Super-Bowl-Verlierer Manning:Beschämend? Niemals!

Lesezeit: 3 min

Peyton Manning nach der schweren Niederlage gegen Seattle. (Foto: REUTERS)

0:22 zur Pause, 8:43 am Ende: Die Denver Broncos und ihr berühmter Quarterback Peyton Manning erleben im Super Bowl gegen Seattle ein Desaster. Der 37-Jährige wehrt sich danach gegen Kritik und erklärt, wie sein Vermächtnis im American Football aussehen soll.

Von Jürgen Schmieder

Nein, beschämend sei diese Partie nicht gewesen. Es war Peyton Manning dann doch ein Bedürfnis, das klarzustellen. "So ein Wort würde ich niemals verwenden. Da drin in der Kabine sind professionelle Footballspieler, die hart dafür gearbeitet haben, um hier sein zu können. Um ehrlich zu sein: Der Begriff beschämend ist eine unverschämte Behauptung", sagte der Spielmacher der Denver Broncos auf die Frage eines Journalisten.

Die Broncos hatten gerade das Finale der nordamerikanischen Footballliga NFL mit 8:43 gegen die Seattle Seahawks verloren.

Manning, 37, hatte dabei eine für seine Verhältnisse schlechte Leistung gezeigt. Gleich zu Beginn des Spiels verlor er aufgrund eines Missverständnisses den Ball, später warf er ihn zwei Mal in die Arme eines gegnerischen Verteidigers. Dass er seine Mitspieler 34 Mal bediente und dabei einen neuen Super-Bowl-Rekord aufstellte, interessierte kaum jemanden - bedeutsamer war, dass Manning, der seine Offensive in der regulären Saison zu 37,9 Punkten pro Partie geführt hatte, an diesem Tag gerade einmal acht Zähler schaffte.

So ist das nun mal im Sport, das weiß auch Manning: "Wir haben eine gute Saison gespielt, aber nur eine Mannschaft kann am Ende behaupten, eine großartige Spielzeit gehabt zu haben - und das ist der Verein, der den Super Bowl gewinnt." Da hilft es auch nicht, dass Manning in dieser Saison zahlreiche Rekorde (darunter 5477 Yards Raumgewinn durch Pässe, 55 Touchdowns) aufgestellt hat und am Samstag zum fünften Mal in seiner Karriere zum wertvollsten Spieler der Saison gewählt wurde - so oft wie kein anderer NFL-Athlet. Die entscheidende Partie dieser Spielzeit, die hat Manning verloren.

Deshalb wurde nach der Partie eine Debatte fortgesetzt, die bereits in der vergangenen Woche begonnen hatte - eigentlich wird sie seit Jahren geführt. Sie dreht sich darum, wie gut dieser Peyton Manning tatsächlich ist, wie seine Leistungen einzuordnen sind im Vergleich zu anderen Spielmachern wie Joe Montana, Johnny Unitas oder Tom Brady. Ist Manning einer der besten Spielmacher in der Geschichte dieses Sports?

Auf der offiziellen Webseite der National Football League (NFL) wird Manning derzeit als "bester Punkterunden-Quarterback in der Geschichte der NFL" bezeichnet. Das ist in etwa so, als würde man einem Fußballer attestieren, der "beste Akteur der Champions-League-Gruppenphase" zu sein oder einen Tennisspieler als "besten Sportler in der ersten Woche von Grand-Slam-Turnieren" zu bezeichnen. 23 Playoff-Partien hat Manning in seiner 16 Jahre dauernden Karriere absolviert, er hat nun mehr davon verloren (zwölf) als gewonnen. Er hätte am Sonntag der erste Quarterback werden können, der mit zwei verschiedenen Vereinen die Meisterschaft gewinnt - nun ist er einer von acht Spielmachern, die zwei Mal im Finale unterlegen waren.

Es gibt sie in jeder Sportart, die sogenannten "Unvollendeten". Ausgezeichnete Sportler, denen es verwehrt blieb, jenen Titel zu erreichen, den sie unbedingt haben wollten. Charles Barkley wurde nie NBA-Meister, Ivan Lendl gelang kein Wimbledon-Triumph, Michael Ballack konnte nie die Champions League gewinnen. Bisweilen wird das als Makel bezeichnet, treffender wäre es wohl zu behaupten, dass da jeweils eine grandiose Karriere nicht veredelt wurde.

Super-Bowl-Impressionen
:Schlagzeug-Solo vom Mini-Jacko

Bruno Mars eröffnet die Halbzeitshow mit einem Schlagzeugsolo, wenig später stürmen die halbnackten Red Hot Chili Peppers die Bühne. Die großen Skandale bleiben im Showprogramm des Super Bowl diesmal aus. Trotzdem wird den Fans einiges geboten.

Nur - und das ist das Interessante bei der Diskussion um Peyton Manning: Er ist ein Vollendeter, er hat mit den Indianapolis Colts im Februar 2007 den Titel gewonnen, er war der wertvollste Spieler dieses Finales gegen die Chicago Bears. Er kann einen Titel vorweisen, seit acht Jahren schon - und dennoch gibt es diese Debatte. Vor dem Finale wurde beinahe überall behauptet, dass Manning dringend einen zweiten Titel brauche, um zu den wahrlich großen Spielmachern zu gehören. Eine Meisterschaft reiche nicht aus.

Ist das wirklich so? Darf eine einzelne Partie darüber entscheiden, wie bedeutsam die Karriere eines Sportlers ist? Reicht ein Titel nicht mehr aus? Manning selbst sagte vor dem Endspiel: "Diese Frage nach dem Vermächtnis kommt ja immer wieder, ich habe auch ein bisschen darüber nachgedacht. Wenn ich es mir aussuchen darf, dann soll mein Vermächtnis sein, dass ich mir für jede meiner Mannschaften den Hintern aufgerissen habe, dass ich ein guter Mannschaftskollege war und dass ich immer alles dafür getan habe, um zu gewinnen. Darum geht es mir." Er sprach weder von Titeln noch von Statistiken.

Manning wird auch in der kommenden Saison für die Broncos spielen. "Das hätte ich auch gemacht, wenn wir gewonnen hätten. Ich will auf jeden Fall weitermachen", sagte er: "Es wird eine gewisse Zeit dauern, bis das verdaut ist. Wenn wir einen Weg finden, dass uns diese Niederlage antreibt, dann können wir vielleicht irgendwie etwas Positives daraus ziehen."

Noch ist seine Karriere nicht vorbei, weshalb die Debatte um das Vermächtnis immer noch verfrüht ist. Man kann es, womöglich muss man es derzeit sogar andersherum betrachten: Peyton Manning ist ein derart großartiger Athlet, dass eine Meisterschaft nicht ausreicht, um seine Qualität zu würdigen.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: