TSV 1860 München:Müde und fahrlässig

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Wieder verloren: Daylon Claasen, Christopher Schindler, Stefan Mugosa und Daniel Adlung (von links) nach dem 0:1 in Fürth. (Foto: M.i.S./imago)

Zwölf Spiele, nur sechs Punkte: Bei 1860 kippt die Stimmung. Es bleibt Ratlosigkeit: Die Karte Trainerwechsel haben die Löwen schon ausgespielt.

Von Markus Schäflein

Die gute Nachricht zuerst: Benno Möhlmann hat das Krankenhaus verlassen, der 61-jährige Trainer erholt sich nach seiner Gallen-Operation nun zu Hause. Viel mehr Positives gibt es vom Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München allerdings nicht zu berichten. Am Freitagabend verfolgte Möhlmann den Auftritt seiner Mannschaft vom Krankenbett aus im Radio, danach analysierte er die Partie auf Video, und weder die Leistung in Fürth noch das Ergebnis (0:1) vermochten zur Genesung beizutragen.

Und auch die Begleiterscheinungen des zwölften sieglosen Spiels am zwölften Spieltag werden dem Patienten zu denken gegeben haben: "Wir haben die Schnauze voll", riefen die Fans, und "Basha raus" mit Blick auf den Vertreter von Investor Hasan Ismaik, der als Geschäftsführer in der Verantwortung für den sportlichen Misserfolg steht und zum Beruhigen in der Fankurve erschien. Mittelfeldspieler Daniel Adlung erklärte zur Wut der Anhängerschaft: "Klar, dass die Stimmung langsam kippt. Wenn man ehrlich ist und die Tabelle sieht, haben sie Recht."

Man könnte meinen, es nähere sich ein Trainerwechsel. Aber da konnte Möhlmann selbstredend beruhigt sein, diese Karte haben die Löwen ja erst vor zwei Partien ausgespielt, und er hat noch gar nicht richtig begonnen zu arbeiten - gleich nach dem ersten Spiel musste er in die Klinik. Die Enttäuschung richtet sich stattdessen gegen die Verantwortlichen, die die Zusammensetzung des Kaders durch das ewige Festhalten an Sportchef Gerhard Poschner, dessen Degradierung in der Transferphase, geringe Investitionen und ausbleibende Vertragsverlängerungen zu verantworten haben - zuvorderst gegen Basha. Er protegierte Poschner sehr lange, als schon deutlich war, dass dessen Weg gescheitert war; und er ist nun einmal der Cousin von Investor Hasan Ismaik, zu dem ein guter Teil von der schönen 2,5-Millionen-Euro-Ablöse für Julian Weigl zur Schuldentilgung zurückfloss.

Beim Gegentor habe das Team "gepennt", sagt Kowarz, er folgert: "Wir müssen endlich aufwachen."

Möhlmanns Vertreter Kurz Kowarz war in Fürth selbstredend bedient. "Wir müssen endlich aufwachen", sagte der Torwarttrainer, der das Team auch im DFB-Pokal am Dienstag beim Bundesligisten Mainz noch als Chefcoach betreuen wird. Kowarz erkannte eine ganze Reihe von Kleinigkeiten, die in der Summe mal wieder eine nicht zweitligataugliche Leistung ergaben. So beklagte er etwa im Detail, dass Daniel Adlung einen Freistoß in der Nachspielzeit nicht aufs Tor gezogen, sondern eine Flanke auf den langen Pfosten vorgezogen hatte; so eine Entscheidung sei "unverzeihlich", sagte Kowarz. Verziehen hatte er seiner Mannschaft auch die offensichtlicheren Mängel noch nicht: Beim Gegentor durch Marco Stiepermann kurz nach der Pause habe die Defensive "gepennt", zudem habe die Mannschaft in den ersten 20 Minuten "nicht das gemacht, was wir vorgegeben haben". Zu viele Hochweitbälle hatten seine Spieler geschlagen, sich mithin "an das Fürther Spiel angepasst".

Es folgte eine ordentliche Phase der Löwen bis zur Pause, zu der Kowarz allerdings auch eine deutliche Meinung hatte: "Fahrlässig" sei da die Chancenverwertung gewesen. "Es nützt mir nichts, wenn sie die ganze Woche im Training die Netze kaputtschießen, und am Wochenende treffen sie die Kiste nicht." Michael Liendl drosch den Ball knapp über das Tor (21.), Christopher Schindlers Kopfballtreffer wurde wegen Abseits zu Recht nicht gegeben (26.), Fürths Torwart Sebastian Mielitz parierte gegen Marius Wolf (31.), Gary Kagelmacher traf einem Eckstoß die Unterkante der Querlatte (38.).

Und dann? "Wir sind aus der Halbzeit rausgekommen und haben die ersten Minuten verpennt", sagte Kowarz. Die Mannschaft müsse "einfach lernen, 90 Minuten konzentriert zu bleiben". Nach Stiepermanns Treffer war sie nicht mehr in der Lage, gegen die sehr mäßigen Fürther ins Spiel zurückzufinden. Vorerst blieb nur Ratlosigkeit. Kowarz ist in der glücklichen Lage, die Frage nach der Qualität des Kaders nicht beantworten zu müssen. Für solche Angelegenheiten kehrt ja bald Möhlmann zurück.

Erst geht es in Mainz ums Geld, dann steht das Kellerduell an Allerheiligen gegen Duisburg an

Am Sonntag (13.30 Uhr) wird er aller Voraussicht nach wieder auf der Bank sitzen. Dann kommt der Tabellenletzte MSV Duisburg nach Fröttmaning, der genauso sechs Zähler aufweist wie der TSV 1860 als Vorletzter. Angesichts dieses Kellerduells an Allerheiligen, das manche schon als letzte Chance bezeichnen, gerät der Auftritt zuvor in Mainz fast in den Hintergrund. Dabei geht es dort um das Wichtigste bei Sechzig - ums liebe Geld. Möhlmann würde sich wohl freuen, wenn davon in der Winterpause einiges zur Verfügung stünde.

© SZ vom 26.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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