Tennis:Neuer Trainer für Novak Djokovic: "Er ist kein Guru"

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Novak Djokovic und Pepe Imaz (Foto: AP)

Der Weltranglistenerste präsentiert beim Turnier in Paris einen neuen Coach. Mit dem Spanier Pepe Imaz meditiert er auch. Nun fragt sich die Branche: Was wird aus Boris Becker?

Von Matthias Schmid

Boris Becker lächelt fast schüchtern in die Kamera. Er trägt eine schwarze Lederjacke, auf dem Kopf eine Baseballkappe. Der Schnappschuss ist in diesen Tagen im englischen Nottingham entstanden - bei einem Pokerturnier. Es ist Beckers Comeback am Spieltisch.

Der Zeitpunkt seiner Rückkehr nach längerer Pause überrascht ein wenig, da sein Arbeitgeber, der Tennisspieler Novak Djokovic, in dieser Woche in Paris um seinen Nummer-eins-Status in der Tenniswelt bangt. Der Schotte Andy Murray ist dem einst so uneinholbar erscheinenden Serben gefährlich nahe gekommen. Gewinnt Murray das Masters-Turnier und Djokovic kommt nicht ins Finale, dann führt der Brite von Montag an erstmals die Tennis-Weltrangliste an.

Es ist also ein bedeutendes Turnier für Novak Djokovic. Und deshalb wird nun leidenschaftlich darüber diskutiert, warum weder Becker noch sein langjähriger Begleiter Marian Vajda mit nach Paris gereist sind. Manche wollen Beckers neue Spiellust schon als bevorstehende Trennung deuten. Spekulationen gibt es viele, dass Djokovic den am Jahresende auslaufenden Vertrag mit dem Deutschen nicht verlängern könnte. Fakten aber bisher nur wenige.

Becker sitzt am Pokertisch in Nottingham

Und auf dem Trainingsplatz in Paris steht Djokovic auch nicht allein. Sein Bruder Marko sammelt die Bälle ein - und dann ist auch noch dieser braun gebrannte Mann zu beobachten, den sie alle nur ehrfürchtig Guru rufen, seit er ein etwas ungewöhnliches Video auf seine Homepage gestellt hat.

Es zeigt den ehemaligen spanischen Tennisprofi Pepe Imaz unter anderem mit Novak Djokovic, dessen Bruder und der früheren Top-10-Spielerin Daniela Hantuchova, wie sie alle auf einem Podium sitzen. Es geht um Meditation. Um die Suche nach Harmonie, Liebe und Glückseligkeit. Um große menschliche Fragen. Djokovic erzählt in dem Video noch ein bemerkenswertes Gleichnis. Dazu muss man wissen: Djokovic hatte nach seinem Sieg bei den French Open im Juni dieses Jahres sein inneres Gleichgewicht verloren, er kämpfte nach vier Grand-Slam-Turniererfolgen nacheinander mit Motivationsproblemen, der Sport, ja sein ganzes Leben erschien ihm plötzlich bedeutungslos.

Becker soll wieder in London dabei sein

In seiner Sinnkrise begann er mit Imaz zusammenzuarbeiten, der auch schon seinem Bruder aus einer Lebenskrise führte. Imaz, einst ein Spieler mit viel Ballgefühl aber wenigen Siegen, betreibt in Marbella eine Tennisschule, die neben den technischen und taktischen Fertigkeiten vor allem die Persönlichkeit der Spieler ausbilden möchte. "Mit Liebe und Frieden", wie Imaz schreibt.

Diese besondere Herangehensweise scheint Djokovic beeindruckt zu haben. Pepe Imaz soll ihm nun intensiver unterstützen, ihn auch zu den Turnieren begleiten. "Er ist kein Guru, sondern lediglich Teil meines Trainerteams", stellte Djokovic in Paris nun klar. Er habe sein ganzes Leben mit Tennis verbracht.

Und Becker? Dieser soll beim ATP-Finale in London wieder dabei sein. Dann um 15 000 Pfund reicher, so viel gewann er beim Pokern.

© SZ vom 04.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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