Tennis:Connors ist nicht mehr allein

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Bald auf hoher See? Roger Federer mit dem Pokal für den 100. Titel. (Foto: Ahmed Jadallah/Reuters)

Der 37 Jahre alte Schweizer Roger Federer durchbricht mit dem Erfolg in Dubai als zweiter männlicher Profi die Marke von 100 Turniersiegen.

Von Gerald Kleffmann, Dubai/München

Zu den vielen Gratulanten, die sich schon am Samstag gemeldet hatten, gesellte sich auch Jimmy Connors. "Willkommen im dreistelligen Turniersieger-Klub", schrieb der 66 Jahre alte Amerikaner bei Twitter und ergänzte süffisant: "Ich war etwas einsam - ich freu mich über deine Gesellschaft!!!" Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Wie es der Stil von Roger Federer ist, beschränkte er sich auf das Wesentliche und erwiderte, versehen mit einem Smiley: "Bin glücklich, dabei zu sein!" Als wäre es eine nette Kleinigkeit, die zum Beitritt in einen der elitärsten Zirkel geführt hatte. Später gönnte sich Federer einen weiteren Spaß, veröffentlichte ein Foto von sich, seinem Trainer Severin Lüthi und seinem Physio Daniel Troxler und textete dazu: "Nur ein paar Typen und ein Boot in einem Auto."

Seinen 100. Turniersieg (und die als silbernes Schiff verkleidete Trophäe) hat Federer also auf die Art hingenommen, für die er bekannt ist, bescheiden, unaufgeregt, sanft lächelnd. Im Finale des ATP-Turniers in Dubai, wo er ab und an mit seiner Familie lebt, hatte er diesmal den Griechen Stefanos Tsitsipas 6:4, 6:4 in die Schranken gewiesen. Bei den Australian Open vor fünf Wochen war er an dem 20-Jährigen im Achtelfinale gescheitert. Diesmal spielte Federer so, dass seine Bewunderer wieder in Verzückung geraten konnten ob seiner phasenweisen Genialität. Druckvoller als in Melbourne agierte er, mit Volleys so gefühlvoll, als streiche er ein knuspriges Baguette mit feinster Butter, effizient war er auch. Federer ist manchmal ja einer, der Chancen liegen lässt, bei Gelegenheiten zum Break etwa fehlte ihm zuletzt die Skrupellosigkeit. "Heute ist ein Traum wahr geworden", sagte er bei der Siegerehrung und fügte an: "Es war eine unglaubliche Woche." Er genoss den Moment und hielt inne. Doch sofort wurde er mit der nächsten Zahl bedrängt, der 109.

So viele Erfolge hat Connors einst gesammelt, er ist bei den Männern nicht nur der Rekordhalter, sondern auch der einzige, der 100 oder mehr Titel errang. Bei den Frauen übrigens gähnen sie vielleicht ein bisschen über diese Bestmarken, Martina Navratilova errang einst 167 Trophäen im Einzel, ihre Kontrahentin Chris Evert 154 (Steffi Graf 107). Auf dem Platz vom Interviewer auf Connors' 109 angesprochen, sagte Federer indes Vernünftiges: "Wir leben in einer Zeit, in der jeder Rekord gebrochen werden muss, aber nicht für mich. Schauen wir mal, was ich noch im Tank habe. 100 zu erreichen, ist ein Traum, und heute war ein spezieller Abend." Man durfte ihm weiter glauben, als er meinte, für ihn sei es eine Freude, sich mit Youngstern wie Tsitsipas zu duellieren. Auch dies dürfte eines seiner Erfolgsmittel sein - dass er nicht in der Vergangenheit verharrt, sondern sich wieder und wieder den Herausforderern der nächsten und übernächsten Generation stellt. Nicht nur ein Zauberhändchen, auch viel Ehrgeiz steckt in ihm.

Anders lässt es sich nicht begründen, dass Federer 2001 erstmals triumphierte, beim Turnier in Mailand, und nun immer noch da ist als dieser Siegertyp. "Sich vorzustellen, 100 Turniere zu gewinnen, ist absurd", sagte Tsitsipas voller Ehrfurcht bei der Zeremonie - er kam in jenem Jahr auf die Welt, als Federer Profi wurde: 1998. "Ich weiß nicht, wie er das geschafft hat", rätselte Tsitsipas, "er hat Tennisgeschichte geschrieben." Federer gab das Kompliment zurück; Tennis sei mit Spielern wie Tsitsipas in guten Händen. Aber noch macht er ja nicht Platz. In Dubai gab er die Zusage, 2020 den Titel verteidigen zu wollen. Federer für immer, das wäre nach dem Gusto vieler Tennis-Afficionados.

© SZ vom 04.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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