Tennis:6190 Euro Preisgeld für den Flug nach Melbourne

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Souverän in Eckental: Daniel Masur gewinnt das Einzel-Finale und fast auch noch die Doppel-Konkurrenz. (Foto: Sportfoto Zink/Imago)

Der Tutzinger Tennisprofi Daniel Masur gewinnt am Ende einer wechselvollen Saison mit eindrücklicher Souveränität das Challenger-Turnier in Ismaning. Über einen 27-Jährigen, der den größten Karriereschritt noch vor sich sieht.

Von Sebastian Winter

So einen leckeres Pokal-Anhängsel hat Daniel Masur wohl selten bekommen. Gut, der Tennisprofi hat ohnehin noch nicht allzu viele Pokale gestemmt in seiner Laufbahn auf der ATP-Tour, im Einzel hat er im vergangenen März beim Challenger-Turnier in der piemontesischen Gemeinde Biella seinen ersten Titel gewonnen, im Doppel sind es immerhin schon sechs. Aber nun, am Sonntag in Eckental, Mittelfranken, baumelte Masur nach seinem 6:4, 6:4-Erfolg gegen den US-Amerikaner Maxime Cressy ein schnuckliges Brezn-Herz um den Hals. Am Vortag hatte Masur seinen 27. Geburtstag - und fast noch seinen siebten Doppeltitel gewonnen.

Es war eine intensive Woche für Masur, neun Spiele hatte er beim ATP-Challenger-Turnier in der mittelfränkischen Marktgemeinde seit Dienstag in Einzel und Doppel absolviert und dabei gerade mal drei Sätze abgegeben. Im Einzel in der ersten Runde, als er den Ismaning-Sieger Oscar Otte mit 6:2, 6:7 und 6:4 bezwang. Und im Doppel-Finale, das er an der Seite des Belgiers Ruben Bemelmans gegen das tschechisch-amerikanische Duo Roman Jebavy und Jonny O'Mara 4:6 und 5:7 verlor. Die anderen 16 Sätze gewann Masur, gerade im Einzel mit eindrücklicher Souveränität - so eine körperliche Belastung muss man ja auch erstmal wegstecken. "Im Nachhinein betrachtet war der Sieg gegen Oscar Otte wie ein Befreiungsschlag", sagte Masur noch vor den beiden Endspielen.

"Drei herausragende Wochen, ansonsten relative Grütze": Masur sieht auch ein paar Fehler in seiner Turnierplanung

Um 51 Weltranglisten-Plätze ist Masur, der in der Nähe von Tutzing am Starnberger See wohnt, durch seinen Finalerfolg gegen den zuvor mehr als 100 Plätze besseren Cressy geklettert, 190. ist er jetzt - und es geht gleich weiter: Am Montagmorgen ist der Tennisprofi mit dem Auto nach Südtirol gefahren, nach einem kurzen Übernachtungs- und Wäschewasch-Zwischenstopp zuhause. In St. Ulrich in Gröden möchte Masur seine starke Form bestätigen.

Mal schauen, ob das klappt, genau in diesem Dilemma befand sich Masur in diesem Jahr ja oft: dass seine Konstanz nicht wirklich seine Ansprüche erfüllte. In Südtirol sagt Masur am Telefon, "es war eine geile Saison, eigentlich würde ich sagen, es war mein bestes Jahr". Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: "Vielleicht fühlt es sich einfach so gut an, weil ich so viele Rückschläge erlitten habe." Sein dritter Höhepunkt neben den beiden Turniersiegen in Biella und Eckental war die erfolgreiche Hauptrunden-Qualifikation in Wimbledon, es war eine Premiere für Masur, der zwar in der ersten Runde verlor, aber um 56 000 Euro reicher war. Für einen, der auf der Challenger-Tour zuhause ist, wo es für Turniersiege wie in Eckental 6190 Euro gibt, der außerdem bald seinen Flug zu den Australian Open vorstrecken muss, war das ein Segen.

Andererseits fiel Masur nach Biella und auch nach Wimbledon in ein Formtief, das, wie er zugibt, auch mit "ein, zwei Fehlern in meiner Turnierplanung" zusammenhängt. Er spielte auf Sand, weil er jede Turnierchance nutzen wollte, obwohl ihm eher schnelle Hartplätze und Teppichbeläge liegen. Und er spielte im Sommer für Versmold in der zweiten Liga, weil er dadurch ein sicheres Einkommen hat - obwohl er nicht ganz fit war. Das wird er 2022 anders machen, auch in Absprache mit seinem Trainer Lars Uebel von der Tennisbase Oberhaching. "Er hatte drei herausragende Wochen, ansonsten war das relative Grütze", sagt Uebel streng.

"Er ist nicht so sehr Wally, sondern manchmal zu sehr Soldat", sagt sein Trainer Lars Uebel, der "diese Dogmen ein wenig aufbrechen" möchte

Masurs Traum ist es, bald bei den großen ATP-Turnieren in die Qualifikation zu kommen, weitere Grand Slams zu spielen, aber auch ein gestandener Challenger-Turnierspieler zu werden. "Ich bin in der Mittelphase meiner Karriere und hoffe, noch acht oder zehn Jahre zu haben." Er hat mit Uebel viel an seinem Aufschlag gefeilt, der wie seine Vorhand eine Waffe sein kann, die Rückhand ist seine Schwäche. Noch mehr geht es aber bei ihm darum, eine innere Balance zu finden. Uebel findet, dass Masur, Spitzname "Wally", in Anlehnung an den früheren australischen Profi Wally Masur, sehr strukturiert, organisiert und akribisch ist, etwas zu sehr manchmal. "Er ist nicht so sehr Wally, sondern manchmal zu sehr Soldat", sagt Uebel, der "diese Dogmen ein wenig aufbrechen" möchte.

Schmackhaftes Brezn-Herz: Daniel Masur (re.) posiert mit seinem Finalgegner Maxime Cressy fürs Siegerfoto. (Foto: Sportfoto Zink/Imago)

Andererseits sind das ja auch Stärken in diesem Individualisten-Sport. Masur wurde sehr schnell sehr selbständig, mit 14 zog er ins Sportinternat nach Kamen, nur am Wochenende besuchte er seine Familie. Gerade macht er ein Fernstudium in Finanzmanagement. Und er versucht, sich ein bisschen aus seinen Routinen herausholen zu lassen. Da hilft vielleicht schon ein schnuckliges Brezn-Herz.

Daniel Masur hat es übrigens zusammen mit seiner Freundin gleich aufgefuttert auf dem Weg von Eckental zurück nach Tutzing. Er war sehr dankbar für dieses "Finger-Food", schon deshalb, weil vor dem Waschgang und der Fahrt nach Südtirol schlicht keine Zeit mehr war für ein ausgiebiges Abschlussessen in Eckental.

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