Skispringen:Festgefroren

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Der Schweizer Simon Ammann, zweimal Doppel-Olympiasieger, muss wegen des Windes eine Viertelstunde auf seinen zweiten Sprung warten. Am Ende ist er froh, gelandet zu sein.

Von Volker Kreisl

Wie kalt sind minus 13 Grad? Greift man in ein Gefrierfach, ist es kaum der Rede wert. Schaut man anderen Menschen bei einem spannenden Skispringen zu, lassen sich minus 13 Grad in warmer Montur locker aushalten. Aber oben - auf einer Schanze, die über einem Hügel über dem weiten Land thront, bei zunehmendem Wind und ohne Daunenmantel oder Wärme-Pads?

Viel wird über Rekorde geredet, über Siege und Rennverläufe; im Finale von der Kleinschanze in Pyeongchang bot der Schweizer Simon Ammann nun einen Wettkampf im Wettkampf, ähnlich mitreißend wie das Springen selbst, mit allem Drum und Dran: Auftakt, unerbittlicher Gegner, nahendes Scheitern, Sieg, Applaus.

Ammanns Gegner waren die Elemente und Gewalten des Skispringens: Wind, Wetter und Jury. Als er auf den Balken ging, wehte es sogleich von unten, dann wurde er zurückgeschickt, stand neben dem Balken, es flaute wieder ab; Ammann musste wieder auf den Balken, der Wind drehte auf, und so weiter. Sechsmal ging das so, eine knappe Viertelstunde lang. Ammann hat viel Erfahrung, er ist zweimaliger Doppel-Olympiasieger (2002 und 2010), aber dies war auch neu für ihn.

Ist ein Springer mal durch die Materialkontrolle gegangen, darf er sich nicht mehr ruckartig bewegen. Zu viele Kollegen hatten früher mit heimlichen Zupfern den Stoff ausgeleiert und so die Tragfläche erweitert. Wer aber kurz vor dem Sprung zupft oder sich stretcht, fliegt raus. Somit stand Ammann im Wind, starr wie eine Säule, bis irgendwann der Materialchef Sepp Gratzer ihm eine Decke umlegte und rubbelte.

Nicht nur die Umstehenden, die Jurymitglieder im beheizten Turm sowie die Fernsehzuschauer im kuscheligen Wohnzimmer sorgten sich um den 36 Jahre alten Schweizer, auch er selbst tat das: "Ich hoffte, dass ich wenigstens noch die Beine bewegen kann", dachte er, als er dann wirklich losfahren durfte. Er landete dann aber sicher und gar nicht schlecht. Ammanns Viertelstunde hat aber vielleicht auch etwas Gutes. Womöglich denkt der Weltverband Fis über eine Neuerung nach: einen Heizpilz auf der Schanze.

© SZ vom 12.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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