Tennis:"Ich muss mein Spiel wiederfinden"

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„Es ist jetzt so, wie es gerade ist“: Alexander Zverev, Nummer drei der Welt, nachdenklich in München. (Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

Alexander Zverev, Nummer drei der Welt und zuletzt etwas vom Kurs abgekommen, hofft in München auf einen Neustart.

Von Gerald Kleffmann, München

Martin Kaymer hat einmal, 2013 war das, im Restaurant Seehaus im Englischen Garten eine besondere Pressekonferenz gehalten. Dem deutschen Golfprofi war es wichtig gewesen, sich einiges von der Seele zu reden. Er erzählte von der Einsamkeit des Tourlebens. Vom abgekapselten, manchmal weltfremden Dasein als Spitzensportler. Von banalen Dingen, die er vermisse. Er schilderte, dass er gern an einem Erdbeerfeld halten und Erdbeeren pflücken würde. Menschlich, verletzlich wirkte Kaymer damals in München, es war ein Moment, der sich von manchen Fragerunden abhob - und Ähnliches wird man vielleicht auch mal von dem Auftritt von Alexander Zverev an diesem Sonntagvormittag sagen können. "Es ist jetzt so, wie es gerade ist", sagte Zverev zwischendurch, während er in einem Konferenzraum in einem Hotel unweit des MTTC Iphitos saß. Es ist nicht alles gut, sollte das heißen.

"Es sind viele Dinge passiert in letzter Zeit", gab Zverev zu, "mein Vater ist zum ersten Mal nicht bei mir. Mit meinem Manager bin ich vor Gericht, was auch viel Kraft wegnimmt." Kurz stockte er; er überlegte, ob er noch etwas offenlegen sollte - so teilte er mit, dass sich seine Freundin, eine Russin, und er getrennt hätten. "Solche Sachen kommen noch dazu", sagte Zverev leicht fatalistisch. Es war ein Ton, den man so bei ihm nicht oft vernommen hatte. Bei einem Spieler, der seit 2017 in den Top Ten der Weltrangliste steht, gab es nicht oft Anlass dazu. Jetzt war es so weit.

Das Bild, das meist von ihm gezeichnet wurde, war das eines sehr begabten Jungen, der aus einer Tennis-affinen Familie stammt. Dem der Ruf vorauseilte, erfolgreich zu werden - und der erfolgreich wurde. Das ist bemerkenswert bis hierhin, auch ohne Grand-Slam-Sieg. Zverev, sehr ehrgeizig, auf dem Platz mit seinem Temperament auch mal provozierend, gewann zehn Turniere, allein die letzten beide Auflagen der BMW Open. Er hoffe, dass es wieder ein gutes Ende gebe, sagte er. München komme jetzt zum richtigen Augenblick. Das Turnier gehört zwar zu den kleineren Events der ATP Tour, aber: Es sei immer "so das Turnier gewesen, wo alles ein bisschen begann". Er wünscht sich daher, "dass ich so irgendwie mein Jahr ändern kann". Zum Positiven, denn Zverev ist sichtbar von seinem Weg abgekommen, im Grunde erstmals. Und das hat nicht nur mit frühen Niederlagen 2019 zu tun, die symbolisch dafür stehen. Im Kopf war er nicht mehr nur beim Tennis. Das ist der Punkt. Er sei nun mal jemand, der sich "solche Sachen zu Herzen" nimmt. Er sprach ruhig, klar, reflektierend. Verloren wirkte er nicht. So weit ist es nicht gekommen.

Im März war bekannt geworden, dass sich Zverev von seinem Manager Patricio Apey getrennt hat; der Chilene hatte ihn früh als Teenager übernommen und aufgebaut zur Marke. Die Gründe des Bruchs präzisierte Zverev nicht, doch gab er zu, wie ihn lange Handygespräche mit Anwälten belasteten. Er manage sich gerade selbst und merke, "wie schwer das ist". Er schaue indes nicht nach einem Nachfolger, er dürfe das rechtlich nicht, da das Gerichtsverfahren gegen Apey läuft. Zverev wurde mit Roger Federers Manager Tony Godsick und zuletzt mit seinem zehn Jahre älteren Bruder Mischa in Verbindung gebracht, dessen Karriere langsam ausklingt. Immerhin: "Jetzt beruhigt es sich ein bisschen."

Zverevs Vater Alexander, führte Zverev weiter aus, sei seit einigen Wochen nicht an seiner Seite (bis auf die Tage beim Turnier in Monte Carlo, der Zverev-Clan lebt dort). "Ich hoffe, dass er bald gesund wird und zurückkommen kann", sagte Zverev, "das ist für mich momentan das Wichtigste." Den Befund ließ er offen, nur so viel: Sein Vater, einst sowjetrussischer Davis-Cup-Spieler und stets sein Trainer, sei im Krankenhaus. Da auch Ivan Lendl, seit August 2018 als zweiter Trainer im Team und in den USA zu Hause, aufgrund einer Pollenallergie noch Europa meidet, ist Zverev ohne Coach unterwegs. Kein Problem, sagt er. Er telefoniere mit Lendl, trainiere mit Mischa. Bei den French Open Ende Mai soll Lendl wieder an der Seite sein. "Paris ist ein Grand Slam, da muss er halt". Er lachte.

Ja, vielleicht ist München tatsächlich zur richtigen Zeit für ihn da. Er denke wieder nur an Tennis. "Ich muss mein Spiel wiederfinden", darum gehe es ihm jetzt. "Ich fühle mich bereit, ins Turnier zu starten." Zunächst aber hat Zverev ein Freilos, als Erstgesetzter.

© SZ vom 29.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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