TSV 1860 München:Gemeinsam leiden

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Die Opposition muss auf der Mitgliederversammlung eine deutliche Niederlage hinnehmen. Der "Schulterschluss" der Klubführung mit den Ultras sei "nicht ohne Brisanz", findet der gescheiterte Klaus Ruhdorfer.

Von Markus Schäflein

Am Tag nach der großen Niederlage meldete sich Klaus Ruhdorfer noch einmal zu Wort. Seine Opposition mit dem Namen "Team Profifußball", die von der Fanorganisation Arge organisiert wurde und wieder enger mit dem Investor Hasan Ismaik zusammenarbeiten wollte, war bei der Mitgliederversammlung des Fußball-Drittligisten TSV 1860 München so deutlich wie nur denkbar gescheitert. Alle neun Sitze im Verwaltungsrat gingen an die Kandidaten der bislang bereits bestimmenden Fanorganisation Pro1860. Der Kurs, keine weiteren Darlehen von Ismaik anzunehmen, wird also fortgesetzt. "Pro1860, vor allem aber der riesige Ultra-Block, sind im Gegensatz zur Arge top organisiert, politisch aktiv und effizient", stellte Ruhdorfer fest. "Weite Teile der Fanklubs in ganz Bayern sind der Wahl ferngeblieben. Angesichts einer erneut auf 12 Stunden gezogenen Versammlung, zuzüglich stundenlanger An- und Abfahrt, kann man dies zum Teil nachvollziehen." Mit Blick auf die Stadionfrage, in der sein Team schnell eine höhere Kapazität versprochen hatte, ergänzte er: "Allerdings darf sich dann in den nächsten Jahren auch kein Fan mehr beklagen, dass er keine Karten bekommt."

Der "Schulterschluss mit den Ultras" sei "nicht ohne Brisanz"

Während die Arge im Vorjahr zumindest noch einen ihrer Kandidaten in den Verwaltungsrat bekommen hatte, den mittlerweile zum Ismaik-Statthalter gewordenen Saki Stimoniaris, schaffte es diesmal kein einziger ihrer Bewerber. Der bestplatzierte Kandidat des "Teams Profifußball", der ehemalige Profi Bernhard Winkler, war abgeschlagen auf Rang zehn gelandet, was auch seinem ungeschickten und offenbar unkundigen Auftritt geschuldet war. Investor Ismaik habe keine Schuld am Abstieg aus der zweiten Liga 2016/17, fand Winkler, Schuld seien ja schließlich die Spieler und der Trainer. Dass aber Ismaik Beratern vertraute, die den Übungsleiter Vitor Pereira und Zugänge aus aller Welt zusammenstellten, war offenbar an Winkler vorbeigegangen; er wurde ausgebuht, ausgelacht und musste sich sogar ausgestreckte Mittelfinger gefallen lassen.

Die Enttäuschung, dass ihre Zielgruppe sie einmal mehr im Stich gelassen hatte, war bei der Opposition überall zu spüren, von Allesfahrer Franz Hell bis zu Helmut-Kirmaier-Unterstützer Sascha Üblacker. Ein Antrag, eine Brief- und Onlinewahl einzuführen, wurde von den anwesenden Mitgliedern wie schon im Vorjahr mit deutlicher Mehrheit abgelehnt - sie wäre auch äußerst ungewöhnlich für einen Sportverein. "Die erneute Ablehnung einer Briefwahl, die geschickte Einführung von außerordentlichen Mitgliedern mit niedrigerem Beitrag, aber ohne Wahlrecht, die strategisch klug eingebauten Satzungshürden sowie die abschreckende Wirkung einer aufgeblähten Marathonversammlung bedeuten eine Zementierung der Machtverhältnisse auf viele Jahre hinaus", klagte Ruhdorfer. Möglicherweise steht ohnehin das Ende der dem früheren Präsidenten Karl-Heinz Wildmoser zum Machterhalt dienenden Arge bevor; ein Antrag, die Fanbetreuung, mithin die Kartenvergabe, komplett in den e.V. zu verlegen, wurde gutgeheißen, aber auf 2019 verschoben.

Beispielhaft für die Machtverhältnisse bei 1860 stehe die Nichtwahl des früheren Verwaltungsratsvorsitzenden Karl-Christian Bay, fand Ruhdorfer. "Gesinnung statt Kompetenz" sei gefragt. Bay hatte in seiner Rede großes Interesse an dem Amt gezeigt, stand aber nicht auf der Pro1860-Liste, da die Fanvereinigung einen Interessenskonflikt mit seinen Aufgaben als e.V.-Vertreter in der KGaA ausgemacht hatte. Zudem meinte Ruhdorfer, der "Schulterschluss mit den Ultras" sei "legitim, zugleich nicht ohne Brisanz". Zurückziehen werde die Opposition sich nicht: "Wir werden gemeinsam mit unseren Löwen leiden."

© SZ vom 24.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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