Ski-WM: Riesenslalom der Männer:Der wilde Reiter

Lesezeit: 3 min

Mit einem famosen zweiten Lauf gewinnt der Amerikaner Ted Ligety den Riesenslalom bei der Ski-WM in Garmisch. Zwei junge Deutsche hingegen machen Hoffnung für die Zukunft.

Thomas Hummel

Wenn Aksel Lund Svindal und seine Freundin Julia Mancuso mal nicht mehr Ski fahren, dann muss man sich um sie dennoch keine Sorgen machen. Wenn sie es schlau anstellen, dürften sie nach ihrer Sportkarriere mehr verdienen, als zuvor. Sie müssen nur Seminare geben mit dem Thema: Wie bringe ich die beste Leistung, wenn es darauf ankommt? Auf das Skifahren übersetzt: Wie fahre ich bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften meine schnellsten Rennen?

Weltmeister im Riesenslalom: Ted Ligety aus den USA. (Foto: AFP)

Mancuso hat schon vier WM-Medaillen und drei Olympiamedaillen (einmal Gold in Turin 2006) gewonnen. Svindal steht bei drei Olympia-Medaillen (einmal Gold) und am Freitag sollte die siebte WM-Medaille dazukommen, nach dem ersten Lauf sah es gar nach der fünften Goldenen aus. Doch dann zeigte auch der 28-jähriger Norweger, dass er keine Edelmetall-Maschine ist: Svindal machte im zweiten Durchgang einige Fehler und fiel noch auf Platz vier zurück.

Vielleicht erlag der normal so nervenstarke Svindal diesmal dem Druck der Konkurrenz. Der Franzose Cyprien Richard, Siebter nach dem ersten Durchgang, und der Amerikaner Ted Ligety, am Vormittag Vierter, warfen sich mit vollem Risiko in die Kandahar-Piste, ritten über die unruhige Piste wie ein Geländewagen bei der Dakar-Rallye und legten Zeiten vor, an denen die Besten im ersten Lauf scheiterten.

Der Amerikaner kam acht Hundertstel Sekunden vor dem Franzosen ins Ziel, was schließlich zur Goldmedaille reichte. "Ich dachte, ich hab das Rennen verloren, weil der Schnee so schwierig war", sagte Ligety. Nach Gold in der Kombination von Turin 2006 errang er in Garmisch-Partenkirchen seinen zweiten großen Titel. In diesem Jahr führt der 26-Jährige aus Salt Lake City nach drei Siegen den Riesenslalom-Weltcup an.

Dahinter feierten die vielen Zuschauer aus Österreich den dritten Platz von Philipp Schörghofer (43 Hundertstel zurück) wie einen Sieg. "So ein Tag, so wunderschön wie heute" hallte von der Tribüne nach der zweiten Medaille für das rot-weiß-rote Männerteam. Dieses hatte ja zuvor die Verletzungen von Marcel Hirscher, Benjamin Raich und Hannes Reichelt zu beklagen.

Der große Verlierer des zweiten Durchgangs hieß neben Svindal Ivica Kostelic, der als Dritter des Vormittags den zweiten Lauf fast verschlief. Da kamen Zweifel auf, ob der Kurzurlaub in der vergangenen Woche zu Hause in Kroatien den Gesamtweltcup-Führenden nicht doch ablenkte. Ebenso fielen die Schweizer Didier Cuche und Carlo Janka zurück, beide waren allerdings angeschlagen. Cuche fuhr mit einem Daumenbruch, Janka wird bald am Herzen operiert.

Ski alpin
:Bode Miller - Stuntman auf Skiern

Bei jedem Rennen ein neues Spektakel: Bode Miller flog gerne mal durch die Gegend. Jetzt beendet er seine Karriere. Seine spektakulärsten Fahrten.

Die Handicaps wirkten sich offenbar aus, denn Handicaps durfte man sich auf der sehr schweren Kandahar-Piste auf keinen Fall erlauben. So mussten die Fahrer bei Mitte des Kurses über den "Freien Fall", einer Stelle, bei der Otto Normalskifahrer nichts anderes tun kann, als sich vor Schreck einfach hinfallen zu lassen. 92 Prozent steil geht es da hinunter, und während die Abfahrer dort zum Flug ansetzen konnten, sollen die Riesenslalom-Profis hier auch noch Kurven fahren.

Der Start der beiden Durchgänge war wegen des starken Nebels am Morgen etwas nach unten verlegt worden. Vor dem zweiten Lauf streuten die Pistenarbeiter wieder Salz auf die Kandahar-Strecke, weil bei plus drei Grad Celsius der Schnee zu schmelzen drohte und damit die Bedingungen für die später startenden Läufer schlechter werden würden. Alle Läufer aber schwärmten fast von der Piste. "Die Piste ist super, wenn man schaut, wie lange es nun schon warm ist", sagte Schörghofer.

11.000 Zuschauer in der Arena veranstalteten wie in den Tagen zuvor ein Lärm- und Partyspektakel. Dabei hatte kein deutscher Läufer eine Chance auf eine Medaille. Felix Neureuther war am Vormittag zunächst stark unterwegs gewesen, an der Zwischenzeit nach dem Freien Fall hatte der Slalom-Spezialist nur 47 Hundertstel Sekunden Rückstand, doch als die die schwierigste Passage hinter ihm lag, rutschte er am Innenski aus und verlor vor dem flachen Schlussstück das Tempo. Am Ende waren es 2,37 Sekunden Rückstand und ein fassungsloser Blick bei Fahrer und Betreuern.

"Ich bin in eine Rille reingekommen und am Schuh ausgerutscht. Ausgerechnet an der blödesten Stelle", klagte Neureuther. Der 26-Jährige kam schließlich auf Platz 33, dennoch will er von einer Auswirkung auf den Slalom am Sonntag nichts wissen: "Einen Knacks gibt's auf keinen Fall. Die Vorfreude ist schon extrem groß. Und irgendwann ist das Glück auch auf meiner Seite."

Besser machten es Fritz Dopfer und der 18-jährige Stefan Luitz. Luitz durfte als Perspektivfahrer dabei sein und kam im ersten Lauf völlig überraschend auf Rang 18. Auch am Nachmittag lag er bei der Zwischenzeit noch vorne, geriet im Freien Fall dann aber in arge Probleme und auf Rang 28 zurück. Der Glaube, hier wachse eine neue Männer-Hoffnung im DSV heran, wurde damit aber nicht getrübt. "Am Anfang war ich schon ein wenig enttäuscht, der Fehler war schade. Aber dann habe gesehen, was hier im Stadion los ist. Das passt schon.", sagte Luitz bei seinem vielleicht ersten Fernseh-Interview in der ARD.

Auch Dopfer war nach Platz 13 im ersten Lauf sehr zufrieden, seine beste Platzierung in einem Weltklasse-Rennen. Im zweiten Durchgang verpasste der 23-Jährige dann im unteren Teil eine bessere Platzierung und kam schließlich mit 1,41 Sekunden Rückstand auf Ligety auf Platz 15.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: