St. Pauli:Ein Trainer für große Träume

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Der Tabellensechste der zweiten Fußball-Bundesliga beurlaubt Markus Kauczinski und holt den Aufstiegsexperten Jos Luhukay. Auch Sportchef Uwe Stöver muss gehen.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Der FC St. Pauli hält sich für einen zutiefst demokratischen Verein. Dass er aber einer Umfrage der Hamburger Morgenpost gefolgt ist, derzufolge 3000 Leser dem Cheftrainer Markus Kauczinski nicht mehr zutrauten, die Mannschaft weiter zu entwickeln, ist nur ein Gerücht. Obwohl es ähnlich klang, als St. Paulis Präsident Oke Göttlich die Beurlaubung des Trainers des Zweitliga-Tabellensechsten am Mittwoch so begründete: Man halte "diesen Schritt für notwendig, um die Saison sportlich erfolgreich zu beenden und die Weichen für die neue Saison stellen zu können".

Doch mit der Entlassung des Coaches, der zuletzt aus vier Spielen nur einen Punkt bei 1:10 Toren verbuchte, war es nicht getan. Auch Sportchef Uwe Stöver, der sich für eine weitere Zusammenarbeit mit Kauczinski ausgesprochen hatte, muss gehen. So drängt sich die Parallele zum 1. FC Nürnberg auf. Dort wollte Sportvorstand Andreas Bornemann trotz schlimmer Niederlagenserie an Trainer Michael Köllner festhalten, bis der Aufsichtsrat erst ihn und danach Köllner entließ.

Dass Jos Luhukay, 55, den Job von Kauczinski übernimmt, hat wiederum viel mit Andreas Rettig zu tun. Der Geschäftsstellenleiter, der für September seinen Abschied angekündigt hat, wird bis Saisonende Stövers Aufgaben übernehmen - und er war der größte Fürsprecher für den Niederländer Luhukay, der zuletzt beim englischen Zweitligisten Sheffield Wednesday gearbeitet hatte. Rettig hatte mit Luhukay schon zweimal dienstlich zu tun: erst als Manager des 1. FC Köln, wo Luhukay als Co-Trainer von Huub Stevens 2005 die Rückkehr in die erste Liga begleitete; später beim FC Augsburg, wo das Duo Rettig/Luhukay 2011 den Aufstieg in die Bundesliga bewerkstelligte. Auch mit Borussia Mönchengladbach (2008) und Hertha BSC (2013) gelang Luhukay der Aufstieg.

Kauczinskis Aus ist auf den ersten Blick schwer nachzuvollziehen. Er übernahm das Team im Dezember 2017 auf dem vorletzten Tabellenplatz und führte es noch auf Rang zwölf. In dieser Saison mischte St. Pauli lange Zeit unter den ersten Vier der Tabelle mit, was in der Vorstandsetage größere Träume schürte.

Kauczinski hat nach André Schubert (2011/12) den besten Punkteschnitt des letzten Jahrzehnts bei Pauli (1,43 pro Spiel); sogar die am Millerntor extrem populären Holger Stanislawski und Ewald Lienen liegen mit je 1,42 Zählern hinter ihm. Kauczinski aber wurde nie so geschätzt wie diese beiden Idole. Am Sonntag gibt Luhukay seinen Einstand im Heimspiel gegen Bielefeld. Mal sehen, ob er St. Paulis geheime Wünsche nach dem Relegationsplatz noch erfüllen kann.

© SZ vom 11.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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