SSV Jahn Regensburg:Klassenkampf und Krampf

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Schon wieder drin: Regensburgs Torhüter Alexander Meyer muss beim Schuss von Omar Marmoush zum zweiten Mal hinter sich greifen. (Foto: Stuart Franklin/Getty)

"Vom Gefühl können wir bis morgen spielen und schießen kein Tor": Beim 0:2 auf St. Pauli präsentiert sich der SSV Jahn Regensburg wieder harmlos in der Offensive.

Von Thomas Hürner, Hamburg

Die habituellen Unterschiede könnten kaum größer sein als bei einem Duell zwischen dem FC St. Pauli und dem SSV Jahn Regensburg. Auf der einen Seite der linke und bunte Kiezklub aus der Metropolstadt Hamburg, bei dem Fußball immer auch politisch ist, gut ersichtlich an allerlei plakatierten Botschaften in und ums legendäre Millerntorstadion. Der Kontrast dazu parkte in Form eines SSV-Kleinbusses vor der Spielstätte, ein schwarzes Gefährt mit der oberpfälzisch-pragmatischen Aufschrift: "Mia spuin fia eich!", also: nur für die Regensburger Anhängerschaft.

In Zeiten der Geisterkulissen spielen die Vereine nun in erster Linie für sich selbst, das verbindet auch die beiden Konkurrenten vom Sonntagnachmittag. Wobei eine gewisse Fallhöhe durchaus gegeben war: Dieser Zweitliga-Partie wohnte der Charakter eines manifesten Klassenkampfes inne - im rein sportlichen Sinne, versteht sich. Am Ende dieses Kampfes stand die Gäste-Elf jedoch mit "leeren Händen da", wie es der Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic formulierte. Die 0:2-Niederlage bedeutet für die Regensburger, dass sie ein weiterhin gefährliches Dasein am Rande des Tabellenkellers fristen, mit fünf Punkten Vorsprung auf den Abstiegsrelegationsplatz 16 - und damit nun in direkter Nachbarschaft zu St. Pauli, das nach jetzt zwei Erfolgen in Serie seit langer Zeit mal wieder über dem sogenannten Strich postiert ist.

Zugang David Otto wird erst in der Schlussphase eingewechselt

Mit Ästhetik hatte dieses Spiel höchstens rudimentär zu tun. Auf einem holprigen, halbgefrorenen Terrain bekämpften sich die Spieler nach Herzenslust, sie grätschten, sie fuhren die Ellenbogen aus, alles wirkte angestrengt und gequält. Vor allem in der Anfangsphase wären beide Teams nicht voneinander zu unterscheiden gewesen, wenn sie nicht verschiedenfarbige Trikots getragen hätten. Insbesondere die beiden vordersten Pressinglinien, die fleißige Arbeit verrichteten, erzwangen immer wieder frühere Ballverluste des Gegners. "Wir haben viel investiert", sagte Selimbegovic, "vom Gefühl können wir aber bis morgen spielen und schießen kein Tor."

Nicht viel anders sah das zunächst bei St. Pauli aus, weshalb es für den Führungstreffer schon eine Unaufmerksamkeit in der Regensburger Defensivreihe benötigte: Ein Freistoß aus dem Halbfeld segelte auf die rechte Seite, dann ein Querpass vorbei an sämtlichen Jahn-Spielern auf den zweiten Pfosten, wo Pauli-Stürmer Guido Burgstaller den Ball freistehend über die Linie drückte (27. Minute). Stürmertore, davon würden sie sich in Regensburg auch deutlich mehr wünschen, weshalb vor wenigen Tagen David Otto von der TSG Hoffenheim ausgeliehen wurde. Otto wurde jedoch erst in der Schlussphase eingewechselt, Angreifer Kaan Caliskaner musste schon zur Halbzeit runter - nach einer Leistung, in der er "eher für uns als für den Gegner" eine Gefahr dargestellt habe, wie das fatale Urteil von Selimbegovic lautete.

Die einzige wirklich druckvolle Phase hatten die Regensburger dann tatsächlich direkt nach der Pause, ein Schuss von Benedikt Saller wurde in letzter Sekunde geblockt (47.), Scott Kennedy traf wenig später den Pfosten (48.). Womöglich wäre für den Jahn wirklich noch etwas drin gewesen, wenn es im direkten Gegenzug nicht die nächste Achtlosigkeit vonseiten des SSV gegeben hätte: Ein schnell ausgeführter Einwurf genügte, damit der Pauli-Angreifer Omar Marmoush genug Platz für seinen Schuss zum 2:0 hatte (49.).

Danach wurde auf beiden Seiten weiter viel gerackert, die Mannschaften mobilisierten ihre Kräfte für die fast vollständige Neutralisation des Gegners, lediglich der Regensburger Stürmer André Becker hatte noch eine Kopfballchance (89.). Wie diese offensive Harmlosigkeit nun einzuordnen war? "Sinnbildlich für die gesamte Hinrunde", sagte Selimbegovic.

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