SpVgg Unterhaching:Dschungelcamp im Landgasthaus

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Sitzschalen doch nicht ausreichend vorhanden: Im Derby gegen den TSV 1860 werden Jim-Patrick Müller mehr Menschen bei seiner Fußballkunst zusehen als hier gegen Münster – der Sportpark ist ausverkauft. (Foto: Claus Schunk)

Vor dem Drittliga-Derby gegen den TSV 1860 München zählt Unterhaching zur Spitzengruppe - und will die unumstößliche Nummer zwei Münchens werden.

Von Christoph Leischwitz

Natürlich war der Trainer der SpVgg Unterhaching am vergangenen Sonntag auch im Grünwalder Stadion, der FC Bayern München II bearbeitet ja praktischerweise jede Woche den nächsten Gegner der SpVgg Unterhaching. "Unwirklich" fand er es, sagt Claus Schromm, dass da unten neben dem Rasen plötzlich der Biero nicht mehr stand, und das findet er auch immer noch. Die Pressekonferenz am Freitag dauert fast eine halbe Stunde, also ungefähr dreimal länger als sonst, und es sind auch etwa dreimal mehr Journalisten gekommen als sonst - Derbyzeit gegen 1860 München. Die Zeit im Jahr, zu der sich wieder etwas mehr Menschen für den Drittligisten SpVgg Unterhaching interessieren. Dass es sonst eher wenige sind, ist allerdings ein wenig ungerecht.

Zum einen liegt es natürlich daran, dass die Hachinger deutlich weniger Fans haben als die Sechziger, weshalb auch keiner so genau weiß, ob Unterhaching am Sonntag (14 Uhr, Sportpark) wirklich ein Heimspiel haben wird (wahrscheinlich nicht). Es liegt aber auch daran, dass bei 1860 München ständig der Trainer und überhaupt die gesamte Existenz infrage gestellt wird. In Unterhaching hingegen geht es harmonischer zu. Vergangene Woche zum Beispiel haben die 5a, die 5b und die 6 b der Mittelschule am Sportpark gebastelt, und zwar Strohengel, zu Ehren des Hachinger Stürmers Dominik Stroh-Engel. Aber wen interessiert das schon. Es ist, als würde man die Einschaltquoten von "Landgasthäuser Alpenseen" und des Dschungelcamps vergleichen.

Trainer Schromm und Präsident Manfred Schwabl kennen die chaotische Sechziger-Welt. Der eine hat von 1994 bis 1997 dort gespielt, der andere war Löwen-Jugendtrainer. Heute lassen sie es ruhiger angehen, auch dann, wenn es einmal schlechter läuft. "Ich wäre letztes Jahr in jedem anderen Verein geflogen", sagt der 50-Jährige über die schlechte Restrunde im Frühjahr 2019.

In der vergangenen Saison stand Unterhaching nach 16 Spielen auf Rang fünf, heuer ebenso. Trotzdem sagt Schromm, dass man "etwas stabiler" als im vergangenen Jahr, stabiler auch als beim Heim-Derby 2018 während der Wiesnzeit, das für die Hachinger glücklich 1:1 endete. Der Kader ist breiter, Verletzungen werden besser aufgefangen. Aktuell fehlen in Marc Endres, Markus Schwabl und Luca Marseiler mehrere Stammspieler. Der frühere Sechziger Stephan Hain war lange verletzt und hat noch nicht zu alter Form gefunden, Spielmacher Sascha Bigalke hat erst sechs Mal über 90 Minuten gespielt - und trotzdem steht die Mannschaft immer noch gut da. "Wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen", sagt Schromm, trotzdem sind sie mit der Entwicklung zufrieden, der Börsengang im vergangenen Sommer sorgte auch finanziell gesehen für Ruhe. Das bedeutet aber auch, dass das Team irgendwann in die zweite Liga aufsteigen muss. Nur eilig haben sie es damit nicht, zumindest im Vergleich zu anderen Vereinen. Auf die Frage, wie man es schaffe, lange auf einem Trainerstuhl zu sitzen, antwortet Schromm: "Wie entstehen Typen?" Doch dadurch, dass sie so sein dürfen, wie sie sind, "mit allen Stärken und Schwächen". So sei es beim Biero auch gewesen. Schromm ist dankbar, dass er in Haching Trainer sein darf. Dass er in den kommenden Wochen Heimspiele gegen 1860, Duisburg und Kaiserslautern erleben kann.

Wer nun eigentlich die Nummer zwei in der Stadt sei, wird Schromm dann noch gefragt. "Da tue ich mich sauschwer", sagt er, und da ist er nicht der Einzige. Gemessen an der Tabelle sei man Favorit, nach dem 0:3 in Magdeburg allerdings spreche die aktuelle "Phase" gegen sein Team. Das letzte Mal gegen die Sechziger gewonnen haben die Hachinger vor 19 Jahren. Schromm sagt, dass sowohl "wir", also Trainer und Mannschaft, als auch die Fans in der Pflicht seien. Mit anderen Worten: Münchens unumstößliche Nummer zwei zu werden, auch auf dem Platz - es wäre aus seiner Sicht allmählich an der Zeit.

© SZ vom 30.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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