SSV Jahn Regensburg:Michel aus Regensburg

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Schneller Mann: Regensburgs Joshua Mees (r.) setzt sich gegen Ingolstadts Stefan Lex durch. (Foto: imago/Eibner)

Joshua Mees schoss in der Jugend so viele Tore wie kein anderer, dann stoppte ihn der Rücken. Beim Jahn startet er den zweiten Anlauf zum Profi.

Von Johannes Kirchmeier

Nachdem er den Ball auf die Reise geschickt hatte, ließ sich Joshua Mees auf den Rasen plumpsen. Im Fallen schaute er dem Spielgerät hinterher, das Richtung Tor fliegen sollte. Und einen Moment später, unten auf dem Hosenboden angekommen, sah Mees aus der Froschperspektive, wie der Ball den Pfosten berührte und ins Tor hopste. Die Szene dauerte nur zwei Sekunden. Es sind allerdings zwei Sekunden, die sich eingeprägt haben bei Joshua Mees. Schließlich erzielte er seinen ersten Treffer im Profifußball, und gleichzeitig sein erstes Tor für den Zweitligisten SSV Jahn Regensburg. "Das war ein sehr gutes Gefühl", sagt Mees noch zwei Wochen danach. Mees hatte ja die Führung erzielt in einem aus Regensburger Sicht überaus gelungenen Derby beim FC Ingolstadt, das der Jahn am Ende 4:2 gewann.

Unter Julian Nagelsmann gewann Mees die U19-Meisterschaft

Der 21-Jährige war erst kurz vor dem Saisonstart zum Jahn gekommen, er hat sich dort aber schnell etabliert. Bereits im ersten Spiel in Bielefeld stand der von der TSG Hoffenheim geliehene Mittelfeldspieler in der Startelf - und seitdem immer. Er hat ja keine leichte Aufgabe: Er muss den Aufstiegshelden der vergangenen Saison, Erik Thommy, der zum Bundesligisten FC Augsburg zurückgekehrt ist, auf der linken Außenbahn ersetzen. Das hat Mees bisher recht reibungslos geschafft. Wenngleich er ein anderer Spielertyp als der 23-Jährige ist. "Ich weiß, wo das Tor steht", sagt er selbst. 30 Tore hat er einst in der U19-Bundesliga für die TSG Hoffenheim geschossen, so viele wie kein anderer. Er hat anders als Thommy eigentlich sein ganzes Leben lang als hängende Spitze oder als Stürmer gespielt und rutschte erst jetzt ins Mittelfeld zurück.

Da er aber ähnlich flink wie Thommy ist, fiel ihm die Umstellung leicht. Mees flitzt halt nun von etwas weiter draußen in die Mitte, ähnlich wie Arjen Robben beim FC Bayern, nur seitenverkehrt und mit blonden in die Höhe gegelten Haaren statt mit altersbedingter Glatze. Unter den Schlitzohren ähnelt er also eher Michel aus Lönneberga, und weniger Louis de Funès. Auch vor seinem Tor in Ingolstadt stürmte Mees nach innen, nahm einen langen Ball von Verteidiger Asger Sörensen an, umdribbelte Torwart Martin Hansen und traf.

"Das Tor gibt einem eine gewisse Art von Bestätigung, dass man es kann", sagt Mees. Er weiß, er kommt so langsam an als Fußball-Profi - im zweiten Anlauf. Zuvor musste er ja etwas Geduld haben. In der Jugend hatte er zwar noch unter Julian Nagelsmann, der inzwischen die Hoffenheimer Profis trainiert, brilliert. In der Saison 2013/14 wurde Mees deutscher U19-Meister, als einer der Jüngsten im Team. Fast alle Spieler aus der Startaufstellung im Finale gegen Hannover 96 (5:0) sind mittlerweile Profis wie Mees. Das heißt jedoch auch: Fast alle anderen waren schneller als Mees. Er erreichte dieses Ziel etwa nach U21-Europameister Nadiem Amiri, Olympia-Silbermedaillengewinner Grischa Prömel, seinem Jahn-Teamkollegen Benedikt Gimber oder Patrick Ochs.

Was auch mit einer rätselhaften Rückenverletzung zusammenhängt, die Mees' ersten Anlauf stoppte. Vor zwei Jahren verliehen ihn die Hoffenheimer schon zum SC Freiburg. Doch Mees bestritt kein Zweitligaspiel in der Aufstiegssaison unter Trainer Christian Streich, weil er wochenlang wegen einer Fehlstellung ausfiel und so mehr Reha-Übungen als Trainingseinheiten absolvieren musste. Erst als sich die Saison dem Ende zuneigte, war er wieder voll belastbar. Dann ging er zurück zu Hoffenheim II. Nach einer kompletten Saison dort fühlte er sich bereit für den zweiten Angriff zwei Ligen höher. "Ich wollte den Schritt jetzt unbedingt in den Profifußball machen", sagt er und fügt an: "Der Jahn ist eine gute Adresse für junge Spieler."

In Regensburg geben sie jungen Kickern noch ein Stück mehr Vertrauensvorschuss als anderswo. Einerseits weil sie gar nicht die finanziellen Möglichkeiten haben wie andere Zweitligisten und daher auf junge Spieler, die sich noch entwickeln können, setzen müssen und andererseits weil dort in Achim Beierlorzer auch ein Trainer arbeitet, dem wie Nagelsmann die Zusammenarbeit mit jungen Kickern leicht fällt. "Er weiß, wie man mit jungen Leuten umgehen muss", sagt Mees. Beierlorzer war Lehrer und später lange Jugendtrainer.

Nun bringt er Mees seine Vorstellungen vom Fußball bei. In der Offensive klappe das schon ganz gut, meint Mees: "An meinem Defensivverhalten muss ich noch arbeiten. Was der Trainer da will, das muss alles noch verfeinert werden." Am besten schon an diesem Freitag (18.30 Uhr) beim 1. FC Heidenheim, nachdem die Regensburger vor der Länderspielpause vor zwei Wochen noch daheim gegen Kiel (1:2) unterlegen waren. "Da hat die Leistung nicht so gestimmt. Aber das soll eine Ausnahme bleiben", sagt Mees, der sich in diesem Jahr "voll für den Jahn" einsetzen wolle. Ob er das darüber hinaus noch machen wird, werde sich zeigen. "Mein langfristiges Ziel ist es, in der Bundesliga zu spielen." Und das dürfte in Hoffenheim später natürlich schon einfacher funktionieren als in Regensburg.

© SZ vom 08.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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