Spanien:Arzt statt Stürmer

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Diego Cervero hat in dieser Saison schon sechs Tore für seinen Verein in der dritten Liga geschossen. Aber er hat auch Medizin studiert - und will nun helfen.

Von Laura Inderbitzin

Diego Cervero hat in seinem Leben viele Tore geschossen. 43 für den spanischen Zweitligisten Real Oviedo, 24 für CD Mirandes, 13 für UD Logroñés. Sechsmal in sechs Spielen, so oft hat er in diesem Jahr getroffen, seitdem er für den FC Barakaldo in der dritten Liga spielt. Doch Tore schießen ist nur ein Teil seines Lebens. "Medizin", sagt er, "ist eine Berufung".

Viele Fußballer helfen in der Corona-Krise mit Spenden, manche helfen auch mit Taten, Javi Martinez vom FC Bayern ging in Grünwald mit dem Roten Kreuz auf Einkaufstour. Doch Cervero, 36, möchte darüber hinausgehen. In seinem Team wird er "Doc" genannt. Er hat einen Abschluss in Medizin. Und deshalb, so erzählte er es dem britischen Guardian, habe er das Gefühl, helfen zu müssen. Als Arzt.

Am 11. März wurden er und seine Teamkollegen vom Klub kollektiv in Quarantäne geschickt. "Als ich dann mit meinem Vater, der 45 Jahre lang Arzt war, und mit Mediziner-Kollegen gesprochen habe, merkte ich: Verdammt, das ist schlimm", sagt er. Sein Vater war ebenfalls Profisportler: Rafael Cervero hatte als Hammerwerfer in den Fünfzigerjahren Ambitionen, sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren - dann entschied er sich für ein Berufsleben als Arzt.

Diego Cervero, der Sohn, hat seine Karriere auch am Medizinstudium ausgerichtet, darauf deutet jedenfalls sein Lebenslauf hin. Sieben Jahre lang studierte er an der Universität in seiner Geburtsstadt Oviedo. Weil er bis jetzt immer als Profifußballer arbeitete, hat er zwar noch keine Zulassung erhalten und als Arzt keine praktische Erfahrung. "Aber das ist jetzt nicht mehr wichtig. Da es im Gesundheitssystem mehr Leute braucht, haben die Behörden die Gesetzeslage kurzfristig geändert und auch ich könnte helfen", sagt er. Bereits Mitte März bot er seine medizinische Unterstützung in der Corona-Krise öffentlich auf den Kanälen vom FC Barakaldo in den sozialen Medien an.

Dass es ihm mit diesem Angebot wirklich ernst ist, zeigte er danach. Er postete nicht nur das Video mit seinem Hilfsangebot in den sozialen Medien, sondern er führte auch unzählige Telefonate, schrieb Mails und Briefe an Krankenhäuser, Gesundheitsbehörden, Hochschulen und andere medizinische Einrichtungen. "Ich habe nicht das Wissen eines normalen Arztes, aber ich kann alles tun: Betten herumfahren, Verbände wechseln, telefonieren, Temperaturen messen, putzen", sagt er. "Ich würde überall hingehen", ja, auch nach England, antwortete er dem Guardian auf die entsprechende Frage.

Bis jetzt hat er noch keine positive Antwort erhalten. Mehrere Behörden hätten ihm für sein Angebot gedankt, aber gesagt, dass sie derzeit niemanden Zusätzliches brauchen. Doch Cervero wird wohl weiter seine Hilfe anbieten. Und ans Fußballspielen denkt er offenbar noch nicht wieder.

Er war gut in Form vor der Saisonunterbrechung, eines seiner Tore schoss er Anfang Februar gar spektakulär von kurz hinter der Mittellinie. Aber wenn er über die Pläne der Fußballbranche spricht, den Betrieb mit zahlreichen Sicherheitsvorkehrungen und einer hohen Anzahl an Corona-Tests wieder aufzunehmen, dann fragt er: "Was ist mit der Oma, die den Test viel drin­gender braucht?"

© SZ vom 26.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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