Skispringer Martin Schmitt:"Ich will wissen, ob ich das hinkriege"

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Martin Schmitt kann sich Weltmeister und Weltcupsieger im Skispringen nennen, der einstigen Form springt er jedoch seit langem hinterher. Im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" spricht er über seine Rolle in der Phase der deutschen Skisprungkrise ab 2003. Und seine Motivation, selbst im zweitklassigen Continentalcup noch weiterzumachen.

Konzentration im Aufwärmraum: Martin Schmitt, ein Weltklasse-Skispringer und mit 34 Jahren immer noch dabei. (Foto: Reuters)

Martin Schmitt träumt nicht. Er arbeitet nach seiner Entscheidung, auch mit 34 noch Skispringer sein zu wollen. "Es ist mein Projekt: Was ist noch möglich?", sagt der zweimalige Gesamtweltcupsieger (1999, 2000) und zweimalige Doppelweltmeister (1999, 2001) im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung und offenbart einen ziemlich klaren Blick auf seine Aufgabe für diesen Wettkampfwinter.

Bundestrainer Werner Schuster hat ihn vor dem Weltcup-Auftakt an diesem Wochenende in Lillehammer nicht für sein siebenköpfiges A-Team nominiert. Schmitt muss sich über Auftritte im zweitklassigen Continental Cup für höhere Aufgaben empfehlen und er nimmt diese Herausforderung an. "So wie ich im Sommer gesprungen bin, kann ich keinen Anspruch auf einen Startplatz haben. Ich will ja selbst meine Leistung bringen, und ich weiß, dass es möglich ist. Ich habe gewisse Qualitäten, aber in gewissen Bereichen vom Sprung bin ich nicht auf der Höhe der Zeit. Und da ist die Frage: Gelingt es noch mal, dass ich meine Stärken im Flug ausspielen kann? Das ist kein Selbstläufer, aber es kann funktionieren und das hat für mich genügend Reiz, dass ich das probieren will", sagt er.

Von sechs zu zwei Zentimetern

Eine Erfolgsgarantie, auch das weiß Schmitt, gibt es nicht: "Es kann sein, dass ich mich auf die neue Regel nicht mehr einstellen kann. Dann sagt natürlich jeder: Haben wir ja gleich gesagt. Aber davon kann man die Entscheidung nicht abhängig machen, ob man weitermacht."

Mit der neuen Regel meint Schmitt die jüngste Reform der Anzugmaße durch den Weltskiverband Fis. Sechs Zentimeter Raum durften bis zur vergangenen Saison zwischen Anzugstoff und Körper sein, jetzt nur noch zwei Zentimeter. Der Anzug liegt fast an, was die Springer viel Tragfläche für die Luftfahrt kostet. "Das macht es gerade für mich nicht so einfach", sagt Schmitt, "und speziell bei mir wird ein gewisses Fehlerbild härter bestraft als früher. Wenn ich nicht sauber abdrücke vom Absprung, fällt der Körper in der ersten Flugphase gleich ein bisschen auf den Ski drauf. Mit den weiten Anzügen konnte ich das noch etwas kompensieren. Das geht jetzt nicht mehr."

Zu seiner besten Zeit war das Material noch anders, Schmitts Fähigkeiten im Flug kamen damals besser zum Tragen. Heute ist ein kraftvollerer Absprung verlangt, den Schmitt noch nicht konstant abrufen kann. Motivationsprobleme hat er trotzdem keine, sagt er. "Skispringen hat halt eine gewisse Faszination für mich, und diesen Reiz hat es nicht eingebüßt. Warum, weiß ich nicht. Mich interessiert das einfach. Ich will das für mich wissen, ob ich das hinkriege. Ich weiß, was ich in meinem Sprung verändern muss, und die Frage ist: Gelingt mir das?" Furcht vor der Zeit nach dem Karriereende habe ihn jedenfalls nicht zum Weitermachen bewogen: "Man schiebt es ja wirklich nur auf. Ich weiß, dass irgendwann Schluss ist." Im Oktober hat er in Köln mit der Diplomtrainerausbildung angefangen.

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Die früheren Sieger des traditionsreichen Skisprungvierkampfes waren allesamt wagemutig - manch einer auch abseits des Sports. Von Offizieren, Häftlingen und Maskenträgern.

"Das hätte besser laufen können"

Schmitt äußert sich auch nachdenklich über seine eigene Rolle in der Phase der deutschen Skisprungkrise ab 2003 unter den Bundestrainern Wolfgang Steiert und Peter Rohwein. "Wahrscheinlich gab es schon Jahre, in denen ich mein Potenzial nicht voll ausgeschöpft habe. Und natürlich denkt man manchmal dran, ach, das hätte besser laufen können. Aber letztendlich macht man es sich zu einfach, wenn man sagt: Der ist schuld oder der. Man war Teil dessen und hätte es selbst in der Hand gehabt, es besser zu machen."

Die Anstellung von Schuster als Chefcoach sieht Schmitt als entscheidenden Grund für den Aufschwung der vergangenen Jahre. "Werner Schuster hat uns von Anfang an das Vertrauen gegeben, das war wichtig. Parallel hat er es geschafft, alle auf eine Linie zu bringen, ein klares Nachwuchskonzept zu starten und wieder eine Identität zu schaffen für das Skispringen in Deutschland, eine einheitliche Philosophie. Wie wollen wir springen? Was sind die Eckpunkte? Und dann hat er ruhig und konzentriert an den Grundlagen arbeiten lassen."

Das komplette Interview lesen Sie in der Freitagsausgabe der Süddeutschen Zeitung und auf dem iPad.

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