TSV 1860 München:Gefangen in der Endlosschleife

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Schon wieder drin: 1860-Torhüter Hendrik Bonmann verzweifelt nach dem Magdeburger Treffer zum 0:4-Halbzeitstand an seinen indisponierten Vorderleuten. (Foto: Hartmut Bösener/imago)

Trainer Daniel Bierofka ist nach dem 1:5 in Magdeburg bedient. Rückschläge hatte er kommen sehen - aber dass sich seine Spieler gar nicht dagegen wehren würden, war so nicht eingeplant.

Von Markus Schäflein

Am Sonntagmittag gab Daniel Bierofka Autogramme und unterhielt sich mit den Fans, am sommerlichen Trainingsgelände waren überraschenderweise alle freundlich zueinander, aber innerlich brodelte es immer noch im Trainer des Fußball-Drittligisten TSV 1860 München. Nach dem 1:5 (0:4!) beim 1. FC Magdeburg ärgerte er sich vor allem über die Art und Weise, wie seine Mannschaft die dritte Niederlage im sechsten Saisonspiel verursacht hatte. "Wir waren nicht auf dem Platz, das ist mir unverständlich", sagte er, "viel zu wenig Leidenschaft, viel zu wenig Tempo, viel zu wenig dagegengehalten. Ich schäme mich für das Auftreten meiner Mannschaft."

Dass es eine harte Spielzeit werden würde, hatte Bierofka erahnt, es gehe nur um den Klassenverbleib, hatte er oft betont, und wer um den Klassenverbleib spielt, kann beim Zweitliga-Absteiger Magdeburg schon mal verlieren. Das erklärt vielleicht die Milde der Anhänger, die sich an der Grünwalder Straße eingefunden hatten, und auch der Mitgereisten, die die Mannschaft nach dem Schlusspfiff freundlich am Zaun empfingen und ihr Mut zusprachen. Niederlagen und Rückschläge waren zu erwarten - aber dass sich seine Spieler gar nicht dagegen wehren würden, dass hatte Bierofka so nicht eingeplant.

Alle vier Gegentore der ersten Hälfte ähnelten sich: Stets flog der Ball weit auf die rechte Offensivseite der Magdeburger, stets kam eine unbedrängt abgegebene und präzise Flanke nach innen, stets war der Ball drin - zunächst durch ein Eigentor von Innenverteidiger Aaron Berzel (14.), dann per Direktabnahme von Christian Beck (28.), dann durch einen Kopfball von Sören Bertram (39.), dann wieder per Kopf, diesmal durch Beck (41.). Die Löwen mussten sich in einer Endlosschleife gefangen vorkommen. Auch 1860-Sportchef Günther Gorenzel klagte, "dass wir in der ersten Halbzeit drei Tore über den linken Flügel bekommen haben, die deckungsgleich waren. Wir sind auf dem Flügel immer zweiter Sieger, das haben wir mannschaftstaktisch nicht hinbekommen."

Die Wut der Fans entlud sich positionsgetreu an Linksverteidiger Phillipp Steinhart, aber das wollte auch Trainer Bierofka so nicht stehen lassen. Er wolle Steinhart insofern verteidigen, als er "nicht an allen Toren alleine schuld" sei. "Viele Bälle sind gespielt worden, als wir in der ersten Linie keinen Druck entfacht haben", meinte er, "es geht immer vorne los, die ersten Drei sind die ersten drei Verteidiger, und wenn da schon zu wenig passiert, ist hinten raus immer irgendeiner schuld. Und in jeder Situation waren wir in Überzahl im Zentrum, da können wir die Flanken auch dort verteidigen."

Er könne "Niederlagen verkraften", beteuerte Bierofka, der Niederlagen nur schwer verkraften kann, "aber wenn sich die eigene Mannschaft aufgibt, dann ist das schwer zu verdauen". Sie habe sich in Magdeburg "nicht drittligatauglich" präsentiert, fand er. Tatsächlich gab es Positives nur in homöopathischer Dosierung, abgesehen von der einzigen richtigen Möglichkeit zum 1:1-Ausgleich, die Benjamin Kindsvater vergab, und dem Treffer zum 1:5 kurz vor Schluss durch den eingewechselten Markus Ziereis; für den Stürmer war es im 49. Einsatz das erste Drittliga-Tor seiner Karriere. Fast schon ärgerlich, ein Debüt unter derartigen Umständen.

Dass im Gesellschafterstreit auch Ergebnisse instrumentalisiert werden würden, war absehbar

Am Abend nach dem Spiel meldete sich dann Investor Hasan Ismaik, der sich nach Niederlagen selten meldet, auf Facebook. "Nach so einer deftigen wie schmerzhaften Niederlage wie dem 1:5 in Magdeburg fällt es mir sehr schwer, die richtigen Worte zu finden", teilte er mit, er fand dann aber doch Worte: "Eine Generalkritik wäre jetzt das falsche Signal, zumal mir von Daniel Bierofka vor dem Saisonstart offengelegt wurde, dass uns ein sehr schweres Jahr drohen werde." Und dann ging Ismaik auf den Konsolidierungskurs des Präsidiums ein, welche beinhaltet, keine Darlehen des Investors mehr anzunehmen. "Ich kann nur an die Vereinsspitze appellieren, dass endlich ein Umdenken beim TSV 1860 stattfinden muss", schrieb er. "Profifußball kostet Geld. Ich bin nach wie vor bereit zu helfen."

Bierofka sagte zum Angebot des Investors am Sonntagmittag: "nichts". Er ist es leid, dass Aussagen von ihm im Streit der Gesellschafter instrumentalisiert werden: "Egal, was ich sage, es wird immer auf irgendeine Seite gezogen." Dass irgendwann auch mal Ergebnisse instrumentalisiert werden würden, war absehbar. Am Freitagabend (18 Uhr) beim Chemnitzer FC, einem Konkurrenten im Kampf um den Klassenverbleib, sollte den auf einen Abstiegsplatz gerutschten Löwen mal wieder ein Erfolgserlebnis glücken; sonst droht eine debattenreiche Länderspielpause.

© SZ vom 26.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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