Siebenkampf bei Olympia:Alle jagen Jessica Ennis

Etwas mehr als die Hälfte ist absolviert - und im Siebenkampf dominiert wie erwartet Jessica Ennis. Die Britin soll vor ihrem Heimpublikum zum Gesicht der Spiele in London werden. Zu Beginn des Wettkampfs beeindruckt sie mit einer spektakulären Bestzeit - auch danach ist sie kaum zu stoppen. Zwei Deutsche liegen noch im Rennen um eine Medaille.

Jürgen Schmieder, London

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Etwas mehr als die Hälfte ist absolviert - und im Siebenkampf dominiert wie erwartet Jessica Ennis. Die Britin soll vor ihrem Heimpublikum zum Gesicht der Spiele in London werden. Zu Beginn des Wettkampfs beeindruckt sie mit einer spektakulären Bestzeit - auch danach ist sie kaum zu stoppen. Zwei Deutsche liegen noch im Rennen um eine Medaille. Von Jürgen Schmieder, London Lilli Schwarzkopf hat bei diesen Olympischen Spielen das, was man im Sport gerne einen Lauf nennt. Man darf auch bei Schwarzkopf "Lauf" sagen, obwohl sie als Siebenkämpferin auch einen Wurf oder einen Sprung haben könnte. Fünf Disziplinen sind beim Siebenkampf nun vorbei, Schwarzkopf gelangen zwei persönliche Bestleistungen und drei Saisonbestmarken - die letzte am Morgen beim Weitsprung, als sie mit 6,30 Metern nur sieben Zentimeter unter ihrem weitesten Sprung blieb.

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"Ich bin vielleicht in der Form meines Lebens", sagte Schwarzkopf, beschwerte sich aber sogleich, dass ihr Vater und Trainer Reinhold sie nicht betreuen darf: "Ich bin total sauer. Ich bräuchte meinen Trainer da unten und nicht den Bundestrainer. So viel leisten zu müssen und dann auf sich allein gestellt zu sein, ist echt hart. Ich bin doch keine Maschine." Durch den Weitsprung rückte sie vor auf Platz sechs, der Rückstand auf den Bronze-Rang beträgt 69 Punkte. Ihre beste Disziplin, das Speerwerfen, folgt direkt im Anschluss.

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Jennifer Oeser schaffte 6,07 Meter und liegt nun mit 4660 Punkten auf Rang 13. "Bei meiner Vorgeschichte ist das ein kleines Wunder", sagte Oeser, die in der Vorbereitung auf die Spiele in London immer wieder verletzt gewesen war. Julia Mächtig kam nach zwei ungültigen Versuchen nur auf 4,06 Meter. Die Goldgewinnerin von 2008, Natalia Dobrynska, versemmelte auch ihren dritten Versuch und kam auf 3,70 Meter.

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Jessica Ennis dagegen befindet sich auf dem Weg, bei diesem Wettkampf die 7000-Punkte-Marke zu erreichen. Am ersten Tag, ihrem traditionell stärkeren, schaffte sie mit 4158 Punkten den höchsten Wert, die jemals bei einem Siebenkampf am ersten Tag erzielt wurde. Bei ihrem zweiten Versuch im Weitsprung schaffte sie 6,48 Meter und liegt bei 5159 Zählern. Überhaupt, Ennis - wer ...

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... am Freitag mit dem Flugzeug nach London kam, der konnte - so er einen Fensterplatz hatte - Jessica Ennis (re.) sehen. Ein paar Künstler hatten mit 600 Litern Farbe ein Bild von Ennis auf eine Wiese gemalt, das so groß ist wie 15 Tennisfelder. Wer nicht mit dem Flugzeug kam, der sah Ennis auch, weil sie quasi auf jedem Plakat oder der Titelseite jeder Zeitung abgebildet war. Ennis ist Siebenkämpferin, die mit der besten Punktzahl in diesem Jahr, sie startete am Freitag ihren Wettkampf.

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Am Ende des ersten Tages war Ennis dann auch zu sehen, auf der Großleinwand des Olympiastadions. Sie lächelte, neben ihr wurde auf der Anzeigetafel das Zwischenergebnis nach vier Disziplinen eingeblendet. Dort war zu lesen: Sie führt nach dem ersten Tag mit der höchsten Punktzahl, die jemals bei einem Siebenkampf erzielt wurde.

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Dort war aber auch zu lesen: Lilli Schwarzkopf (re.) schaffte bei den ersten vier Disziplinen zwei persönliche Bestleistungen und zwei Saisonbestmarken, sie kämpft um eine Medaille, zumal ihre beste Disziplin, das Speerwerfen, erst am Samstag ausgetragen wird.

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"Ich denke, dass es normal ist, wenn die Öffentlichkeit dir schon vorher Medaillen um den Hals hängt, weil sie dich vorne sehen will", sage Ennis vor der ersten Disziplin, "aber ich versuche, die Dinge in der richtigen Perspektive zu behalten, fokussiert zu bleiben und mich nicht ablenken zu lassen." Das Training hatte sie nach Portugal verlegt, um dem Rummel ein wenig zu entgehen. Der Rummel ging am Freitagmorgen weiter: Zum ersten Mal seit der Eröffnungsfeier waren wieder Zuschauer im Stadion, das Olympische Feuer brannte friedlich am Rand - und die britischen Zuschauer warteten auf den ersten Auftritt der Frau, die sie nun mehr als eine Woche lang auf Plakaten, Titelseiten und Wiesen gesehen hatten.

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Der erste Tag begann - und die 26 Jahre alte Ennis stürmte über die Hürden und kam nach nur 12,54 Sekunden ins Ziel - das war die schnellste Zeit, die jemals eine Siebenkämpferin während eines Wettkampfes über diese Strecke gelaufen ist. "Das war ein magischer Moment für alle im Stadion", sagte Ennis' Vater Vinnie, "ich hoffe, dass noch ein paar kommen." Tatjana Tschernowa brauchte 13,48 Sekunden, eine für die Russin ordentliche Zeit. Lilli Schwarzkopf schaffte mit 13,26 Sekunden eine persönliche Bestleistung ("Der Sprint war fantastisch. Es hat sich sehr gut angefühlt."), Jennifer Oeser mit 13,42 Sekunden immerhin Saisonbestleistung.

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Dann gingen die Frauen zum Hochsprung. Oeser (Bild) schaffte die ersten Höhen souverän, scheiterte jedoch an 1,80 Metern und lag auf dem zwölften Rang. "Die Vorzeichen waren nicht gut, ich gebe mein Bestes", sagte Oeser danach. Lilli Schwarzkopf erreichte mit 1,83 Metern auch in der zweiten Disziplin eine persönliche Bestleistung, was zunächst für Platz sieben reichte.

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Im Stadion wurde es beim Hochsprung jeweils zwei Mal hintereinander richtig laut, weil die zweite britische Starterin, Katarina Johnson Thompson (1,89 Meter, Bild), direkt vor ihr startete. Weil die beiden meist im gleichen Versuch scheiterten oder übersprangen, ergab es sich eine doch sehr schöne Choreographie aus "Oooooh" und "Yeahhhh". Als sich Ennis zum zweiten Mal an 1,89 Metern versuchte, gab es ein "Yeahhhh- Oooooh". Sie hatte die Latte übersprungen, doch die tropfte kurz darauf doch noch zu Boden. Sie riss auch den dritten Versuch. "Das war nicht optimal, aber ich bin zufrieden", sagte Ennis.

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Der Abend begann dann mit dem Kugelstoßen - und weil Lilli Schwarzkopf (Bild) ohnehin den ganzen Tag Bestleistungen aufstellte, machte sie einfach weiter. Mit 14,77 Metern schaffte sie ihren weitesten Stoß in dieser Saison und schob sich auf den dritten Platz vor. Ennis schaffte 14,28 Meter und fiel auf den zweiten Platz zurück. Es führte ...

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... Austra Skujyte aus Litauen, die sowohl den Hochsprung als auch das Kugelstoßen gewann. Zum Abschluss des ersten Tages liefen die Frauen noch über 200 Meter. Vor dem Rennen schickte Lilli Schwarzkopf virtuelle Küsschen an die Zuschauer, nach dem Rennen stand sie entkräftet auf der Tartanbahn, doch sie lächelte: 24,77 Sekunden brauchte sie, wieder Saisonbestleistung. Jessica Ennis schaffte die Strecke in 22,83 Sekunden - in den vier Disziplinen sammelte die Britin mit 4158 Punkte mehr als jemals eine Athletin zuvor am ersten Tag eines Siebenkampfes.

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Vor den abschließenden Disziplinen lässt sich feststellen: Jessica Ennis hat sich ein Polster auf Tatjana Tschernowa (Bild) erkämpft, das recht komfortabel wirkt - und Lilli Schwarzkopf kämpft um eine Medaille, zumal ihre stärkste Disziplin, das Speerwerfen, noch kommt.  "Ich habe mich gut vorbereitet, aber dass es derart großartig werden würde, das hätte ich nicht gedacht", sagte Ennis. Am Samstag werden die sportbegeisterten Menschen in London wohl nicht ins Flugzeug steigen, um das Wiesengemälde von Ennis zu sehen. Sie werden ins Stadion kommen oder vor dem Fernseher sitzen, um womöglich weitere magische Momente zu erleben.

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