Schwimmen:Fehlende Absprachen

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Einmal Gold, einmal Bronze: Florian Wellbrock polierte die Bilanz des DSV in Tokio kräftig auf - doch der Streit hinter den Kulissen geht weiter. (Foto: Laci Perenyi/imago images)

Während die deutschen Schwimmer in Tokio zufrieden Bilanz ziehen, schwelt der Streit auf der Führungsebene weiter - ausgerechnet DSV-Präsident Troll beklagt die mangelhafte Kommunikation in seinem Verband.

Von Claudio Catuogno, Tokio

Zweimal Bronze im Becken, einmal Gold im Freiwasser - aber wer gehofft hatte, die Medaillenbilanz der Schwimmer werde auch im Deutschen Schwimm-Verband die Wogen glätten, der sah sich noch vor der Rückkehr von Florian Wellbrock und Co. aus Tokio getäuscht. Am Donnerstagabend, einen halben Tag nach Wellbrocks Olympiasieg über zehn Kilometer, ließ sich DSV-Präsident Marco Troll gemeinsam mit Interims-Sportdirektor Lutz Buschkow in eine Pressekonferenz schalten. Offenbar auch in der Hoffnung, an der zuletzt oft negativen Außendarstellung des DSV werde sich nun wegen des guten Abschneidens etwas ändern. Was Troll dann allerdings kundtat, war eher nicht dazu geeignet, an eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen Trolls Vorstand und den Schlüsselpersonen im DSV-Leistungsschwimmen zu glauben.

Zwar nannte Troll die Bilanz und insbesondere das Freiwasserrennen "eine Erfüllung" und "erste Sahne". Mit den Verantwortlichen hinter diesen Erfolgen, Bundestrainer Hannes Vitense und Teamchef Bernd Berkhahn, war die Pressekonferenz inhaltlich aber nicht abgesprochen. Und Troll erwähnte beide im Zusammenhang mit dem Abschneiden mit keinem Wort, nur indirekt als "diese Leute" und "diese Personen". Und diese Leute, so der Tenor, werden vom DSV-Vorstand wohl noch etwas anderes zu hören bekommen als nur Dank für den tollen Auftritt in Japan.

"Welche Fehler waren denn da?", fragt DSV-Präsident Troll. Die Athleten haben ihm bereits vor den Spielen einige aufgezählt

In der "Vorfeldphase von Olympia", sagte Troll, habe es "zahlreiche Irritationen und Darstellungen des DSV gegeben, die ihm geschadet haben". Da gebe es einiges aufzubereiten "im Bereich der Kommunikation, im Bereich des Umgangs" und "zum Thema Loyalität". Man werde das "mit diesen Personen direkt ansprechen und ihnen sagen, wie das zukünftig zu handhaben ist". Unter anderem hatten Troll "Briefe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des DSV" gestört, "in denen harsche Kritik am Vorstand geäußert wurde", und die zunächst in der Presse landeten. "Wenn Defizite da wären, die man uns zuschreibt, dann sprechen wir miteinander", so Troll. Bei der Masse der in den Briefen formulierten Fragen "kommt man ja durcheinander". Also: "Diesen Weg der Kommunikation möchte ich mit dem Vorstand nicht haben."

Tatsächlich hatten im Sommer mehrere offene Briefe die Runde gemacht. Da war ein aus einem Landesverband initiiertes Schreiben und ein weiteres, das unter anderem von Berkhahn, Vitense, weiteren Schwimm-Bundestrainern sowie DSV-Mitarbeitern unterschrieben war. Auch die Athletensprecherin Sarah Köhler, die wie Wellbrock und wie die am Freitag vom Leistungssport zurückgetretene Olympiateilnehmerin Franziska Hentke bei Berkhahn in Magdeburg trainiert, hatte einen Brief aufgesetzt. Unisono beklagten sie darin das, was Troll jetzt als Selbstverständlichkeit darstellte: Der neue Vorstand kommuniziere nicht mit ihnen, treffe wichtige Personalentscheidungen ohne Rücksprache, sei für Detailabsprachen zu den Bedürfnissen des Leistungssports nicht zu erreichen. Vor allem rund um die Entlassung des früheren Direktors Leistungssport, Thomas Kurschilgen, fühlten sich viele nicht informiert.

Die Frage, ob auch sein Vorstand Fehler gemacht habe, ließ Troll aber unbeantwortet. Er habe "vom Chaos gelesen, aber dieses Chaos habe ich nicht wahrgenommen", sagte er. "Welche Fehler waren denn da?"

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