SZ-Rubrik "Formsache":Magische Liftbegegnung

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Tennis, Surfen, Skifahren. Nicola Förg, 59, geboren in Kempten, kann sich sportlich für vieles begeistern. Beruflich hat sie schon mehr als 20 Regionalkrimis zu Bestsellern gemacht, privat lebt sie auf einem Hof in Prem am Lech mit Wald und vielen Tieren. (Foto: Florian Deventer)

Auch wenn ihr jeder Wettkampfgedanke fehlt: Die Krimiautorin Nicola Förg hat beim Sport schon viel Kurioses erlebt. Manches hat sie sprachlos zurückgelassen, anderes bewusstlos.

SZ: Sport ist ...

Nicola Förg: ...bei mir so strukturiert, dass ich das Gerät so beherrschen will, dass ich weder selbst- noch fremdgefährdend bin. Dass ich Freude habe, dass Energie fließt. Mir fehlt aber jeder Wettkampfgedanke. Ich will mich nicht messen. Ich muss keine Hundertstel schneller sein. Was eine potentielle Skikarriere auch schon auf Kreiscup-Ebene erstickt hatte; draußen war so fluffiger Powder, warum sollte ich da auf Eis rumkratzen?

Ihr aktueller Fitnesszustand?

Nun ja, ich war nie die Läuferin, der ganze Endorphin-Quatsch ist eine Erfindung der Sportschuhindustrie! Ich komme mit Tourenski auf die Almen und Alpen bei mir vor der Haustüre, dank E-Bike komm ich auch sommers zu von uns geliebten Hütten im Ammergebirge. Ich kann noch ein Pferdchen niederringen - zumindest bedingt, wenn es einem nicht grad pfeilgrad ins Kreuz einschießt! Ich schaffe den Neunlochplatz, meine Abschläge sind manchmal so begnadet, dass ich mich selber wundere - bevor mein kurzes Spiel dann alles ruiniert.

Felgaufschwung oder Einkehrschwung?

Geräteturnen ist die Schmach für alle Kinder, die nicht zufällig aus Gummi sind und einen BMI im Minusbereich haben. Den es damals noch nicht gab! Ich war bis 14 ein bisschen babyspeckig, was Nicki-Ringelpullover noch unterstrichen. Da schwingst du nicht felgauf, und am Schwebebalken bist du keine Elfe! Allerdings kamen meine großen Stunden am Skitag am Grenzwieslift. Einkehrgeschwungen wurde damals nicht, da gab's ein Butterbrot. Und bei den Skiurlauben mit meinen Eltern auch nicht. Man fuhr die Karte aus, es gab nur eine schnelle Ovomaltine zu Mittag im SB-Restaurant. Später dann und heute erst recht ist ein Bike- oder Skiausflug ohne Einkehr wie ein Ski ohne Bindung. Winters am liebsten in den Dolomiten. Die schönsten Berge der Welt mit den schönsten Hütten - o sole mio...

Sportunterricht war für Sie?

Ein Horror! Ich fuhr eben Ski, ziemlich zackig für ein Madel mit einem Renntiger, lang wie ein Sprungski. Ich spielte gar nicht so übel Tennis, vor allem meine Rückhand war ganz schnittig. Ich konnte reiten und später dann, in der Oberstufe, surfen - auch das ganz gut für ein Madel, in der Düse am Gardasee. So was war im Schulsport aber nicht gefragt! Geräteturnen siehe oben, und Leichtathletik war nicht besser. Ich habe dieses Frauenwurfproblem, ich warf mit dem Schlagball Krater in den Boden. Aber ich war gut beim Kugelstoßen, da ich dank meiner anderen Sportarten Kraft hatte. Ich stieß Kugel fast so weit, wie ich Schlagball warf. Und Ball-Mannschaftssportarten waren auch nix, ich bin nicht so der Teamtyp!

Ihr persönlicher Rekord?

Nun ja, mit einer klassischen Pferdemädel-Karriere ritt ich seit Zwergenalter. Zu Studienzeiten auch in Ungarn. In der Puszta, wo man zwei Gangarten kannte: hinstehen und Galopp wie bekloppt. Dereinst wollte so ein wild rennendes Pferd einen Salto versuchen, kam aber nicht ganz rum und vergrub mich in einer Ackerfurche. Nach Bewusstlosigkeit und zwei Tagen in einem denkwürdigen Krankenhaus in Kecskemet hatte ich nur schwere Prellungen und eine Fetzengehirnerschütterung. Und einen Hufeisenabdruck im Oberschenkel, der alle Farbe annahm und nach drei Monaten entschwand. Der Rekord war nicht der Salto, wenn auch rekordverdächtig, sondern der Mut, erneut auf ein Pferd zu steigen. Ich hatte echte, fiese Hosenschisserangst!

Stadionbesucher oder Fernsehsportler?

Ich hasse Menschenmassen, was das Stadion ausschließt. Fernsehen ja, im Winter, wenn sie von Schanzen springen oder über die Kamelbuckel rasen. Ich bin halt ein Winterkind. Nur die Kommentatoren sind halt nicht wie beim Ösi, wenn die Komantschen pfiffen... Wobei der Wörndl Frank schon auch seine Minuten hat. Wenn der sinniert, ob die Läuferin etwas zugelegt hat, anstatt zu kommentieren, dass das Madel grad Bestzeit fährt.

Bayern oder Sechzig?

Mich wird ein Shitstorm nach dem anderen wegpusten, Fans meiner Bücher werden mich womöglich von der Lektüreliste streichen: Mir geht Fußball so was von an allen Körperteilen vorbei. Und mehr möchte ich nicht sagen, denn mit zunehmendem Alter lernen sogar Aufmüpfige wie ich, dass Schweigen Gold sein kann.

Ihr ewiges Sport-Idol?

Ohne Frage Ingemar Stenmark. Es war Anfang der 70er Jahre in Flims/Laax. Es gab Tellerlifte, vor allem den in Plaun - es war eine 50 zu 25 zu 25 Chance. 50 zu 50, ob er so anriss, dass es mich kleines leichtes Mädchen im ersten Anlauf in die Luft riss und wegschleuderte. 25, dass es mich hochriss, aber irgendwie wieder in die Spur stellte, und sei es verkehrt herum. 25, dass es klappte. Es gab auch schon Bügellifte, und ich fuhr allein. Von irgendwoher kam einer, griff den Bügel, lächelte nett und schwieg. Es war Ingemar Stenmark! Eine ganze Liftfahrt lang zitterte ich neben dem besten Skifahrer der Welt. Ich war tagelang danach schier sprachlos, wobei ich eher ein beredtes Kind war. Und er hatte die hohe Stenmark-Mütze auf.

Ein prägendes Erlebnis?

Siehe oben, ich bin später noch mit ganz anderen Größen Lift gefahren, aber es war nie mehr so magisch.

In welcher Disziplin wären Sie Olympiasiegerin?

Im Tiere beobachten. Ich bin in der glücklichen Lage, jeden frühen Morgen mit zwei Cappuccinos Vögeln zuzusehen, der Familie Specht und der Familie Kleiber,frechen Eichhörnchen, Rehen, Pferden und unseren Katzen und Hunden, die in jeder Geste, mit jeder Mimik eine einzigartige Show liefern.

Mit welcher Sportlerin/welchem Sportler würden Sie gerne das Trikot tauschen?

Eigentlich mit keiner. Weil dahinter solch ungeheurer Wille zum Siegen steckt, den ich nicht habe. Mein Ehrgeiz liegt eher darin, tierisch gute Bücher zu schreiben.

Unter der Rubrik "Formsache" fragt die SZ jede Woche Menschen nach ihrer Affinität zum Sport. Künstler, Politiker, Wirtschaftskapitäne - bloß keine Sportler. Wäre ja langweilig.

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