Tennis:Streit am Netz

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Die Affäre Kyrgios hält die Männer- wie Frauentennistour in Atem. Zwar wurde der zuletzt pöbelnde Australier von der ATP Tour bestraft. Aber sein Bruder leistete sich nun auch eine Entgleisung. Längst wird eine Sperre gefordert.

Von Gerald Kleffmann, Montreal/München

Das Tennisturnier in Montréal setzt nicht nur Sportthemen. Selbst Novak Djokovic hat nun ein pikantes Sujet offengelegt. Bei seinem Halbfinalsieg gegen Jérémy Chardy beklagte sich der Weltranglisten-Erste beim Schiedsrichter über Haschisch-Geruch von den Rängen. Später lächelte Djokovic über den Vorfall: "Wer immer es war - ich denke, er hat seine ganze Asche ausgegeben und war wahrscheinlich irgendwo im siebten Himmel. Ich glaube, dass ich besser gespielt habe, als er inhaliert hat." Das ist anzunehmen. Beim 6:4, 6:4 gegen den Franzosen zeigte der 28-Jährige gutes Hartplatztennis. Mit dem 30. Sieg in Serie bei einem Masters-Turnier, von denen es neun gibt, zog er ins Finale gegen Andy Murray ein.

Der erste Aufreger hatte sich in Montréal indes schon am Donnerstag ereignet, ausgestanden ist die Affäre um Nick Kyrgios aber noch lange nicht. Der Australier hatte im Zweitrundenmatch zwischen zwei Ballwechseln vor sich hin murmelnd zum Ausdruck gebracht, dass die Freundin seines Gegners Stan Wawrinka mit seinem australischen Tenniskumpel Thanasi Kokkinakis geschlafen habe. Wawrinka hatte erst später, nachdem er wegen Rückenbeschwerden aufgeben musste, davon erfahren und eine Strafe gefordert, die folgte. Die Tour-Organisation ATP verdonnerte den begabten Dauerflegel Kyrgios zu einem Bußgeld von 10 000 Dollar sowie noch zu 2500 Dollar, weil er einen Balljungen beleidigt hatte. Die Tour wird ihn zusätzlich zum Verhör bitten, der Klärungsbedarf ist hoch. Denn während Kyrgios über sein Management eine beschwichtigende Erklärung verkünden ließ ("übernehme die volle Verantwortung für meine Taten"), leistete sich sein Bruder Christos die nächste Entgleisung. Nachdem ein Radio-Interview mit ihm in Australien wegen seiner Tiraden abgebrochen wurde, setzte er diese im Internet fort und schrieb über Wawrinka: "Dieser Scheißkerl hat Glück, dass ich nicht da war, sonst hätte er von den nächsten Turnieren zurückziehen müssen."

Inzwischen steht Nick Kyrgios ziemlich isoliert da. "Er muss wohl seine Lektion auf die harte Tour lernen", sagte Djokovic. Das ATP-Spielerkomitee verurteilte Kyrgios' Benehmen, wie auch die Frauentour WTA; die Freundin von Wawrinka ist die kroatische Spielerin Donna Vekic. Martina Navratilova forderte eine Sperre, nur Australiens Davis-Cup-Chef Wally Masur sprang Kyrgios bei ("Das alles ist Teil seiner Lernkurve"). Wie bizarr sich der Fall entwickelt, zeigte sich nun bei einem ganz anderen Match. In Cincinnati zofften sich beim Erstrundenduell in der Qualifikation Ryan Harrison und Thanasi Kokkinakis, bis der Schiedsrichter am Netz dazwischen ging. US-Profi Harrison, der Verlierer, meinte: "Wawrinka hätte Kyrgios umhauen sollen. Und ich sollte dieses Kind umhauen."

© SZ vom 17.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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