Tennis: Nicolas Kiefer:Der Lauf des Kiwi

Früh zum Nachfolger von Boris Becker gekürt, bald Rang vier in der Tenniswelt: Doch dann folgen Verletzungen, Extravaganzen und eine schlimme Niederlage bei Olympia. Nicolas Kiefer hört auf.

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Früh zum Nachfolger von Boris Becker gekürt, bald Rang vier in der Tenniswelt: Doch dann folgen Verletzungen, Extravaganzen und eine schlimme Niederlage bei Olympia. Nicolas Kiefer hört auf. Nicolas Kiefer hat sich verabschiedet. 14 Jahre Tennisprofi, jetzt ist der 33-Jährige zum ersten Mal Vater geworden und hat prompt seinen Rücktritt erklärt. "Ich möchte Mabelle abends beim Einschlafen und morgens beim Aufwachen sehen", sagt er, "ich möchte keinen Entwicklungsschritt versäumen." Ob der hoch Veranlagte beim Tennis einen Entwicklungsschritt verpasst hat? Seine Karriere in Bildern.

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Die deutsche Tenniswelt atmete durch: Ein neuer Boris Becker war in Sicht, 1995 gewann der 18-jährige Nicolas Kiefer (l.) die Juniorentitel der Grand-Slam-Turniere in Melbourne und New York. Letzteren im Finale gegen einen anderen Deutschen, Ulrich Jasper Seetzen (r.).

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Als Kiefer 20 Jahre alt war, 1997, war fest ausgemacht: Er wird das deutsche Tennis nach der Becker-Stich-Ära in den Schlagzeilen halten. Eine große Karriere wartete, da waren sich alle sicher. Sein Vorgänger Boris Becker (l.) nahm ihn schon mal mit zur Formel 1 auf den Hockenheimring. Bald aber schon gab es Ärger, weil sich Kiefer entschloss, das von Becker ins Leben gerufene Junior-Team des DTB zu verlassen. Die deutsche Tennisszene war irritiert.

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Zum Düsseldorfer Turnier kam er 1998 mit blondierten Haaren. Kiefer sah sich bereits zunehmender Kritik ausgesetzt, er sei arrogant und übertrieben selbstbewusst. Er wechselte auch den Trainer: Nicht mehr der Deutsche Klaus Hofsäß, sondern der Australier Bob Brett betreute ihn jetzt. Großen Missmut erregte zudem seine Absage an das Davis-Cup-Team wegen "athmosphärischer Störungen".

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Tatsächlich gelang dem Niedersachsen (geboren in Holzminden) 1999 der Durchbruch. Er erreichte vier Endspiele auf der Profitour und gewann das Heimturnier in Halle/Westfalen und ein weiteres in Taschkent. Zur Siegerehrung gab es die usbekische Tracht gratis dazu.

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Das Jahr endete mit einem der Höhepunkte in Kiefers Karriere: das ATP-Finale, das angesichts der noch anhaltenden Tennis-Begeisterung in Deutschland in seiner Heimatstadt Hannover ausgetragen wurde. Kiefer traf Andre Agassi im Training, auf dem Platz begeisterte er sein Publikum und scheiterte erst im Finale an Pete Sampras. Der sagte ihm danach: "Du wirst hier noch oft dabei sein." Ein Irrtum. Es sollte Kiefers einzige Masters-Teilnahme bleiben.

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Das Jahr 2000 begann verheißungsvoll, nachdem er bei den Australian Open erst im Viertelfinale gescheitert war, stand er auf Rang vier der Weltrangliste. Auch das sollte seine beste Platzierung sein, mit 23 Jahren. Es folgte der Turniersieg in Dubai (Bild).

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Kiefer war vielleicht zu jener Zeit auf dem Höhepunkt seiner Popularität - trotz Streitigkeiten mit dem Verband. Doch im Jahr 2000 begannen für Kiefer auch die Verletzungsprobleme, die ihn durch seine Karriere von nun an begleiten sollten. Heute sagt er: "Wenn ich heute noch mal neu anfangen könnte, würde ich besser auf meinen Körper achten, von Anfang an mehr Gymnastik machen und schon als junger Spieler mit eigenem Fitnesstrainer reisen."

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Zahlreichen Verletzungen (vor allem am Handgelenk oder an den Bändern des Sprunggelenks) folgten fast genauso viele Comebacks. Auch im Davis-Cup, wo er an der Seite von Tommy Haas (M.) und Marc-Kevin Goellner (l.) das neue deutsche Siegerteam bilden sollte. Große Erfolge aber blieben aus.

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Jubelte ihn zuvor die Szene hoch, war sie nun umso enttäuschter, als Kiefer in den Jahren 2001 bis 2003 echte Krisen durchlebte. Häufig war in der ersten Runde Schluss, fast fiel er aus den Top 100 der Welt. "Kiefers Irrflug durch die Tenniswelt" titelte etwa die FAZ im Jahr 2002.

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Immerhin, er pflegte weiterhin seine Extravaganz und seine Marotten: Auf dem Platz ließ er sich aus Aberglaube von den Ballkindern immer den Ball geben, mit dem er beim Ballwechsel zuvor erfolgreich war. Er berührte vor wichtigen Punkten mit seinem Schläger die äußere Doppellinie. Zudem vermied er es, auf die Linien zu treten.

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Erst 2004 kehrte er mit neuen Trainern und fünf Kilogramm weniger Gewicht in die Weltspitze zurück. Kiefer gewann wieder häufiger als er verlor, an der Seite von Rainer Schüttler stand er vor einem außergewöhnlichen Triumph: Sie schafften es ins Doppel-Finale der Olympischen Spiele in Athen. Doch Kiefer und Schüttler vergaben vier Matchbälle und verloren noch gegen das chilenische Doppel Fernando Gonzalez und Nicolas Massu in fünf Sätzen. Danach weinte Kiefer noch auf dem Platz und sprach auch später von der größten Enttäuschung seiner Karriere.

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Neben dem Tennisplatz stellte sich Kiefer während seiner Laufbahn auch einige Male für soziale Projekte zur Verfügung. 2005 hat er sich für eine Antifolter-Kampagne von Amnesty International fotografieren lassen.

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Weiterhin litt der Niedersachse unter Problemen am Handgelenk, weshalb er immer wieder pausieren musste. Doch 2006 schien er noch einmal ganz oben angreifen zu können. Durch einen Sieg im Viertelfinale der Australian Open gegen den Franzosen Sebastien Grosjean zog er erstmals in ein Grand-Slam-Halbfinale ein. "Ich habe mir gedacht: Bevor ich hier verliere, müssen sie mich raustragen", sagte er. Im Halbfinale scheiterte er dann an Roger Federer.

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Der nun sehr muskulöse Kiefer schien bereit für eine große Saison. Doch in Paris musste er in der dritten Runde aufgeben und sich zweimal am Handgelenk operieren lassen. Ein Jahr lang konnte Kiefer nicht Tennis spielen.

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Enttäuscht war Kiefer von der Tennis-Szene: Kaum einer habe sich bei ihm gemeldet, um sich zu erkundigen, wie es ihm geht, klagte er einmal und bekannte, dass ihm die lange Verletzungszeit psychisch zugesetzt habe. Noch einmal schaffte Kiefer den Anschluss: Mitte 2008 besiegte er in Kanada die beiden Top-Ten-Spieler Davydenko und Blake und stand wieder unter den besten 20 Spielern der Welt.

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Doch sein Körper spielte nicht immer mit: Beim Hopman Cup in Perth wurde er mit einem dicken Knöchel vom Platz gefahren.

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(Foto: dapd)

Jetzt ist seine Tennis-Karriere beendet, er hat sich stattdessen bei den Ü32-Spielern seines Lieblingsklubs Hannover 96 angemeldet. "Andre Agassi hat mal zu mir gesagt: wenn man im Tennis zu wenig riskiert, wird man sofort bestraft. Das stimmt, wenn du zurückziehst, dann kriegst du sofort eine mit", sagt Kiefer heute: "Klar hätte ich gerne ein Grand-Slam-Turnier gewonnen, ein paar Turniere mehr, aber dafür hätte ich manchmal eben noch ein bisschen mehr riskieren müssen."

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