TSV 1860 München:Hasans Recht

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"Wichtig ist, dass man alle Aussagen oder Meinungen ausblendet und sich auf seinen Job fokussiert." - 1860-Trainer Kosta Runjaic bleibt nichts anderes übrig. (Foto: M.i.S./Imago )

1860-Trainer Kosta Runjaic steht im Spiel gegen seinen früheren Klub Kaiserslautern unter Zugzwang - denn Präsident Peter Cassalette hat eine Art Ultimatum formuliert.

Von Markus Schäflein

Vor einigen Tagen hat Thomas Eichin, seit August Geschäftsführer des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München, über seinen ja tatsächlich gewöhnungsbedürftigen neuen Arbeitgeber gesagt: "Es wird noch dauern, bis ich richtig angekommen bin." Es dauerte dann nicht lange, bis sich Willi Lemke meldete, der frühere Aufsichtsratschef des SV Werder, der zu Eichins vorheriger Tätigkeit in Bremen berichtete: "Du musst Grünkohl lieben, du musst zum Freimarkt gehen, und du musst unbedingt ins Team passen - sonst kommst du hier nicht an." Eichin dementierte umgehend: Er esse "unheimlich gerne" Grünkohl und sei sehr wohl auf den Freimarkt gegangen. Und was die Ankunft in München angeht: Auf dem Oktoberfest war Eichin schon. Und gerade lernt er, dass es bei Sechzig hilft, unheimlich gerne Kreide zu fressen.

Als Eichin und Trainer Kosta Runjaic im Pressecontainer erschienen, um über das Spiel an diesem Montagabend (20.15 Uhr) gegen den 1. FC Kaiserslautern zu sprechen, hatten sie das getan. Es war dringend nötig, Präsident Peter Cassalette hatte zuvor nämlich in der Bild-Zeitung einige Sätze losgelassen, die das Duo gewaltig unter Druck setzten. "Ich habe gerade eine halbe Stunde mit Abu Dhabi telefoniert. Hasan (Gesellschafter Ismaik, der 60 Prozent der stimmberechtigten Anteile hält, d. Red.) ist sauer und enttäuscht, dass es nicht so läuft, wie er sich das vorgestellt hat", berichtete Cassalette angesichts von elf Punkten aus zwölf Spielen und Tabellenplatz 14. "Jetzt müssen sie auch mal liefern. Das ist Hasans Meinung und damit hat er Recht."

Und jedes Recht hat der Jordanier bei Sechzig sowieso: Bei Misserfolg im Spiel gegen Kaiserslautern, zu dem Ismaik erscheinen wird, werde es anschließend "eine Krisensitzung geben", kündigte Cassalette an, "dann müssen wir gewisse Dinge in Frage stellen. Wenn wir wieder sang- und klanglos verlieren, geht's zur Sache."

"Damit kann ich und kann auch der Kosta ganz gut leben", erklärt Geschäftsführer Eichin

Das klang ohne viel Fantasie nach einem Ultimatum für Trainer Runjaic, was auch Eichin nicht gefallen konnte. Aber das Kreidefressen funktionierte ganz gut. "Die Frage ist immer, was man zu welchem Zeitpunkt sagt, aber das ist der Präsident, der hat das Recht, das zu tun", erklärte Eichin entsprechend. "Druck ist sowieso existent. Damit kann ich und kann auch der Kosta ganz gut leben. Es ist nicht so, dass wir diesen Druck nicht aushalten werden." Runjaic sagte nur: "Wichtig ist, dass man alle Aussagen oder Meinungen ausblendet und sich auf seinen Job fokussiert." Dabei kommt es dem Trainer zugute, dass er kaum noch Personalsorgen hat, sondern "reichlich Auswahl", wie er es formulierte. Bis auf die langzeitverletzten Brasilianer Victor Andrade und Ribamar sowie Daylon Claasen nahmen alle Spieler am Mannschaftstraining teil. Für einen Startelfeinsatz bereit ist Herbstzugang Sebastian Boenisch, der auf der linken Abwehrseite den zuletzt formschwachen Maximilian Wittek ersetzen könnte.

Auch Kapitän Stefan Aigner wird in den Kader zurückkehren. "Es sieht gut aus, wir sind im Austausch mit ihm", sagte Runjaic. "Es ist wichtig, dass er vom Kopf her bereit ist." Der mit großem finanziellen Aufwand aus Frankfurt an die Grünwalder Straße zurückgeholte Mittelfeldspieler hatte Mitte September eine Innenband-Teilruptur am rechten Knie erlitten. Am Dienstag kehrte er im Testspiel beim Bayernligisten SV Heimstetten ins Team zurück. Er wirkte eine halbe Stunde lang mit und erzielte einen Treffer; ob er gegen Kaiserslautern in der Startformation steht oder zunächst auf der Bank sitzt, ließ Runjaic offen. Es wäre Aigners 100. Zweitligaspiel für die Löwen - und sein viertes in dieser Saison.

Es gibt angenehmere Situationen, um nach einer langen Verletzung in eine Mannschaft zurückzukommen - Aigner weiß, dass er auch für Runjaic spielen muss. Schließlich droht dem Trainer, was schon so vielen Menschen an der Grünwalder Straße passiert ist: Dass er weg ist, bevor er jemals ankam.

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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