit dem Österreicher ja auch einiges zu besprechen.

Liendl hatte am Sonntag sehr freimütig über seine Verständnislosigkeit ob seines Reservistendaseins beim Spiel in Düsseldorf geredet hat. Liendl sagte beispielsweise: "Dass ich im dritten Spiel auf der Bank sitze, ist natürlich nicht zufriedenstellend." Fröhling nahm diese Aussage äußerlich betont locker. Er wertete sie "nicht als Angriff" und machte mildernde Umstände geltend. "Wenn ein Spieler nach dem Training zur Kabine zurückkommt und angesprochen wird, ist es normal, dass auch mal ein falsches Wort rauskommt", sagte Fröhling. Fraglich ist bei dieser Kausalkette allerdings, ob Liendl seine Worte im Nachhinein auch wirklich als falsch erachtet. Auch Fröhling selbst ist sich darüber offensichtlich nicht ganz im Klaren: "Michael ist alt genug, er weiß genau, was er macht." Aus Sicht des Trainers sollte der Österreicher nun vor allem einen guten Trainingseindruck machen. In so einer Situation, sagte Fröhling, "muss man eine Reaktion zeigen, muss man arbeiten".

Im Spiel selbst ist Liendl aber eher weniger der Typ Arbeiter. Liendl ist ein Freigeist, der seiner Mannschaft mit überraschenden Pässen Impulse geben kann. Es drängt sich immer mehr der Eindruck auf, dass Liendl nicht unbedingt der Spieler ist, der wirklich ins System der Löwen, ins System des Torsten Fröhling passt. Dieses Bedenken äußerte Liendl auch selbst, als er feststellte, dass er gedacht habe, "dass mich der Trainer auch haben wollte". Als Fröhling darauf angesprochen wurde, ob der Österreicher nun der richtige Akteur für seine Spielphilosophie sei, hatte er genug vom Gerede über Liendl. Stattdessen stellte er eine Gegenfrage: "Wollen wir vielleicht über das Spiel reden?"

Also wurde doch noch über das Spiel gegen den SV Sandhausen an diesem Dienstag (17.30 Uhr) geredet. Der Verein aus dem 14 500-Einwohner-Städtchen nahe Heidelberg ist einer, bei dem es anders als beim TSV 1860 sehr ruhig zugeht. In dieser Ruhe lässt es sich offenbar auch sehr gut arbeiten. Der SVS ist in der laufenden Saison eine der positiven Überraschungen der zweiten Liga. Trotz dreier Punkte Abzugs wegen Lizenzverstößen steht Sandhausen auf dem siebten Tabellenplatz.

Offensiv ist der SVS nicht gerade ungefährlich, in sechs Saisonspielen erzielte das Team um Mittelstürmer Andrew Wooten (sechs Tore) bereits 15 Treffer. Das sind zwölf mehr als sie der TSV 1860 hat. Womit man beim größten Problem der Münchner angekommen wäre: der Harmlosigkeit. Stürmer Rubin Okotie, der seit Februar nicht getroffen hat, fehlt nach seiner Gehirnerschütterung weiterhin, wird aber wohl am Sonntag gegen Leipzig zurückkehren. Bei Stephan Hain wird sich der Heilungsverlauf noch etwas länger hinziehen.

Gegen Sandhausen führt in Fröhlings Ein-Mann-Sturm-Taktik daher wohl abermals kein Weg an Zugang Stefan Mugosa vorbei. Der Montenegriner sollte mithelfen, den ersten Saisonsieg der Löwen herauszuschießen. Der Druck auf den Verein und naturgemäß auch auf den noch immer sieglosen Trainer Fröhling würde sonst weiter ansteigen. Und recht bald könnte Fröhling auch nicht mehr nur über unzufriedene Spieler, kommende Aufgaben oder das Reden an sich reden. Sondern auch über seine eigene Zukunft als Übungsleiter des TSV 1860.

© SZ vom 22.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: