Sport-Lexikon (2): Peroneussehne:Petric und das Retinakulum

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Fußball-Verletzungen tragen immer skurrilere Namen: Der Hamburger Mladen Petric fällt drei Monate aus, weil die Führung der Peroneussehne riss.

Andreas Thieme

Fragt man Mediziner nach der am häufigsten auftretenden Verletzung bei den sogenannten Lauf- und Sprungsportarten, also auch beim Fußball, dann sind sie sich schnell einig: Betroffen sind zumeist die Bänder. Knickt ein Sportler etwa mit dem Knöchel um, zieht das nicht nur einen brennenden Schmerz (beim Spieler wie beim Zuschauer) nach sich, sondern auch eine augenblickliche Schwellung, die das verletzte Gewebe um den lädierten Knöchel bis auf die doppelte Größe auswuchern lassen kann. "Trauma" nennen Sportmediziner das.

Früher, in Zeiten der Ascheplätze und Oberlippenbärte, fanden Bänderverletzungen quasi nicht statt. Eine Überdehnung des Bandapparates galt da als Äquivalent zu "sich den Fuß vertreten". War dieser gar nach Tagen noch geschwollen, war er eben "verstaucht". Als Ausrede für eine Trainingspause galt das nicht: Wenn Eisspray oder Kühlpackung nichts halfen, wurde eben kurzerhand ein Tape-Verband für das nächste Spiel angelegt. So wie bei Martin Max: Der frühere Schalker trat trotz dreifacher Bandruptur im oberen Sprunggelenk (OSG) noch zum Elfmeterschießen im Uefa-Cup-Finale 1997 an - und traf. "Euro-Fighter" durfte er sich fortan nennen.

Sensible Sehnenführung

Heute sind Verletzungen akzeptierter und die Diagnosemöglichkeiten fortgeschrittener. Ein dicker Knöchel ist längst nicht mehr automatisch eine Bänderdehnung - dem Kernspintomographen sei Dank. Nun wurde beim Hamburger Mladen Petric kürzlich ein Riss der Führung der Peroneussehne im rechten Sprunggelenk diagnostiziert, gepaart mit der Schreckensmeldung: Für ihn ist die Hinrunde gelaufen. Und man fragt sich: Was hat der Mann denn eigentlich?

"Die Peroneussehne besteht aus zwei Sehnenteilen, die dem oberen und unteren Wadenbein entspringen und um den Außenknöchel herum verlaufen", sagt der Münchner Orthopäde und Sportmediziner Tim Kinateder. In einer gemeinsamen Sehnenscheidentasche liegend, werden beide Teile dort vom oberen und unteren Retinakulum fixiert, einem Bändchen, das die Sehnenteile um den Außenknöchel polstert.

"Knickt ein Spieler bei gleichzeitiger Muskelspannung im Fuß um, können die Retinakula reißen", erklärt Kinateder. Die Folge: Beide Sehnenteile rutschen hinter dem Außenknöchel heraus und der Sehnenverlauf wird instabil. "Das ist auf jeden Fall schwerwiegender als ein Außenbandriss", so der Mediziner, der die Verletzung als eher selten einstuft.

Die Sehnenführung reiße nur in einem von etwa 25 Fällen des Umknickens. Und da hilft nun weder ein fester Schuh, noch ein Tape-Verband und auch nicht das beliebte Eisspray, sondern nur "eine Operation, in der die Retinakula wieder angenäht und die Sehne fixiert wird". Nur dadurch wird gewährleistet, dass der Patient Petric irgendwann einmal wieder eine Plantarflektion hinbekommt. Nein, keine orientalische Schusstechnik, das ist der volkstümliche Zehenspitzenstand.

Petric hat Glück im Unglück: Denn im Falle eines kompletten Risses der Sehne selbst, deren längerer Teil (Peroneus longus) unter der Fußsohle entlang führt und im ersten Fußknochen mündet, hätte er wohl ein halbes Jahr nicht mehr den Fußballplatz betreten. So sind es nur etwa drei Monate, "bis er wieder mit Vollspann aufs Tor schießen wird", sagt Kinateder. Je nach Heilungsverlauf natürlich. Die Koordination kommt aber nur langsam zurück.

Die Schwierigkeit bestehe darin, dass - im Unterschied zum Außenbandriss - der Fuß wesentlich länger ruhig gestellt werden muss, auch Wochen nach der OP noch nicht gestreckt oder gebeugt werden darf, damit der Sehnenverlauf wieder zusammenwachsen kann. "Ein Tourist würde wohl sechs Wochen lang einen Gips angelegt bekommen."

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