SpVgg Unterhaching:Erst am Punkt scheitert Haching

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Blicke, die ins Leere gehen: Die Unterhaching Spieler verfolgen, wie sich Mainz im Elfmeterschießen durchsetzt. (Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Der Regionalligist treibt Bundesligist Mainz in einem spannenden Pokalduell bis ins Elfmeterschießen - und verliert dort nach einem dramatischen 3:3 doch noch die Nerven.

Von Stefan Galler

Vor dem Spiel zog der Außenseiter alle Register: Zunächst erklang im Sportpark Unterhaching die Bayernhymne Gott mit dir, du Land der Bayern, dann hatte Claus Schromm noch eine Botschaft für die Anhänger. Er wünsche sich, dass jede noch so kleine Aktion, "die irgendwie positiv ist von unserer Mannschaft", mit Szenenapplaus bedacht werden sollte. "So wie auf der Insel", sagte der Trainer des Regionalliga-Spitzenreiters SpVgg Unterhaching. Sein Appell war so engagiert, dass jene 7000 Fußballfreunde, die zum Pokalspiel gegen den Europa-League-Teilnehmer FSV Mainz 05 gekommen waren, sogleich auf Betriebstemperatur kamen. Und das Spiel sollte halten, was sich die Haching-Fans erwartet hatten: Nach einem spannenden und letztlich dramatischen Spiel gab Unterhaching sich erst im Elfmeterschießen geschlagen.

In den Schlussminuten der regulären Spielzeit hatte Haching einen 1:3-Rückstand egalisiert und sich in die Verlängerung gerettet. Nachdem dann im Elfmeterschießen die ersten beiden Hachinger, Dominik Stahl und Stephan Hain, verschossen, sorgte der Mainzer José Rodriguez für die Entscheidung und stellte den 7:5-Erfolg für den Erstligisten sicher. Er vermied damit ein Déjà-vu für seinen Klub: Im August 2002 hatten die Mainzer, damals unter Trainer Jürgen Klopp, ein Pokal-Erstrundenspiel in Haching nach Elfmeterschießen verloren.

Hachings Präsident Manfred Schwabl war trotz des Ausscheidens keineswegs geknickt: "Das war wieder mal ein Feiertag. Ich bin nicht traurig, denn das, was unsere Mannschaft herunterreißt, ist einfach beeindruckend." Trainer Claus Schromm ergänzte: "Ich bin stolz, wie viele Chancen wir herausgespielt haben. Nach dem 1:3 hatten sich einige Zuschauer schon auf den Heimweg gemacht, die meisten sind dann wieder umgekehrt." Groß waren die Hoffnungen der Gastgeber gewesen, weil sich der Viertligist in der vergangenen Saison den Ruf eines Pokalschrecks erarbeitet hatte: Nacheinander hatte Haching den Bundesligisten FC Ingolstadt (2:1) und die ambitionierten Leipziger (3:0) bezwungen, im Achtelfinale gegen Leverkusen leistete man erbittert Widerstand, ehe man mit 1:3 unterlag. Und nun hatte Präsident Schwabl im Sommer die Mannschaft erheblich aufgemotzt und die Mittelfeldspieler Stahl (1860 München) und Jim-Patrick Müller (Dresden) aus höheren Ligen geholt. Dazu verpflichtete er den vereinslosen ehemaligen Augsburger Bundesligastürmer Hain und band Leistungsträger wie den ehemaligen Juniorennationalspieler Sascha Bigalke langfristig.

Die Unterhachinger zeigten zu Beginn, welch hohe Qualität in dieser Mannschaft steckt, sichtlich motiviert erspielten sie sich gute Möglichkeiten, etwa durch Thomas Steinherr (3.) oder Hains Schlenzer (6.). Die beste Chance zur Führung ließ jedoch Steinherr aus, er scheiterte am neuen Mainzer Torwart Jonas Lössl, der vom französischen Erstligisten Guingamp als Ersatz für den nach Liverpool abgewanderten Loris Karius geholt wurde (9.).

Die etwas pomadig wirkenden Mainzer erwiesen sich da als erheblich effektiver, die erste Gelegenheit durch Jairo vereitelte SpVgg-Verteidiger Josef Welzmüller zwar noch auf der Linie (7.), doch der nächste Versuch war drin: Jairo bediente Mittelstürmer Jhon Cordoba mit einem perfekten Pass durch die Viererkette, der Kolumbianer ließ Hachings Schlussmann Stefan Marinovic keine Abwehrchance - 0:1 (22.).

Mainz trifft in der 88. Minute zum 3:1 - dann nimmt der Hachinger Wahnsinn seinen Lauf

Doch wer gedacht hatte, nun würde ein Schützenfest des selbst ernannten Karnevalsvereins beginnen, sah sich getäuscht. Zunächst drehte sich das Wetter - auf strahlenden Sonnenschein folgte innerhalb weniger Minuten heftiger Regen -, dann das Spiel: Bigalke bediente Torjäger Hain, der die Kugel aus spitzem Winkel ins kurze Eck zimmerte - 1:1 (33.). Müller und Steinherr ließen noch vor der Pause Chancen liegen, das Ergebnis zur Halbzeit schmeichelte dem Bundesligisten. Im zweiten Abschnitt änderten sich die Kräfteverhältnisse dann doch ein wenig, Mainz kontrollierte das Geschehen. Und dann schlug der Sechste der vergangenen Bundesligasaison eiskalt zu: Fabian Frei kam am Sechzehner unbedrängt zum Schuss und traf ins rechte untere Eck (64.

). Verzweifelt stemmten sich die Rot-Blauen gegen das Ausscheiden, der eingewechselte Vitalij Lux verfehlte das Tor im Fallen um wenige Zentimeter (71.). Auch Markus Einsiedler, der Pokalschreck aus der vergangenen Saison, kam noch zum Einsatz. Es folgte eine dramatische Schlussphase: Der einwechselte Yunus Malli erhöhte für Mainz auf 1:3 (88.), dann nahm der Wahnsinn seinen Lauf: Postwendend erzielte Hain seinen zweiten Treffer zum 2:3 (89.). In der Nachspielzeit machte Lux dann nach einem umstrittenen Eckball, den der nach vorne geeilte Torwart Marinovic verlängert hatte, die Verlängerung klar.

Mainz war nun klar feldüberlegen, aber weiterhin oftmals nicht zielstrebig genug. Auf der Gegenseite versandeten die wenigen Konter der jetzt sehr erschöpft wirkenden Hachinger ziemlich schnell. Kurz nachdem der Mainzer Giulio Donati Gelb-Rot gesehen hatte, vergab Hain per Kopf die große Chance, vor dem Elfmeterschießen alles klar zu machen. Bei der Entscheidung vom Punkt war dann Mainz glücklicher.

© SZ vom 22.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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