SpVgg Greuther Fürth:Zum Torschuss gewandelt

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Hat sich zwr gestreckt, aber den Ball nicht mehr erwischt: Fürths Torwart Sascha Burchert. (Foto: Jan Huebner/imago)

Durch ein unglückliches Gegentor in letzter Sekunde verpasst Greuther Fürth im Kellerduell gegen den Tabellennachbarn Darmstadt den Sprung aus den Abstiegsrängen.

Von Christoph Ruf

Die emotionalsten Szenen des Spiels ereigneten sich am Sonntag nach Ablauf der regulären Spielzeit. Roberto Hilbert, Alt-Prominenter in Reihen der Fürther, konnte nach dem Schlusspfiff nur mit vereinten Kräften dreier Mitspieler daran gehindert werden, dem Darmstädter Alt-Prominenten Kevin Großkreutz ans Leder zu gehen. Worum es bei dem Zwist ging, war nachher nicht zu ermitteln. Alle Befragten aus beiden Lagern behaupteten, auf dem Platz nichts Erwähnenswertes gehört oder gesehen zu haben. Ebenfalls nach der regulären Spielzeit hatte sich zuvor der zweite Aufreger ereignet. Denn Darmstadt traf in der 94. Minute noch zum 1:1 - und sicherte sich damit einen hochgradig glücklichen Punkt beim Einstand des neuen Trainers Dirk Schuster, der das Team bereits von 2012 bis 2016 anleitete. "Da kriegen wir in der allerletzten Sekunde noch so ein Ei", ächzte Fürths Verteidiger Maximilian Wittek, der zuvor die Führung erzielt hatte (45.).

Zuvor war das Spiel zwischen dem Vor- und dem Drittletzten des Klassements eine Halbzeit lang auf dem Niveau der Tabellenplatzierungen gelegen, ehe Fürth im zweiten Durchgang besser wurde und es Darmstadt überließ, das Spielniveau in bedenkliche Untiefen zu ziehen. Insgesamt war Fürth vor allem spielerisch überlegen, versäumte es aber, die Kontermöglichkeiten, die sich im zweiten Durchgang boten, halbwegs gekonnt zu Ende zu spielen. Besonders der eingewechselte Serdar Dursun stellte sich dabei mehrfach sagenhaft ungeschickt an. Mal versuchte er auf plumpeste Art und Weise, einen Elfer zu schinden, mal übersah er den besser postierten Mitspieler und verlor den Ball. So blieb es bis kurz vor dem Abpfiff beim 1:0 durch einen von Maximilian Wittek toll verwandelten Freistoß (45.), und Fürths Keeper Sascha Burchert war nicht der einzige, der noch in der Nachspielzeit das Gefühl hatte, "dass Darmstadt nicht noch mal zulegt. Da war gar nichts mehr an Druck zu spüren."

Die Fürther versuchen das Positive aus ihrem bemerkenswerten Hinrunden-Finish zu ziehen

So war es, und dennoch endete das Spiel 1:1, weil Altintop in der vierten Minute der Nachspielzeit einen langen Ball in den Fürther Strafraum schlug, der sich irgendwo in der Luft zum Torschuss wandelte und direkt hinter Burchert im Fürther Tor einschlug - ein ebenso sehenswertes wie zufälliges, vor allem aber unverdientes Tor, das heftige Reaktionen hervorrief. Schiedsrichter Tobias Reichel, der die gesamte Partie über gut gepfiffen hatte, wurde es übel genommen, dass er drei Minuten Nachspielzeit angezeigt hatte - und die Zeit dann noch um sagenhafte 30 Sekunden überschritt. "In der Bundesliga gibt es 27 Videobeweise und die spielen dort trotzdem auch nur drei Minuten nach", wusste Fürths Sportdirektor Rachid Azzouzi und unterstellte dem Unparteiischen gar einen "Sehfehler".

Kurzum: Die Suche nach einem Schuldigen fiel im Fränkischen vielleicht etwas ausführlich aus, doch der Ärger war nicht ganz grundlos. Denn so destruktiv und unambitioniert wie Darmstadt in Fürth auftrat, muss jedes andere Ergebnis als ein klarer Heimsieg allergische Reaktionen hervorrufen. Viel Arbeit für den neuen alten Coach Schuster also, der nun das Erbe von Torsten Frings angetreten hat, der nach der Niederlage in Aue entlassen worden war. Am Sonntag spielte der letztjährige Bundesligist jedenfalls mal wieder so schwach, dass man sich kaum vorstellen kann, dass die Qualitäts- und Tempoprobleme des Kaders mit einem Trainerwechsel zu beheben sein werden. Schuster gab dann auch zu, dass es "viele unnötige Fouls" und "spielerische Defizite" gegeben hatte, verlegte sich aber ansonsten auf die Kunst des verbalen Handauflegens, indem er behauptete, er habe "Willen" und "Leidenschaft" bei einem Team gesehen, das im echten Leben nur darauf aus gewesen war, die Fürther Versuche, Fußball zu spielen, durch Fouls zu unterbinden.

Verständlich also, dass die Gastgeber dann doch versuchten, das Positive aus einem Hinrunden-Finish zu ziehen, das Trainer Damir Buric zunächst noch "wie ein Schlag ins Gesicht" vorgekommen war. Sie wurden fündig: Angesichts der Bilanz von zuletzt vier Heimsiegen in Serie und dem Punkt gegen Darmstadt, den Kapitän Marco Caligiuri als "einen gefühlten Sieg" bezeichnete, könne man ja nun doch noch irgendwie optimistisch in die Winterpause gehen, meinte Sportdirektor Azzouzi. Zumindest gefühlt eben, denn in der Tabelle bleibt man Vorletzter. Und das auch noch hinter Darmstadt.

© SZ vom 18.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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