Tennis:Versöhnliches Ende

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„Schöner Abschluss“: Julia Görges überzeugte in Luxemburg. (Foto: imago images/Gerry Schmit)

Julia Görges überzeugt nach einem schwierigem Jahr mit mehreren persönlichen Enttäuschungen zum Abschluss beim Turnier in Luxemburg.

Von Gerald Kleffmann, Luxemburg/München

Das Ende war recht schnell: ein Break im ersten Satz kassiert, zwei im zweiten, 4:6, 1:6, Julia Görges verlor deutlich gegen Jelena Ostapenko. Die Lettin hatte wie wild auf die Bälle geschlagen und diesmal kaum gestreut, wozu sie manchmal neigt. Und doch strahlte Görges bei der Siegerehrung. Zuletzt hatte sie eher selten in Endspielen mitgewirkt, daher konnte sie nach dem Finale des Tennisturniers in Luxemburg lächeln. Wenngleich es ihr letztes Match in diesem Jahr war, womit schon ersichtlich wird: Es lief 2019 wahrlich nicht immer so gut wie gewohnt für die Deutsche aus Bad Oldesloe.

Ganz ist die Saison ja nicht vorbei, in Zhuhai etwa findet nun die WTA Elite Trophy statt, eine Art B-WM; Görges war in den vergangenen beiden Jahren nicht nur qualifiziert, sie hat vor zwei Jahren den Titel errungen. Binnen 15 Monaten hatte sie gar fünf Turniere gewonnen, das Halbfinale von Wimbledon erreicht, stand erstmals in den Top Ten und war zwischenzeitlich die deutsche Nummer eins, vor Angelique Kerber. Insbesondere ihre kontinuierliche Zusammenarbeit mit Trainer Michael Geserer sowie Physio und Fitnesscoach Florian Zitzelsberger, der privat ihr Partner wurde, zahlte sich aus. In der Branche galten die drei als "Dream-Team". Im Oktober 2019 ist Geserer längst nicht mehr ihr Trainer, Zitzelsberger betreut sie nicht mehr, auch vom Übergangstrainer Sebastian Sachs trennte sie sich kürzlich. Eine Entwicklung, die nicht nur die Öffentlichkeit überraschte. "Mit Michael wollte ich eigentlich meine Karriere beenden, das war mein Plan", sagte Görges beim Turnier in Linz, das sie vor Luxemburg bestritt: "Das ist leider ein bisschen umgeworfen worden." In Österreich hatte sie sich ein wenig geöffnet, und es wurde klar: Wenn es zwischenmenschlich nicht läuft, leidet die sportliche Leistung. Die Frage, ob 2019 ihre schwierigste Saison gewesen sei, beantwortete sie mit einem entschiedenen "definitiv!" Und das, obwohl sie, wie sie konstatierte, "besser im Ranking steht als in Jahren, in denen ich nicht gut gespielt habe". 28. wird sie in der neuen Weltrangliste an diesem Montag sein.

In Luxemburg agierte sie so, wofür sie bekannt ist: aggressiv, harter Aufschlag, starker Volley. Diese Linie war ihr in der Saison abhanden gekommen, dabei hatte sie vielversprechend begonnen mit der Titelverteidigung in Auckland. Aber dann setzte eine Spirale ein, die Sportler fürchten, schwächere Ergebnisse, krank, Uneinigkeit im Team. Nach dem Erstrunden-Aus bei den French Open trennte sich Görges von Geserer, dem früheren Profi. Die Gründe drangen nicht nach außen, aber Wunden sind geblieben, das verheimlichte Görges in Linz nicht. Es seien "Dinge passiert, mit denen du nicht rechnest", sie habe "Menschen anders kennengelernt". Um tiefe Enttäuschungen ging es. Gar ein Vertrauensbruch? "Dass da was passiert ist, kann sich jeder denken", sagte sie. Sie wollte nicht konkreter werden, auch aus Dankbarkeit für die erfolgreiche Zeit. Die formale Abwicklung der Trennung von Geserer, mit dem sie drei Jahre vertrauensvoll in Regensburg gearbeitet hatte, soll, ist zu hören, allerdings weniger nett abgelaufen sein. Geserer war auch ihr Manager.

Sachs, ihr Schlagpartner, stieg zum Coach auf. Ihre Saison blieb durchwachsen, aber mit der Erfahrung einer 30-Jährigen wusste sie die Lage einzuordnen: "Man kann nicht automatisch erwarten, dass dieses Jahr automatisch so schön läuft wie die letzten beiden Jahre." Das erreichte Achtelfinale bei den US Open zeigte ihr, dass sie es noch konnte. Doch im Hintergrund braute sich erneut etwas zusammen, ehe Görges reagierte: Anfang Oktober die Trennung von Zitzelsberger und Sachs. Nun war nur sie vom Dream-Team übrig. "Zu den Entscheidungen, die ich getroffen habe, stehe ich zu hundert Prozent", versicherte Görges. Sie klang schon in Linz optimistisch. Jens Gerlach, der Fed-Cup-Teamchef, half dort wie in Luxemburg aus. Sie schätze ihn sehr. "Es geht für mich darum, dass ich mich wohlfühle mit dem, was ich mache", betonte sie.

Für 2020 will sich Görges nun ein neues Team bauen, "ich bin immer noch genug motiviert, die nächsten Jahre weiterzuspielen", sagte sie, wobei sie präzisierte: "Ich bin in einem Alter, in dem ich sage, ich möchte nicht mehr spielen, wenn es mich nicht glücklich macht." Das Turnier in Wuhan ließ sie jüngst aus. In Linz und Luxemburg hat sie sich dafür wohlgefühlt. Schon vor dem Finale hatte sie über ihr Jahresende gesagt: "Das ist ein schöner Abschluss nach einer Saison, in der nicht alles gut gelaufen ist."

© SZ vom 21.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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