TSV 1860 München:Der Feuermacher

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Schon seit dem Trainingslager in Troia hält 1860-Trainer Vitor Pereira große Stücke auf Florian Neuhaus. Der 20-Jährige dankt es ihm im Relegationshinspiel.

Von Markus Schäflein

Es ist ein ziemlich erfolgreiches Wochenende gewesen für die Familie Neuhaus aus Landsberg. Während Daniel Neuhaus mit dem TSV Landsberg durch ein 1:1 gegen Türk Augsburg die nächste Runde der Relegation zur Fußball-Bayernliga erreichte, erzielte sein jüngerer Bruder Florian für den TSV 1860 München den 1:1-Ausgleichstreffer in der Zweitliga-Relegation beim SSV Jahn Regensburg, der den Löwen fürs Rückspiel trotz einer miesen Leistung eine ordentliche Ausgangsposition verschaffte.

Man darf es humorvoll finden, dass in einem Kader aus überaus teuren früheren Erstligaspielern, vermeintlichen Wundertalenten aus Brasilien und aller Welt sowie Winterzugängen aus Portugal, Dänemark und Kamerun ausgerechnet ein 20-jähriger Oberbayer, der in der vergangenen Saison noch für die A-Jugend spielte, für diesen Treffer zuständig war. Für die Relegation hatte Neuhaus eigens auf die Teilnahme an der U20-Weltmeisterschaft verzichtet. 1860-Trainer Vitor Pereira hat sich in den vergangenen Wochen konsequent beim eigenen Nachwuchs bedient und sich nach dem Unentschieden in Regensburg auch artig für die hervorragende Arbeit bedankt, die dort geleistet werde. Neben Abdoulaye Ba, den sich Pereira im Winter auf Leihbasis vom FC Porto holte, spielten in der Abwehr-Dreierkette Felix Weber, 22, mit der Erfahrung von 80 Regionalligaspielen und einem Zweitligaeinsatz, sowie Marin Pongracic, 19, auch erst während der Rückrunde von Pereira zu den Profis geholt. Im Rückspiel am Dienstag wird Pongracic wegen seiner gelb-roten Karte (80.) fehlen, dann könnte ihn bei rechtzeitiger Genesung Felix Uduokhai, 19, vertreten.

All diese Personalien kann man als Beweis für hervorragende Ausbildung in Giesing nehmen. Oder auch als Beleg für eine desaströse Fehlplanung des Zweitliga-Kaders in den vergangenen Monaten und Jahren. Eine ganze Reihe zweitligaerfahrener Verteidiger und Sechser hätte Pereira zur Verfügung, aber er traut den jungen Neulingen mehr zu. Eine ähnliche Strategie hat der damalige Trainer Torsten Fröhling bereits in der Abstiegs-Relegation 2015 gegen Kiel gefahren - mit dem Unterschied, dass Fröhling selbst aus der Regionalliga-U21 nach oben versetzt worden war, während Pereira sich Wunschspieler von überall her sichern durfte.

Am Dienstag dürfte Neuhaus von Beginn an spielen, weil Romuald Lacazette nach seiner fünften gelben Karte gesperrt ist - für einen Nachteil hält das angesichts der Vorstellung Lacazettes in Regensburg bis zu seiner Auswechslung niemand. Schon im Winter-Trainingslager in Troia hatte Pereira in den Testspielen zu erkennen gegeben, dass er mit Neuhaus Einiges vorhatte - und der Mittelfeldspieler lobte ihn als "Super-Trainer". In den Einheiten sei "richtig Feuer drin", sagte er damals der Abendzeitung. Dieses Feuer, das so vielen Mitspielern in Regensburg fehlte, brachte Neuhaus dann in das wichtige Spiel.

Seine Ruhe und Abgeklärtheit hat Neuhaus nach eigenen Angaben vor allem seiner Familie und seinen Freunden im benachbarten Landsberg zu verdanken: "Ich hatte von daheim immer Ruhe, meine Eltern haben mich von den ganzen Trubel ferngehalten. Ich habe auch meine Freunde aus Kindergartentagen noch. Es hat sich also nicht viel verändert." Außer dass Neuhaus jetzt am Dienstag vor über 60 000 Zuschauern spielen wird.

© SZ vom 29.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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