TSV 1860 München:Löwen im Nebel

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Auftakt des Relegationsabends: Regensburgs Marc Lais (3.v.l.) köpfelt die Führung gegen den TSV 1860. (Foto: Bernd Feil/M.i.S.)

Schlechte Leistung, gute Ausgangsposition: Weil Jahn Regensburg viele Chancen vergibt und gar einen Elfmeter verschießt, gehen die Löwen mit einem 1:1 ins Rückspiel am Dienstag.

Von Markus Schäflein

Löwen in den Zoo, Löwen in den Zoo", sangen die Einheimischen bei der Ankunft des 1860-Mannschaftsbusses voller Inbrunst, doch der Mann, der ja wirklich einen Löwenzoo errichten wollte, war gar nicht anwesend. Der jordanische Investor Hasan Ismaik verzichtete auf einen Besuch der potenziellen Blamage in der Oberpfalz. Dabei waren es Ismaiks Ideen und jene seiner Berater, die dazu führten, dass Sechzig nun mit dem portugiesischen Trainer Vitor Pereira, Leihspielern aus Portugal und etlichen Akteuren ohne Zukunft in Giesing in die Abstiegsrelegation gegen den Drittliga-Dritten Jahn Regensburg gehen musste.

Der SSV Jahn trat mit Spielern wie Andreas Geipl an, der soeben versucht hatte, einen einwöchigen Griechenland-Urlaub für 563 Euro bei Facebook loszuwerden, was einiges aussagte über die Unterschiede zwischen den Klubs und ihren Mannschaften bzw. ihren Budgets. Im Hinspiel am Freitagabend trennten sich die ungleichen Rivalen 1:1 (1:0), und es war ein äußerst schmeichelhaftes Resultat für die Münchner. "Wir müssen nicht darüber reden, dass wir kein gutes Spiel gemacht haben", sagte Mittelfeldspieler Michael Liendl, "aber unter dem Strich interessiert das keinen Menschen." Denn durch das Remis hat Sechzig fürs Rückspiel am Dienstag die bessere Ausgangsposition.

Pereira veränderte die Startelf gegenüber der 1:2-Niederlage am letzten Zweitliga-Spieltag in Heidenheim nicht. Beim Jahn setzte Trainer Heiko Herrlich auf zwei ehemalige Löwen - Torhüter Philipp Pentke und Sechser Geipl. Wie schon in Heidenheim begannen die rund 2000 mitgereisten Anhänger des TSV 1860 die Partie mit Pyrotechnik. Und im Nebel der Raketen fiel umgehend das 1:0 für den Jahn: Nach einem Eckstoß von Erik Thommy köpfelte Marc Lais den Ball ins Tor (2.). "Es war schon ein bisschen benebelt, aber wir sollten jetzt nicht darüber reden, ob wir klare Sicht hatten, und nicht nach Ausreden suchen", erklärte Stürmer Sascha Mölders, der im Sturmzentrum erneut den Vorzug vor Christian Gytkjaer erhielt.

Die Nervosität der Löwen wurde durch den frühen Rückstand größer, es dauerte bis zur ersten guten Chance: Nach einer Flanke von Lumor setzte Mölders den Ball mit dem Kopf neben den Pfosten (10.). Ansonsten dominierten die engagierteren und couragierteren Regensburger, die noch einige Großchancen hatten, insbesondere durch Lais. "Wir woll'n euch kämpfen seh'n", sangen die Münchner Anhänger. Doch davon war nichts zu sehen.

Selten ist es deutlicher geworden als an diesem Abend, dass Geld allein nicht glücklich macht

Kurz vor der Pause nahm Pereira den schwachen Romuald Lacazette vom Feld, der nach einer gelben Karte wegen Meckerns (36.) im Rückspiel gesperrt fehlen wird, und brachte für ihn Florian Neuhaus. Der Nachwuchsspieler führte sich, passend zu den Kollegen, gleich mit einem Fehlpass ein. Das Beste an der ersten Hälfte war aus Sicht der Löwen, dass sie nur mit einem Tor in Rückstand lagen. "Die erste Halbzeit war eine Katastrophe", fand auch Trainer Pereira, "der Gegner war immer einen Schritt vor uns da."

Unter großem Applaus kehrten die Regensburger aufs Feld zurück, das Spiel lief zunächst wie gehabt: 1860 mit Fehlern in Serie, der Jahn mit Chancen durch Marco Grüttner (52.) und Kolja Pusch (54.). Nach einer guten Stunde brachte Pereira zwei neue Stürmer: Für Mölders und Stefan Aigner kamen Gytkjaer und Ivica Olic - ein Treffer fehlte ja nur, um aus einem grausamen Hinspiel eine gute Ausgangsposition zu machen. Die Löwen zeigten sich vor 15 242 Zuschauern in der ausverkauften Arena nun verbessert, aber offensiv immer noch halbherzig. Die Fans stimmten den von den U23-Spielen im Grünwalder Stadion bekannten Gassenhauer "Scheiß auf den Scheich, scheiß auf sein Geld" an. Dass Geld allein nicht glücklich macht, ist ja auch selten deutlicher geworden als an jenem Abend, als die Sechziger gegen den 563-Euro-Urlauber Geipl und seine Kollegen so lange so schlecht aussahen.

Die Schlussphase hatte es dann allerdings in sich. Erst nahm sich Marnon Busch doch noch ein Herz, setzte sich über die rechte Seite energisch gegen Marcel Hofrath durch, in der Mitte stand Neuhaus und traf zum 1:1 (78.). "Speziell die Vorarbeit war entscheidend", meinte Liendl, "wir müssen in diesem System viel öfter über die schnellen Außen kommen, dann wird es gefährlich." Der sichtlich mitgenommene Pereira hielt hernach eine überschwängliche Dankesrede auf die Nachwuchsarbeit der Löwen, die Spieler wie Neuhaus hervorbringt, der vermutlich auch noch günstig urlaubt.

Die letzten Minuten musste 1860 nach einer gelb-roten Karte gegen Marin Pongracic (80.) in Unterzahl überstehen. Zum Helden wurde Torwart Stefan Ortega, nach dem Spiel in Heidenheim viel kritisiert: Nach einem Foul von Ba an Pusch parierte er einen Elfmeter des verhinderten Urlaubers Geipl (84.). Jetzt bleibt den Löwen, nach einer ganzen Serie verkorkster Endspiele, noch ein einziges.

© SZ vom 27.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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