Phoenix Open im Golf:Schefflers Sieg am lautesten Loch

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Party mit Scottie Scheffler: Jahr für Jahr baut der Veranstalter in Phoenix eine stetig wachsende Tribüne rund um das 16. Loch, das damit mehr oder weniger in einem Stadion liegt. (Foto: STEPH CHAMBERS/Getty Images via AFP)

Ein Jahr nach seinem ersten Sieg auf der PGA Tour gewinnt Scottie Scheffler erneut beim Turnier in Scottsdale - und wird damit wieder zur Nummer eins in der Golfweltrangliste.

Von Felix Haselsteiner

Scottsdale ist für Scottie Scheffler auch ein Erinnerungsort an eine Zeit, in der ihn kaum jemand kannte. Ein Jahr ist es her, da war der dereinst 25-Jährige aus New Jersey noch ein Spieler unter dem Radar - talentiert, aber eben kein Liebling der Massen, kein Protagonist der Golfelite. "Niemand kannte ihn damals", sagte sein Caddie Ted Scott, der Scheffler seit Jahren am Bag begleitet, nun im Rückblick: "Niemand dachte überhaupt an ihn."

Scottsdale, Arizona, allerdings sollte zum Startort eines relativ einzigartigen Jahres werden: Schefflers Sieg bei der Waste Management Phoenix Open 2022 war der Beginn einer mehrmonatigen Phase, in der ihn kaum einer seiner Konkurrenten überhaupt schlagen konnte. Scheffler gewann in den Wochen darauf noch zwei weitere Turniere und schließlich Anfang April das Masters in Augusta. Ein paar Wochen hatte es gedauert, dann kannte ihn die ganze Welt, auch weil er die Weltrangliste monatelang anführte, bevor der Nordire Rory McIlroy im Herbst vorbeizog. Seit Montagmorgen ist Scheffler wieder vorne - nach seiner Titelverteidigung bei der Phoenix Open, einem Turnier, das nicht nur wegen Schefflers Geschichte einzigartig ist.

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Das lauteste Loch im Golfsport, so der inoffizielle Titel von Loch Nummer 16, wurde in diesem Jahr Kulisse für eine ganze Reihe von Topspielern der PGA Tour. Jahr für Jahr baut der Veranstalter in Phoenix eine stetig wachsende Tribüne rund um das Golfloch, das damit mehr oder weniger in einem Stadion liegt - dementsprechend geht es dort auch zu. An den vier Turniertagen flogen nach guten Schlägen Bierbecher quer über den Platz, die Menge tobte bei versenkten Putts und einmal wagte sich sogar ein Flitzer aufs Feld. Mehr Stadion-Atmosphäre gibt es im Golfsport nirgendwo, manch einer behauptete sogar, dass die Stimmung besser war als am Sonntagabend beim Super Bowl im benachbarten Glendale.

Golf darf und soll lauter werden, mit einem jüngeren Publikum und mehr Event

Scottsdale ist insofern nicht nur für Scottie Scheffler, sondern auch für die gesamte PGA Tour ein besonderer Ort, weil sich hier eine potentiell neue, moderne Version der Sportart manifestiert: Golf darf und soll lauter werden, mit einem jüngeren Publikum und mehr Event rund um das Turnier. Das Ziel ist, den Spagat zu schaffen zwischen der Tradition und Ruhe von Augusta und dem wilden (und teils sehr betrunkenem) Gejohle in Arizona. Auch deshalb sind die Phoenix Open inzwischen eines der sogenannten Flagship Events, mit erhöhtem Preisgeld, um die Topspieler anzulocken: Insgesamt gab es 20 Millionen zu verdienen, 3,6 Millionen bekam Sieger Scheffler.

Die vielen Millionen haben den 26-Jährigen im vergangenen Jahr kaum verändert. Es ist beachtlich zu sehen, mit welcher Leichtigkeit Scheffler sich aktuell wieder durch den Golfsport windet, trotz aller Schwierigkeiten, die ihm auf seinem Weg begegneten. Die meisten seiner Antworten auf Fragen bei Pressekonferenzen beinhalten aktuell das Wort "Fun" - das war nicht immer so. Vor seiner Finalrunde beim Masters im vergangenen Jahr habe er vor lauter Nervosität eine grauenvolle Nacht gehabt, gestand Scheffler damals. Diesmal habe er sich darauf gefreut, als Führender in die letzte Runde zu gehen. Jon Rahm, derzeit in einem beachtlichen Formhoch, und der Kanadier Nick Taylor versuchten noch, Scheffler abzufangen, am Ende gewann er mit zwei Schlägen Vorsprung.

Scheffler fühlt sich inzwischen wohl in der Position des Favoriten, der von den anderen gejagt wird - eine Rolle, die er nun als Nummer Eins wieder mehr einnehmen wird, in den kommenden Monaten bis zum Masters, in denen einige Großereignisse warten: Für die kommende Woche etwa hat sich Tiger Woods angekündigt, der bei der Genesis Open in Los Angeles auch mal wieder ein Nicht-Major-Turnier spielen möchte. Parallel erscheint auf Netflix eine lang erwartete Dokumentation über das vergangene Jahr im Golf, in dem sich die PGA Tour und die saudi-arabische LIV-Tour in eine globale Auseinandersetzung verwickelten.

Scheffler wird ebenfalls Teil der Dokumentation sein, die Dreharbeiten begannen vor etwas mehr als einem Jahr. "Ich glaube, als wir begonnen haben, wollten sie eigentlich nicht viel von mir", sagte Scheffler unter der Woche über die Dreharbeiten. Dann begann sein Aufstieg zur Nummer Eins - der ihn innerhalb der vergangenen zwölf Monate nicht nur bei Netflix in den Fokus gerückt hat.

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