Tennis:Nur 29 Asse

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Federer, Wawrinka und Murray ziehen ins Viertelfinale ein - Djokovic muss noch warten: Sein Match wird wegen Dunkelheit abgebrochen.

Von Gerald Kleffmann, Wimbledon

Als Ivo Karlovic, 36, durch die Tür in den Medientrakt marschierte, musste er sich bücken; mit seinen 2,11 Metern Körpergröße passte er nicht komfortabel durch den Rahmen. So aus der Nähe betrachtet sah er wirklich wie jemand aus, der einen unfassbar guten Aufschlag haben muss. "Es waren nur 29 Asse", sagte er am Montagabend in einer Antwort zu seiner Leistung, er lächelte, er hatte ja zuvor schon andere Leistungen abgeliefert. 136 Asse waren es in den drei Matches bislang gewesen, allein 53 gegen den Ukrainer Alexandr Dolgopolov. Und doch reichte es diesmal nicht, um seinen Gegner zu Fall zu bringen. So schnell lässt sich einer wie Andy Murray nicht vom Centre Court assen.

Mit 7:6 (7), 6:4, 5:7, 6:4 zog der Schotte ins Viertelfinale in Wimbledon ein, der Sieger von 2013 strauchelte ein bisschen, aber das sei ganz normal, sagte er in der Analyse. "Das sind unglaublich schwere Matches", erläuterte er; der Kroate Karlovic, der bekanntlich den Karriere-Asse-Rekord seines Landsmanns Goran Ivanisevic (10 183) jagt, zwinge ihn dazu, "möglichst wenig freie Punkte" zuzulassen. Damit meinte er Asse, Aufschlag-Winner und auch solche Punkte, bei denen sein Gegner nur noch den Schläger hinhalten muss. Bei Ballwechseln, die gegen Karlovic meist nur drei-, viermal hin- und hergehen, wollte er zudem in jedem Moment da sein, "wenn sich die Chance eröffnet", um selbst Druck auszuüben.

Djokovic lag 0:2 Sätze zurück, bei 2:2 folgte der Abbruch

Murray, der wie gewohnt kopflastige Stratege, war da, er hat immer noch die Möglichkeit, der erste Brite seit Fred Perrys Erfolgen von 1934 bis 1936 zu werden, der mindestens zweimal in Wimbledon gewinnt. Den meisten der 15 000 Zuschauer im Hauptstadion des All England Lawn Tennis and Croquet Club freilich ging es wie bei jedem seiner umjubelten Auftritte weniger um Bestmarken. Sie wollen einfach einen Briten siegen sehen, und wie zur Unterstützung rücken immer wieder spezielle Claqueure in der royalen Box ein. Bei Murrays Achtelfinalsieg saßen Spitzengolfer aus dem 2014 siegreichen Ryder-Cup-Team oberhalb der Grundlinie; der Engländer Ian Poulter glänzte in einem himmelblauen Anzug, und der Spanier Miguel Ángel Jiménez sieht auch ohne seine obligatorische Zigarre geschmeidig aus.

Der Achtelfinaltag zum Wochenbeginn, an dem alle acht Partien sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern angesetzt waren, weil sich aufgrund des traditionell spielfreien Sonntags sonst das Programm nicht bewältigen lässt, bot ansonsten überschaubare Dramatik. Roger Federer, 33, setzte sich mühelos gegen den Spanier Roberto Bautista Agut nach nur 86 Minuten 6:2, 6:2, 6:3 durch. In der Runde der besten Acht trifft der Weltranglisten-Zweite am Mittwoch auf Gilles Simon, der seinerseits Tomas Berdych aus Tschechien 6:3, 6:3, 6:2 dominierte. Damit stehen erstmals seit 24 Jahren zwei Franzosen im Viertelfinale, Richard Gasquet entzauberte mit seiner famosen Rückhand den grandios prollenden Nick Kyrgios 7:5, 6:1, 6:7 (7), 7:6 (6). Eine dicke Überraschung bahnte sich schließlich doch noch an: Titelverteidiger Novak Djokovic lag schon mit 0:2 Sätzen zurück gegen den Südafrikaner Kevin Anderson, doch beim Stand von 6:7 (6), 6:7, 6:1, 6:4 wurde die Partie wegen Dunkelheit abgebrochen.

© SZ vom 07.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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