Start in die Basketball-Bundesliga :Alles außergewöhnlich

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Hat seine Stärken bereits im Pokalspiel gegen den FC Bayern gezeigt: Bayreuths neuer Flügelspieler Frank Bartley (l.), hier im Luftduell mit dem Münchner JaJuan Johnson. (Foto: Tilo Wiedensohler/imago)

Der FC Bayern garniert sein Jubiläum mit einer Kampfansage, Bamberg und Würzburg bauen auf runderneuerte Teams. Die Bayreuther müssen dagegen noch warten.

Von Joachim Mölter, Ralf Tögel, Sebastian Leisgang, Jonas Beckenkamp

Am Wochenende beginnt die 55. Saison der Basketball-Bundesliga (BBL); dass es wegen der Corona-Pandemie eine außergewöhnliche Spielzeit werden wird, ist allen 18 Klubs klar, auch den vier bayerischen. Die haben bei allen Unterschieden zumindest eins gemein: runderneuerte Kader. Eine Bestandsaufnahme.

FC Bayern

Für die Münchner wäre diese Saison auch ohne Corona eine besondere: Es ist ihre zehnte in der BBL seit dem Wiederaufstieg. Die Pandemie verhindert vorerst Jubiläumsfeiern mit den Fans, Geschäftsführer Marko Pesic hofft aber, "dass wir so wenig Bundesliga-Spiele wie möglich ohne Zuschauer spielen müssen". Außer der Auftaktpartie gegen Rasta Vechta am Sonntag (18 Uhr) ist im publikumslosen November nur noch ein Heimspiel terminiert, am 22. gegen den Vorjahresfinalisten Ludwigsburg - das Team, an dem der FC Bayern in der vorigen Saison als Titelverteidiger im Playoff-Viertelfinale gescheitert ist.

Nach dieser Enttäuschung haben Pesic und Sportdirektor Daniele Baiesi das Team umgekrempelt, prominenteste Verpflichtung ist der Trainer Andrea Trinchieri. Die Nationalspieler Danilo Barthel und Maodo Lo sind weg, ebenso der frühere NBA-Profi Greg Monroe. Die Zugänge - abgesehen vom eigenen Nachwuchs ausschließlich Amerikaner - sind weniger prominent als ihre Vorgänger, aber offensichtlich nicht schlechter. "Bis jetzt sind wir auf einem sehr guten Weg", findet Pesic nach den Eindrücken aus der Euroleague. Da liegt der FC Bayern mit 5:2 Siegen in der Spitzengruppe, nachdem er am Freitag Roter Stern Belgrad 74:59 besiegte. Der Fokus liegt aber auf der Bundesliga, wie Kapitän Nihad Djedovic bekräftigt: "Wir gehen mit größten Erwartungen in die Saison. Die Mannschaft ist so konstruiert, dass wir bis zum Ende spielen." Eine klare Kampfansage an Titelträger Alba Berlin.

Brose Bamberg

Ungeachtet der Euroleague-Promis Berlin und München dürfte die wohl interessanteste Partie des ersten Spieltags bei den Hamburg Towers stattfinden, wo Brose Bamberg gastiert. Beides sind weitgehend neu formierte Teams, mit neuen Trainern; beide blieben in der vergangenen Saison hinter den Erwartungen zurück und wollen nun durchstarten. Dafür haben die Towers, die zum Zeitpunkt der corona-bedingten Unterbrechung Letzter waren und damit nicht am laufenden Pokalgeschehen teilhaben konnten, Pedro Calles aus Vechta abgeworben: Der Spanier hatte seinen ehemaligen Klub vom Aufsteiger zum Playoff-Kandidaten geformt und soll das nun in Hamburg wiederholen.

Beim fränkischen Traditionsklub soll ebenfalls ein neuer Steuermann Schwung bringen, der Niederländer Johann Roijakkers kam aus Göttingen und brachte in Bennet Hundt und Dominic Lockhart zwei Spieler mit, die nun sogar in die Nationalmannschaft berufen wurden, ebenso wie der aus Berlin gekommene Kenneth Ogbe. Der Italiener Michele Vitali ist sogar Kapitän seiner Auswahl. Das Center-Duo Christian Sengfelder, ebenfalls im Nationalteam, und David Kravish, der vom spanischen Erstligisten Manresa kam, sowie die Guards Tyler Larson (Oldenburg) und der kürzlich verpflichtete Devon Hall, der bei Oklahoma City Thunder sogar NBA-Erfahrung sammelte, sorgen für reichlich Qualität im Kader. Nach dem Aus im Pokal offenbarte das Team zuletzt in der Champions League, zu was es in der Lage ist: Brose gewann nach einer starken Vorstellung bei Fortitudo Bologna 100:63. Die Spielpraxis ist vielleicht ein Vorteil, Hamburg bestreitet sein erstes Pflichtspiel seit Anfang März. Roijakkers erwartet dennoch ein "schweres Spiel gegen einen Top-Vier-Kandidaten".

s.Oliver Würzburg

Denis Wucherer ist ein freundlicher und umgänglicher Mann, offen, nie um einen Spruch verlegen, stets auskunftsfreudig. Aber vor dem ersten Bundesligaspiel seiner runderneuerten Mannschaft war's vorbei mit den Nettigkeiten. Zumindest für seine Spieler. Wucherer sagt zwar, er habe "ein gutes Gefühl" vor dem Auftakt, weil sein Team die vergangenen beiden Wochen seit dem Pokal-Aus "gut genutzt" habe - der Trainer der Würzburger Basketballer mahnt aber auch: "Wenn du drei- oder viermal Mist baust, ist das Spiel verloren. In der Bundesliga braucht es Disziplin. Da kann man nicht einfach ausbrechen, wie es vielleicht auf einem kleinen College oder in Holland geht."

Weil aber der eine oder andere seiner Spieler aus einem kleinen College oder aus Holland nach Würzburg gekommen ist, wird die bevorstehende Saison ein großes Abenteuer für die verjüngte Mannschaft. Gerade die ersten Wochen haben es in sich. Wucherer beunruhigt es aber nicht, dass sein Team zunächst auf Ulm trifft, ehe Duelle mit Vechta, Hamburg und Bamberg anstehen. "Wenn wir eine normale Saison vor uns hätten, würde ich eventuell befürchten, dass der Start schwierig werden könnte", sagt Wucherer, "so mache ich mir da keinen Kopf." Corona könne den Spielplan ja sowieso über Nacht durcheinanderbringen. Außerdem glaubt Wucherer, dass eine Botschaft angekommen ist bei seinen Spielern. "Sie haben jetzt ein Gefühl dafür, was in der Bundesliga gefragt ist", sagt er - ganz nett.

Medi Bayreuth

Was macht eine Mannschaft während einer zweiwöchigen Quarantäne? Darauf fand Bayreuths Kapitän Bastian Doreth eine klare Antwort: "Man muss sich fithalten, es braucht Routinen, frühes Aufstehen, Stretching, Yoga, dazu ein Online-Training mit unserem Athletikcoach, um den Körper auf Spannung zu halten." So verbrachten Doreth und seine Kollegen nun einen wesentlichen Teil ihrer Vorbereitung. Was sie nicht taten: zusammen in der Halle trainieren. Und das lag an zwei Corona-Fällen während der Pokalrunde. Obwohl der Rest des Teams negativ getestet wurde, mussten alle daheimbleiben, die übrigen Partien wurden verschoben - ebenso wie nun der Liga-Auftakt gegen Bonn. Stattdessen: "Netflix und Co, lesen, Haushalt abarbeiten, das wird irgendwann schon zäh", sagt Doreth, der sein Team zuvor in guter Form wähnte.

Im Pokal besiegten die Bayreuther trotz vieler Umbauten im Kader den FC Bayern. Ein Überraschungssieg, bei dem sich vor allem der aus Valladolid geholte Frank Bartley hervortat. Der Flügelspieler kommt mit der Referenz des wertvollsten Profis in Spaniens zweiter Liga und soll Bayreuth mit jenen Punkten versorgen, die nach den Weggängen von James Woodard oder Nate Linhart fehlen. Coach Raoul Korner wird wieder auf Basketball im ICE-Stil setzen: flink nach vorne statt groß herumfackeln. Passend dazu kam mit dem Litauer Osvaldas Olisevicius ein energischer Angreifer, Distanzwerfer und möglicher "Steal". Ein Unbekannter, der alle erstaunen könnte. Wenn Bayreuth endlich wieder spielen darf, versteht sich.

© SZ vom 07.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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