Tennis:Nur die Harten sind in Guadalajara

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Beeindruckender Starterfolg: Die Griechin Maria Sakkari ließ der Polin Iga Swiatek gleich mal keine Chance in ihrem ersten Match der Gruppenphase - 6:2, 6:4. (Foto: Matthew Stockman/Getty)

Bei den WTA Finals in Mexiko kämpfen nicht unbedingt die acht besten Spielerinnen um den letzten Saisonsieg - dafür aber die Robustesten eines zehrenden Tennisjahres.

Von Gerald Kleffmann, München

Guadalajara hat sich aus verschiedenen Gründen einen Namen gemacht. Der Tequila, der weltberühmte Agaven-Brand, stammt aus der Region im zentralmexikanischen Hochland. Tausend Touren werden für Touristen angeboten. Die Mariachi-Musik ist in der Metropole, in der fast zwei Millionen Menschen leben, ebenfalls Teil der Kultur. Auch das Wirtschaftsleben gilt als vielfältig ausgeprägt: Lateinamerikanisches Silicon Valley wird die Gegend mitunter genannt wegen der Zehntausenden an Beschäftigten, die in der Elektroindustrie arbeiten. Zwei Erstligisten spalten die lokale Fußball-Szene, in Atlas- und Deportivo-Anhänger.

Tennis indes spielte, global betrachtet, kaum eine Rolle, von einem kleinen WTA-Turnier der Frauentour und einem Challenger-Turnier der Männertour abgesehen. Umso erstaunlicher ist, was gerade in der Stadt abläuft. Eine nicht ganz unwichtige Veranstaltung dort spiegelt wider, wie sehr die Pandemie das Frauentennis geprägt hat.

Der ungewöhnliche Spielort passt jedenfalls zu den bis zum Mittwoch noch andauernden WTA Finals. Bei dem millionenschweren Jahresabschlussturnier ringen wie jedes Jahr zu dieser Zeit acht Frauen im Einzel und 16 Spielerinnen in den Doppeln um die letzten Siege. Diesmal springt Guadalajara einmalig mit dem Panamerican Tennis Center als Spielstätte für Shenzhen in China ein und erlebt somit seine Premiere auf der großen Tennis-Bühne - was auch auf die Mehrheit der Teilnehmerinnen zutrifft: Sechs der acht Profis im Einzel sind WTA-Finals-Debütantinnen. Das Corona-Jahr hat Spuren hinterlassen.

Die Weltranglistenerste ist längst in den Ferien

Nur die Tschechin Karolina Pliskova und die Spanierin Garbine Muguruza qualifizierten sich schon einmal für das Turnier, bei der die Frauentour - ebenso wie die Männer ab Sonntag in Turin bei den ATP Finals - die Besten ihrer Branche ins Schaufenster stellen will. Wider Erwarten heißen diese aber nicht mehr Serena Williams, Naomi Osaka oder Angelique Kerber, sondern Paula Badosa (Spanien), Anett Kontaveit (Estland) und Maria Sakkari (Griechenland). Auch Iga Swiatek (Polen), Barbora Krejcikova (Tschechien) und Aryna Sabalenka (Belarus) erleben in Mexiko ihre Premieren. Pliskova ist die einzige, die 2019, als letztmals in Shenzhen die WTA Finals stattfanden, auch angereist war.

Die Weltranglistenerste Ashleigh Barty, die in Wimbledon triumphierte, hat ihre Saison vorzeitig abgebrochen. Monatelang war die Australierin nicht in der Heimat gewesen und wie eine Vagabundin von Turnier zu Turnier gezogen. Nun hatte sie genug. Die Rumänin Simona Halep rettete sich nach Verletzungen und einer Covid-Infektion in die zweite Jahreshälfte, doch verpasste sie die Qualifikation für Guadalajara. Nun konnte Halep, die frühere Nummer eins der Weltrangliste, auch nicht mehr: In Linz zog sie ihren Start vor dem Halbfinale zurück und gab in einem emotionalen offenen Brief zu, dass sie erleichtert sei, dieses "unglaublich herausfordernde Jahr" beendet zu haben. Die Japanerin Osaka, einst dominierend, hatte sich schon früher aus dem Betrieb ausgeklinkt, sie hatte sogar die Liebe zu ihrem Beruf verloren, wie sie zugab; inzwischen hat sie das Training wieder aufgenommen.

Auffällig in diesem schwierigen Jahr: der herzliche Umgang

Jene Akteurinnen, die es nun bis nach Guadalajara geschafft haben, haben sich somit vor allem als eines erwiesen: als die Robustesten ihrer Zunft. Sie überstanden die Hotelquarantänen, die Tests, das komplizierte Reisen besser als die anderen. Wenngleich nicht alle Spielerinnen immer bei den Majors herausragten. Ein fast schon erschreckender Fakt für die WTA Finals: Nur Krejcikova (Paris-Siegerin) und Pliskova (Wimbledon-Finalistin) haben 2021 Grand-Slam-Endspiele erreicht. Kontaveit etwa rutschte mit drei Turniersiegen nach den US Open noch ins Mexiko-Feld. Die 25-Jährige startete nun auch gleich mit einem souveränen Sieg gegen Krejcikova ins Turnier.

Das Klima unter den Spielerinnen ist indes bei weitem nicht mehr so frostig, wie es früher schon mal bei den WTA Finals war. "Es macht ziemlich Spaß gerade", versicherte Swiatek, "sehr viele Spielerinnen sind sehr offen." Ihre erste Partie verlor die French-Open-Siegerin von 2019 gegen Sakkari - und wurde noch am Netz von der Griechin herzlichst in den Arm genommen und getröstet. Ein neues Miteinander hat dieses schwierige Jahr trotz allem offenbar auch bewirkt.

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