SpVgg Unterhaching:Der Spieler mit den vielen Namen

Lesezeit: 3 min

Erfahrung aus 258 Spielen in der ersten, zweiten und dritten Liga: Dominik Stroh-Engel, 33, kam im Sommer vom Karlsruher SC nach Unterhaching. (Foto: Claus Schunk)

Dominik Stroh-Engel, später Zugang vom KSC, war nicht für die Startelf vorgesehen. Gegen Chemnitz aber zeigt der 33-Jährige, wie wichtig er für den Drittligisten werden dürfte.

Von Christoph Leischwitz

Die Zusammenhänge zwischen Relativitätstheorie und Ballbesitz sind noch viel zu wenig erforscht. Wenn zum Beispiel ein bulliger Spieler mit reichlich Schwerkraft am Sechzehner dribbelt, dann müsste sich eigentlich der Raum krümmen. Davon war auch am Montagabend im Unterhachinger Sportpark nichts zu sehen. Aber Albert Einstein und Claus Schromm haben eine Erklärung: "Wenn der Dodo an den Ball kommt, ich weiß auch nicht, dann läuft irgendwie die Zeit langsamer", sagte Schromm am Montagabend nach dem 2:1-Sieg der SpVgg Unterhaching über den Chemnitzer FC. Dieser Dodo bekam in der 51. Minute den Ball am Sechzehnmeterraum, aus unerfindlichen Gründen hatte er jede Menge Platz. Er legte sich den Ball noch einmal vor, blickte auf und setzte den Schuss unhaltbar ins rechte untere Eck. Schromm sagte, Dodo habe diesmal den Unterschied gemacht. Und obendrein die SpVgg wieder zu einem Liga-Schwergewicht gemacht: Haching ist nun Dritter und das beste von fünf bayerischen Teams.

Schon jetzt hat dieser Unterschiedsspieler in Unterhaching mehrere Spitznamen. Als er ausgewechselt wurde und von der Gegengerade an der Südtribüne vorbei zur Ersatzbank ging, riefen die Fans: "Strohnaldo, oho...". Er selbst stellte sich nach dem Schlusspfiff vor mit: "Hallo, ich bin der Dominik von Unterhaching." Dominik Stroh-Engel ist 33 Jahre alt, er hat 258 Spiele aus der ersten, zweiten und dritten Liga in den Knochen, und Trainer Schromm hat ihm prophezeit, dass er in Haching "so fit wie noch nie" werden würde. Er befindet sich offenkundig auf einem guten Weg, denn ursprünglich war der Routinier mit dem Mittelstürmer-Traummaß von 1,97 Metern nicht unbedingt für die Startelf vorgesehen. Gegen Chemnitz aber traf er schon nach 25 Minuten zum ersten Mal. Auch wenn es sich um einen verwandelten Foulelfmeter handelte: dieser musste präzise geschossen werden, weil Chemnitz Torhüter Jakub Jakubov in die richtige Ecke gesprungen war. Ganz zufrieden war Stroh-Engel mit seiner Leistung allerdings nicht: "Ich hätte noch ein paar Bälle mehr halten können. Wenn wir schon unter Druck sind, sollte der Stürmer für etwas mehr Entlastung sorgen."

Stephan Hain spielte das erste Mal seit sechs Monaten wieder

Das viel größere Problem war, dass sich die Hachinger gegen den Tabellenvorletzten überraschend schwertaten, den Ball überhaupt nach vorne zu bringen. "Ich habe in der Analyse gehört, die Hachinger sind spielstark und können den Ball gut zirkulieren lassen", sagte Schromm. Das stimme zwar, aber nur bis Montagabend vor 19 Uhr, und hoffentlich nach 21 Uhr auch wieder. Dazwischen sah es oft so aus, als ob sich die Spieler nicht auf ein gemeinsames Raum-Zeit-Kontinuum einigen konnten: Der Pass lief in die eine, der Mitspieler in die andere Richtung, von Spielaufbau konnte phasenweise keine Rede sein. "Ich weiß nicht, wie lange wir das Glück noch überstrapazieren können", sagte Schromm, aus Hachinger Sicht haben nun schon mehrere Spiele einen glücklichen Verlauf genommen: "Wir wollen immer wir sein, in jedem Moment, wir wollen den Ball, da fühlen wir uns stark. Aber diesmal war das nicht so." Stroh-Engels Kommentar zur Spielschwäche: "Unnötig." Die gute Nachricht sei doch, dass man jetzt Dritter sei und sich trotzdem noch steigern könne. Außerdem spiele er doch lieber "Sch..." und gewinne so ein Spiel 2:1, als dass er gut spiele wie gegen Halle und 0:3 verliert.

Überhaupt bot der glückliche Sieg zahlreiche Möglichkeiten, vieles positiv zu erwähnen, was sonst vielleicht nicht zur Sprache gekommen wäre. Dass man "transfermäßig vieles richtig gemacht" habe, sagte Schromm, nicht nur wegen Stroh-Engel. Dass die Zuschauer trotz der Leistung nicht pfiffen, sondern das Team anfeuerten. "3300 Zuschauer an einem Montagabend - da entsteht was", sagte der Trainer. Selbst die verletzungsbedingte Auswechslung von Stroh-Engel, bei der es sich letztlich nur um eine Vorsichtsmaßnahme handelte, hatte dann noch etwas Positives: Als Stephan Hain vom Aufwärmen zur Bank sprintete, bekam er Szenenapplaus. Der erfolgreichste Hachinger Stürmer der vergangenen drei Jahre feierte dann ein 21-minütiges Sportpark-Comeback nach genau sechs Monaten. "Schön zu spüren, dass man nicht vergessen wurde", sagte er. Das letzte Mal hatte er gegen die SG Sonnenhof Großaspach gespielt, und das ist auch der Gegner am kommenden Samstag um 14 Uhr im Sportpark.

Wenn die Mannschaft es schafft, ihr Kombinationsspiel wieder an die Raumzeit anzupassen, wird dem Erfolg wenig im Wege stehen.

© SZ vom 18.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: