Sportpolitik:DOSB 2014

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Der Deutsche Olympische Sportbund versendet ein Strategiepapier an seine Fachverbände. Doch das vermeintlich neue Papier ist bereits zwei Jahre alt.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Wenige Wochen vor den Spielen in Rio de Janeiro erhielten die Mitgliedsorganisationen des deutschen Sports Post aus Frankfurt. Unter der Überschrift "DOSB 2020" versandte der Deutsche Olympische Sportbund nebst einem Anschreiben von Präsident Alfons Hörmann und Vorstandschef Michael Vesper "Eckpunkte für ein Strategiepapier". Viel Revolutionäres enthielt das 15-seitige Dokument nicht, eher die typische sportpolitische Mischung. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit stärken, das eigene Image verbessern, Olympische Spiele wieder nach Deutschland holen, solche Sachen standen dort als strategische Ziele.

Nun zeigt sich: Das Papier ist nicht nur wenig revolutionär, sondern auch etwas älter. Der DOSB bestätigte auf SZ-Anfrage, dass es bereits im April 2014 inhaltlich in der nun verbreiteten Form existierte - also mehr als zwei Jahre, bevor es an die Fachverbände versandt wurde. Es gab danach nur noch redaktionelle Bearbeitungen.

Seit Februar arbeiten Berater an einer Effizienzanalyse

Das ist bemerkenswert, denn in den vergangenen zwei Jahren hat sich in der Sportpolitik national wie international viel getan. In Hamburg scheiterte auch die zweite deutsche Olympia-Bewerbung nacheinander am Nein der Bevölkerung. Das Image der großen Sportverbände verschlechterte sich noch weiter. Und die Doping-Enthüllungen in Russland und andernorts lösten ein gewaltiges Beben aus. Aber das schien offensichtlich egal zu sein: Die DOSB-Spitze verschickte im Juni 2016 trotzdem ein Strategiepapier aus dem April 2014.

Es ist unabhängig von jeder inhaltlichen Wertung die Frage, warum der DOSB solch ein Papier erstellt, es mehr als zwei Jahre für sich behält und in einer stark veränderten sportpolitischen Landschaft in unveränderter Form präsentiert. Eine richtige Antwort darauf gibt es nicht. Der DOSB teilt mit, dass das Papier "anlässlich des Abschlusses der Ernst & Young-Untersuchung verschickt wurde, um die notwendige Strategiediskussion in den Verbänden zu unterstützen". Die Unternehmensberatung Ernst & Young führte im DOSB seit Februar eine Effizienzanalyse namens "Anstoß 2016" durch. In einem Zwischenbericht wurden Urteile von Mitgliedsorganisationen und Vertretern aus der Sportwelt gesammelt, unter anderem heißt es: "Es fehlt beim DOSB daran, was Strategie sein könnte." Angeblich kam bei dieser externen Analyse quasi nebenbei heraus, dass beim Dachverband ein Papier herumliegt. Der DOSB geriet offenkundig in die Verlegenheit, überhaupt mal etwas zum Thema Strategie zu verschicken.

Bemerkenswert ist noch etwas anderes. Aufs Schreiben aus dem Juni 2016 druckte der DOSB "Entwurf". Präsidium und Vorstand hätten bewusst noch keinen Beschluss gefasst und das Papier bisher nicht in der Mitgliedschaft verteilt, um nicht in den Verdacht zu geraten, die Analyse von Ernst & Young "durch Vorfestlegungen zu steuern", hieß es.

Plötzlich ist von einem "Entwurf" die Rede

Im April 2014 las sich das noch anders. Damals wurde das Papier "DOSB 2020" schon mal verteilt, allerdings nicht an die Mitgliedsorganisationen, sondern an die Mitarbeiter der Geschäftsstelle. In Vespers damaligem Anschreiben hieß es, das Präsidium habe "auf seiner Klausurtagung vom 4. April 2014 das beiliegende Papier verabschiedet, das uns allen Orientierung für die Arbeit des DOSB in den nächsten Jahren geben soll. Ich freue mich, dass wir damit hoffentlich über ein gemeinsames Verständnis dessen verfügen, was auf uns zukommt und wichtig ist." Das klingt eher endgültig, von Entwurf und von Diskussionen ist jedenfalls nicht die Rede.

Der DOSB teilt zu diesem Widerspruch mit, Vespers damaliges Anschreiben sei ungenau formuliert gewesen. Laut Protokoll der entsprechenden Klausursitzung habe das Präsidium das Papier zur Kenntnis genommen und das Direktorium gebeten, "es vor dem Dialog mit den Mitgliedsorganisation zunächst an die Mitarbeiter/innen der Geschäftsstelle weiterzuleiten und um Anregungen zu Ergänzung/Änderung zu bitten". Nach etwas mehr als zwei Jahren erreichte das Papier nun quasi ergänzungs- und änderungsfrei die Mitgliedsorganisationen.

© SZ vom 30.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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