TSV 1860 München:Verhandlungsende via Facebook

Lesezeit: 3 min

Auf der Mitglieder­versammlung stellt Vizepräsident Heinz Schmidt seine Ideen für eine Kapitalerhöhung vor - wenige Stunden später macht Investor Hasan Ismaik alle Pläne vorerst platt.

Von Markus Schäflein

Es war natürlich schade für die Menschen, die bei der Mitgliederversammlung des Fußball-Drittligisten TSV 1860 München siebeneinhalb Stunden auf den Tagesordnungspunkt 13b), "Sonstige Anträge", gewartet hatten, dass er so schnell hinfällig war. Sie hatten dem Vizepräsidenten Heinz Schmidt gelauscht und seine Pläne analysiert, aber sämtliche Ideen wurden nur wenige Stunden später von Investor Hasan Ismaik vorerst plattgemacht - selbstredend via Facebook. "Eine vom Verein anvisierte Kapitalerhöhung ist für uns endgültig vom Tisch", schrieb Ismaik, er sehe "keine weitere Gesprächsbasis", denn: "Der Profifußball beim TSV 1860 hat mit der Wiederwahl von Robert Reisinger einen weiteren Dämpfer bekommen." Sie sei "eine Tragödie". Schmidt glaubt aber noch nicht daran, dass Ismaik tatsächlich kein Interesse mehr an der Idee hat, betonte er am Montag: "Für uns als Gesellschafter ist die direkte Kommunikation maßgeblich, nicht das, was auf Facebook geschrieben wird."

Nachdem Präsident Reisinger mit 64 Prozent der Stimmen gewählt worden war, hatten viele Anhänger des Investors fluchtartig die Versammlung verlassen. Dabei ist es ihnen doch wichtig, dass die Profifußball-KGaA an frisches Geld kommt, deshalb hatten sie ja auch gegen den Kurs des Präsidiums votiert, keine Darlehen von Ismaik mehr anzunehmen. Nun hörten sie nicht mehr, welche Vorschläge Schmidt zur Geldbeschaffung machte und was sie für Ismaik bedeuten würden. Und das war durchaus interessant - auch der von Ismaik sehr geschätzte e.V.-Vertreter im KGaA-Aufsichtsrat, Karl-Christian Bay, hatte einen Verzicht auf weitere Verschuldung schließlich als "alternativlos" bezeichnet, aber auch deutlich gemacht, dass irgendwoher frisches Geld kommen sollte, um sportlich konkurrenzfähig zu bleiben.

Für fünf Millionen Euro will eine Beteiligungsgesellschaft aus verschiedenen bayerischen Unternehmen, zu der dem Vernehmen nach auch der Hauptsponsor "Die Bayerische" gehören soll, Anteile an der KGaA des Fußball-Drittligisten erwerben. Dazu käme ein Crowdfunding, an dem sich "Fans und Mitglieder" beteiligen könnten, so Schmidt. "Der e.V. könnte und würde diese Kapitalerhöhung nicht mitgehen, seine Anteile würden also verwässert werden und unter die jetzigen 40 Prozent sinken", erklärte Schmidt. Wie stark diese Verwässerung ausfallen würde, konnte Schmidt noch nicht sagen - das Unternehmen müsste hierzu erst einmal bewertet werden. Das Sagen hat der e.V. über die Geschäftsführungs-GmbH aber ohnehin, solange die 50+1-Regel Bestand hat.

Die Idee sei "keine Show, um Hasan Ismaik als Blockierer darzustellen", betont Schmidt

Und wenn sie fällt, ohnehin nicht mehr. Dann würde die Geschäftsführungs-GmbH laut Kooperationsvertrag nämlich an Ismaik gehen, und er wäre der alleinige Machthaber. Und genau das ist die "zu hohe Hürde" für einen Einstieg neuer Gesellschafter, von der Reisinger in seinem "Bericht des Präsidiums" schon gesprochen hatte. Schmidt will sie nicht überspringen, sondern umgehen: "Wir sind nicht blauäugig und wissen, dass Hasan Ismaik auf diese Klausel niemals verzichten wird", sagte er. Schmidt schlägt dafür vor, festzuschreiben, "dass er in diesem Fall die Beteiligung des dritten Gesellschafters auszahlen muss, mindestens das zu Beginn Eingezahlte plus Verzinsung". Dann freilich müsste Ismaik bei einem Fall von 50+1 für etwas zahlen, wenn auch relativ wenig, das ihm jetzt schon gehören würde.

Dennoch betonte Schmidt, die Idee sei "keine Show, um Hasan Ismaik als Blockierer darzustellen", sondern sie sei "ernst gemeint". Ismaik könnte dabei seine 60 Prozent Anteile sogar behalten, ohne frisches Geld bereitstellen zu müssen. 7,5 Millionen Euro müsste er zahlen, um auf diesem Stand zu bleiben, dafür könnten allerdings auch bestehende Darlehen umgewandelt werden und die KGaA somit Schulden abbauen. Allerdings müsste Ismaik nicht nur auf Darlehen in Höhe von 7,5 Millionen Euro verzichten, sondern auf weitaus mehr. Nach dem Grundsatz "True and fair view" würde ein Gutachter dann erst einmal feststellen, wie viel Ismaiks Darlehen momentan auf dem Markt wert wären.

Zu Verhandlungen wird es nun, sofern Ismaik bei seiner Facebook-Ankündigung bleibt, allerdings gar nicht erst kommen - Schmidt hofft allerdings darauf, dass sich der Investor noch umentscheidet. Zumal der offizielle Grund für die Ablehnung banal wirkt: Ismaik hatte seinen Statthalter Saki Stimoniaris als Gesprächspartner benannt. Das Präsidium habe ihn darauf hingewiesen, dass für diese Gespräche aber ein befugter Vertreter von Ismaiks Firma HAM anwesend sein müsse, berichtete Schmidt: "Dann kam die Antwort, er lässt sich nicht vorschreiben, wen er benennt." Ismaik zitierte in seinem Facebook-Schreiben jene Ablehnung von Stimoniaris aus einer Mail vom 4. Juni. Die Mitglieder müssten einer Kapitalerhöhung auch zustimmen, mit einer Dreiviertelmehrheit gar. "Das Thema ist sehr komplex und gehört natürlich ausführlich diskutiert", sagte Reisinger. "Wenn wir das angehen, wird uns nichts anderes übrig bleiben als eine außerordentliche Mitgliederversammlung." Es könnte allerdings sein, dass er sich das Einladungsschreiben sparen kann.

© SZ vom 02.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: