TSV 1860 München:Auf der Suche nach der Belohnung

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Sechs Punkte nach oben und nach unten: Die Perspektive auf die Tabelle kann sich 1860 aussuchen. Der überragende Rückkehrer Efkan Bekiroglu schaut lieber in höhere Sphären - auch persönlich.

Von Markus Schäflein

Efkan Bekiroglu war nicht der einzige Sechziger, bei dem das 2:2 am Montagabend in Ingolstadt Spuren hinterlassen hatte. Mittelfeldspieler Herbert Paul war nach einem Zusammenprall mit seinem Mannschaftskollegen Felix Weber mit einer stark blutenden Platzwunde am Kopf ausgewechselt worden, Verteidiger Aaron Berzel ging nach dem Schlusspfiff humpelnd vom Feld, Daniel Wein hatte sich in der umkämpften Partie die fünfte gelbe Karte zugezogen und fehlt nun am Samstag zum Jahresabschluss in Münster. Bekiroglu hingegen war nicht lädiert oder gesperrt, er war einfach nur: völlig erschöpft. Seit drei Monaten hatte der Regisseur ja kein Fußballspiel mehr bestritten, nun kam er nach der langen Verletzungspause von Beginn an zum Einsatz - und spielte auf Anhieb durch. "Ich habe schon gepumpt, so ist es nicht", berichtete Bekiroglu, "in der zweiten Halbzeit wurde es immer schwieriger."

Trainer Michael Köllner dachte aber gar nicht daran, Bekiroglu auszuwechseln - schließlich war der Mittelfeldspieler an so gut wie jeder gefährlichen Offensivszene der Löwen beteiligt. Und an beiden Toren, als Flankengeber beim Kopfball-Ausgleich durch Prince Owusu, als Mitinitiator des Führungstreffers von Sascha Mölders. Köllner brachte Timo Gebhart in der Schlussphase also lieber für Verteidiger Weber als für Bekiroglu und stellte das System um, er wollte das Spiel ja in Überzahl gewinnen. So musste Bekiroglu bleiben, seine feinen Füße wurden immer schwerer. "Aber bei dieser Kulisse bekommt man die zweite oder dritte Luft", sagte er, nach der langen Pause hatte er sich ja ohnehin "sehr viel vorgenommen".

So wie die ganze Mannschaft - zu Pause hätte sie schon deutlich höher führen können, aber auch in der zweiten Hälfte, als Ingolstadt die Partie dann besser in den Griff bekommen hatte, wäre der Sieg noch möglich gewesen. "Wir machen es ganz gut, aber belohnen uns dann nicht", ärgerte sich Bekiroglu. "Das ist brutal ärgerlich. Es sind Kleinigkeiten, die fehlen." Die Perspektive auf die Tabelle kann man sich nun aussuchen, der Abstand zum Aufstiegs-Relegationsplatz beträgt genauso sechs Punkte wie zum ersten Abstiegsplatz, aber vom Klassenverbleib wird unter Köllner deutlich seltener geredet als unter seinem Vorgänger Daniel Bierofka.

Bekiroglu blickt - das eint ihn mit dem ganzen Umfeld seit dem Derbysieg in Unterhaching - im Klassement jedenfalls eher nach oben als nach unten. Ohnehin schielt er in höhere Sphären, was nach seinen Leistungen bei Sechzig kaum verwundert. Einen schnellen Weg durch die Ligen - vor fünf Jahren noch Bezirksliga beim FC Phönix München, dann Bayernliga beim FC Unterföhring, Regionalliga und dritte Liga - ist er gewohnt. Und zum Saisonende läuft sein Vertrag aus. "Wir führen Gespräche, aber das dauert jetzt ein bisschen", sagte Bekiroglu während seiner Verletzungspause bei Fupa.net auf die Frage nach einer Vertragsverlängerung. Und er gab zu bedenken: "Jeder weiß ja, wie es in diesem Verein aussieht, auch vom Wirtschaftlichen her. Ich denke, ich habe jetzt schon ein, zwei Jahre bewiesen, was in mir steckt - diese Anerkennung will natürlich jeder Spieler spüren."

In welcher Form er diese Anerkennung spüren will, ist auch klar - dabei wird es nicht nur um die Ligazugehörigkeit gehen. Zu den bisherigen Bezügen wird der 24-Jährige, der vor eineinhalb Jahren als Regionalligaspieler vom FC Augsburg II zu den Löwen kam, wohl kaum mehr verlängern. Selbst ein Wechsel im Winter - gegen Ablöse als Maßnahme gegen die steten Geldsorgen - stand im Raum. "Im Fußball kann man nichts ausschließen, wie im Leben", sagte Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel einmal zu dem Thema. Doch nach einem verfrühten Abschied hörte sich zumindest Bekiroglu nach dem Spiel in Ingolstadt nicht an: "Wir sind eine geile Mannschaft, das müssen wir auch in der Rückrunde auf den Platz bekommen."

© SZ vom 18.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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