Sportpolitik:Der DOSB muss sparen

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Alfons Hörmann ist seit 2013 DOSB-Präsident. (Foto: Fabian Strauch/dpa)

Auch dem Sportdachverband setzt die Corona-Lage finanziell zu. Über allem schwebt die Frage, welche Konsequenzen eine Komplett-Absage der Sommerspiele hätte. Doch der DOSB agiert nicht transparent.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Wenn sich in den vergangenen Jahren bei Mitgliederversammlungen des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) die Tagesordnung dem Thema Finanzen näherte, konnte es vorkommen, dass sich der Saal etwas leerte und dafür die Schlange an der Kaffeebar wuchs. Das wird diesmal sicher anders sein. Der Konvent am Samstag findet coronabedingt nur virtuell statt. Zugleich gibt es reichlich Anlass für die Delegierten, beim Finanzthema diesmal besonders aufmerksam zu sein.

Wie so vielen anderen Verbänden setzt auch dem DOSB die Corona-Lage finanziell zu. Einnahmen bleiben aus, er muss kräftig sparen. Wie schwierig die Situation genau ist, bleibt aber unklar, weil der DOSB nicht transparent informiert. Über allem schwebt die Frage, welche Konsequenzen es hätte, falls die ins Jahr 2021 verlegten Sommerspiele von Tokio komplett ausfallen.

Der DOSB-Kernhaushalt liegt normalerweise bei zirka 20 bis 25 Millionen Euro - je nachdem, ob der Sport in einem Olympia-Jahr steckt oder nicht. Dabei gibt es drei große Ertragsquellen: Mitgliedsbeiträge, Glücksspielerträge und Vermarktung, worunter insbesondere die Einnahmen rund um Olympia fallen. Fürs nächste Jahr muss der DOSB gegenüber dem 2020-Plan abspecken. Bei den Mitgliedsbeiträgen sind vier statt 4,4 Millionen Euro vorgesehen, bei den Vermarktungserlösen 10,7 statt 11,7. Dafür ist geplant, knapp eine Million Euro aus der Rücklage zu nehmen. Zudem spricht der DOSB in der Beschlussvorlage zum Wirtschaftsplan von "deutlichen Sparmaßnahmen in allen Bereichen".

Aber wie überall sind Zahlen in der Corona-Zeit volatil. Insbesondere eine Absage der Tokio-Spiele würde gravierende Folgen haben. Dann könnten Leistungen, die den Sponsoren zugesichert sind, nicht mehr erbracht werden. Auch sind die Millionen fraglich, die der DOSB wie alle anderen nationalen Olympia-Komitees aus dem großen Topf des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) erhält. Über deren exakte Höhe wird traditionell geschwiegen, auch gegenüber den Delegierten. Dabei wäre Transparenz für die DOSB-Mitglieder gerade jetzt besonders wichtig.

Aber der DOSB bleibt seiner Linie treu. Auf konkrete Fragen zu den erwarteten Mindereinnahmen bei einem Tokio-Ausfall oder den Risiko-Szenarien, die er nach eigener Auskunft ausgearbeitet hat, gibt es nur eine allgemeine Antwort. Das DOSB-Risikomanagement werde "seit Jahren sehr professionell und erfolgreich in enger Zusammenarbeit zwischen dem Vorstand und dem Präsidium umgesetzt". Im laufenden Jahr seien "insbesondere die vielschichtigen Corona-Auswirkungen intensiv analysiert und diskutiert" worden. Die Ergebnisse werde man in den anstehenden Konferenzen und im Rahmen der Mitgliederversammlung des DOSB kommunizieren.

Jedoch ist die wirtschaftliche Situation des DOSB nicht erst seit Corona ein Thema. Schon vor vier Jahren stellte die Beratungsfirma Ernst & Young in einer Untersuchung "Schwachpunkte in der Wirtschaftlichkeit" fest. "Maßnahmen auf der Kostenseite sowie eine Optimierung der Erlöse", so hieß es, könnten dazu beitragen, "das langjährige strukturelle Defizit des DOSB nachhaltig auszugleichen bzw. den Haushalt dadurch in eine stabile Lage zu versetzen". Die Rechnungsprüfer wiederum empfahlen erst vor zwei Jahren, die Rücklagen mittelfristig aufzufüllen. Stattdessen muss der DOSB jetzt diese Rücklage anzapfen.

Zugleich wirft der Umgang des DOSB mit der "Stiftung Deutscher Sport" erneut Fragen auf. Diese Organisation erzeugt schon lange den Vorwurf, dass sie wie eine zweite Kasse des DOSB wirkt, die der Verband nach Belieben einsetzen kann - wobei dieser stets beteuerte, dass alles korrekt ablaufe. Die Deutsche Sport Marketing (DSM), die für die Vermarktung des Verbandes zuständig ist, ist eine hundertprozentige Tochter dieser Stiftung. In den vergangenen Jahren wurde sie fleißig befüllt. 2019 zum Beispiel stellte der DOSB 1,9 Millionen Euro ein. Der Grund? "Um dem Stiftungszweck, der Förderung des gemeinnützigen deutschen Sports, zu dienen", so der DOSB: "Zu den aktuell geförderten Zukunftsprojekten zählt beispielsweise die Vereinskampagne ,Support Your Sport'".

Ein ordentlicher siebenstelliger Betrag fließt in die Stiftung - aber der DOSB nennt als Verwendungszweck lediglich eine Vereinskampagne. Wie teuer ist diese Kampagne? Warum wird sie über die Stiftung finanziert und nicht direkt über den DOSB? Und warum sind für 2020 schon wieder 900 000 Euro für die Stiftung vermerkt?

All das beantwortet der DOSB nicht. "Die Ergebnisse und Aktivitäten der Stiftung Deutscher Sport werden im dafür zuständigen Stiftungsrat regelmäßig reflektiert", sagt er nur. Dieser Stiftungsrat ist qua Satzung personengleich mit dem DOSB-Präsidium. Die Einnahmen und Ausgaben der Stiftung aus dem Jahr 2019 sind noch nicht veröffentlicht. Laut DOSB sollte der Jahresabschluss bei einer Sitzung am Donnerstag festgestellt und dann "in der Folgewoche" veröffentlicht werden. Dabei wäre das sicher etwas, was die Delegierten schon zur Mitgliederversammlung interessieren würde.

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