Tennis:Lehrreicher Workshop

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"Ich bin megafroh, dass ich hier war": Yannick Hanfmann, hier im Doppel mit Kevin Krawietz. (Foto: Jürgen Hasenkopf/Imago)

Yannick Hanfmann hatte bei den Australian Open zwei Mal Lospech und nimmt dennoch viel Positives aus Melbourne mit. Der Profi von der Tennis-Base hat sich eine Saison voller Chancen erarbeitet.

Von Gerald Kleffmann

Als Sportler ist es wichtig, aus der richtigen Perspektive seinen Weg zu betrachten, genau das tut Yannick Hanfmann auch. Zu keinem Zeitpunkt war von ihm Ende 2020 ein Klagen darüber zu vernehmen, dass er mit einem Ermüdungsbruch im Fuß zu kämpfen hatte. Als ab Mitte Januar alle nach Australien eingereisten Tennisprofis für zwei Wochen in einer monotonen Hotel-Quarantäne feststeckten und einige zeterten, zählte Hanfmann zu jenen, die schwiegen und sich dachten: "Wir können dankbar sein, dass wir hier spielen können." Jetzt, gut vier Wochen später, klingt Hanfmann immer noch optimistisch, auch wenn er "gern länger im Turnier" gewesen wäre. Jedoch: Nur drei andere Deutsche waren im Hauptfeld der Männer bei den Australian Open gestanden, im Doppel kam er überraschend zu zwei Auftritten. "Ich bin megafroh, dass ich hier war", sagt er am Telefon in Melbourne.

Zum dritten Mal war er nun im Hauptfeld eines Grand Slams dabei

Hanfmann, 29, Mitglied der Tennis-Base in Oberhaching, ist in der Weltrangliste der fünftbeste deutsche Profi. Bisweilen hat ihm, auch aufgrund mancher Verletzung, die Konstanz gefehlt, um sich dauerhaft in jener Region aufzuhalten, die ihm mehr Möglichkeiten eröffnen würde. Als Top-100-Akteur rutscht man leichter in Turniere, kann besser planen. Zum dritten Mal war er, derzeit 102. im Ranking, nun im Hauptfeld eines Grand Slams dabei, nach New York (2018) und Paris (2019). In kleinen Schritten geht es voran. Diesmal hätte er sich einzig eine bessere Auslosung gewünscht und nicht, dass er gleich auf Andrej Rubljow trifft. Dass er von dem russischen Top-Ten-Mann in drei Sätzen in der ersten Runde besiegt wurde, nahm er trotz der Enttäuschung auch positiv hin, "das war wieder eine gute Erfahrung, gegen so einen Spitzenspieler auf einem großen Platz zu spielen".

Allein dass er sich fürs Hauptfeld qualifizierte, brachte ihm wertvolle Weltranglisten-Punkte und fast 64000 Euro Preisgeld ein. Während der Quarantäne-Zeit war er tagsüber einer Trainingsgruppe mit Dominik Koepfer zugeteilt, "das waren richtig gute zwei Wochen". Als alle Profis raus durften, hat Hanfmann auch mit anderen geübt, mit Jan-Lennard Struff, mit dem Georgier Nikolos Bassilaschwili. Er hat sich "viel abgeguckt", auch wenn andere Matches liefen. Alexander Zverev sah er sich an, Novak Djokovic. So ein Grand-Slam-Turnier ist eine Messe der Allerbesten, Inspirationen liegen an jeder Ecke, man muss nur die Augen aufmachen. Selbst bei seiner Niederlage gegen Rubljow nahm er mit, auf welch beeindruckend schnelle Art sich der 23-Jährige bewegte: "Das ist ein ganz andere Level."

Ab diesem Samstag sind aufgrund neuer Lockdown-Verschärfungen Fans für fünf Tage nicht mehr erlaubt im Melbourne Park, aber Hanfmanns Reise ist ohnehin beendet seit Freitag. Im Doppel war er ja in eine neue Rolle gerückt: als Partner von Kevin Krawietz, dem zweimaligen French-Open-Sieger. Dessen angestammter Kollege Andreas Mies fiel aufgrund einer Knieverletzung aus, inzwischen wurde der Kölner operiert. Das Skurrile an der neuen Formation war, dass sie gar nicht neu war, sondern es eine erfolgreiche Vorgeschichte zu ihr gibt. 2018 hatten Hanfmann und Krawietz bereits Doppel gespielt - und zwei Challenger-Titel in Panama und Mexiko-Stadt errungen, auf der Serie unterhalb der ATP Tour. Dann entschied Krawietz, dauerhaft mit Mies zu spielen, auch, weil der als Doppelspezialist verfügbarer als Hanfmann war und die zwei ihre Turnierpläne perfekt abstimmen konnten.

"Das Highlight für mich ist dann die europäische Sandplatzsaison"

Hanfmann ist im Einzel stärker, hypothetisch stellt sich indes, als Spielerei, die Frage, ob Mies jene Triumphe erlebte, die Hanfmann mit Krawietz auch hätte verbuchen können. "Ich bin jetzt nicht der Andi", sagt da Hanfmann lachend, "ich bin nicht der, der die Dinger am Netz wegfischt, wie das Andi so unglaublich gut macht." Er weiß, dass sich Kramies, wie die beiden genannt werden, auf ihre Art effizient ergänzen. Wenngleich Hanfmann natürlich auch seine Qualitäten im Doppel besitzt, er serviert mit ungeheurem Kick, kann spitze Winkel schlagen. Auf diese Weise wollte er "Kevin helfen", das gelang ihm durchaus. In der ersten Runde gegen Divij Sharan/Igor Zelenay (Indien/Slowakei) setzten sich Hanfmann und Krawietz 6:1, 6:4 durch. Dann allerdings hatten sie - für Hanfmann das zweite Mal in diesem Turnier - Lospech. Sie trafen in der zweiten Runde auf ein Duo mit Kultcharakter. Die Franzosen Pierre-Hugues Herbert und Nicolas Mahut, die alle vier Grand Slams einmal gewannen, siegten dann auch, 7:5, 6:3.

Auf dem Rückweg nach München macht Hanfmann in Singapur Stopp, dort findet ein kleineres ATP-Turnier statt. Doha und Dubai im März könnten die nächsten Stationen sein. Auf roter Asche geht es im April weiter. Auf diesem Belag hat er seine stärksten Resultate erzielt, fünf Challengers gewann er, auf der ATP Tour war er zweimal im Finale, in Gstaad (2017) und Kitzbühel (2020). Hanfmann könnte dank seines Rankings bei vielen Turnieren direkt ins Hauptfeld rutschen, auch bei den French Open im Mai in Paris. Und das Doppel? War vorerst mal eine Exkursion. Auch wenn Mies lange ausfällt und wohl auch Olympia verpasst, könnte Krawietz - wie er meinte - mit Struff öfter mal auflaufen, beim ATP Cup hatten sie schon einen Auftritt zusammen.

Für Hanfmann ist das völlig in Ordnung. Er freut sich auf sein Jahr der Chancen. "Das Highlight für mich ist dann die europäische Sandplatzsaison", betont er, "da will ich ready sein."

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