Schwimmen:DSV-Athleten in der USA: «Ikonen sind auch Menschen»

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Berlin (dpa) - Eine Beobachtung hat Jan-Philip Glania doch besonders erstaunt. In den USA rollen selbst Olympiasieger nach dem Training die Schwimmleinen auf.

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Berlin (dpa) - Eine Beobachtung hat Jan-Philip Glania doch besonders erstaunt. In den USA rollen selbst Olympiasieger nach dem Training die Schwimmleinen auf.

„Die Leute sind ganz entspannt dort. Ikonen sind auch Menschen“, berichtet der Rückenschwimmer aus Fulda lächelnd bei der deutschen Meisterschaft in Berlin. Er trainiert seit Februar in Los Angeles unter Starcoach Dave Salo mit Olympiasiegern wie dem Tunesier Oussama Mellouli. Auch Theresa Michalak wechselte nach zwölf Jahren in Halle/Saale und einer verpatzten Olympia-Saison ins gelobte Schwimm-Land: In Gainesville/Florida, der Heimat von Olympiasieger Ryan Lochte, hofft sie unter dessen Ex-Trainer Gregg Troy auf einen Neustart.

Glania, der 2012 mit seinem deutschen Rekord über 200 Meter Rücken plötzlich so etwas wie ein Hoffnungsträger war, unterbrach sein Studium der Zahnmedizin und wagte den Sprung nach Kalifornien. Bei der DM in Berlin teilt er sich bis Sonntag das Zimmer mit Dimitri Colupaev. Der Olympia-Vierte mit der 4 x 200 Meter-Freistilstaffel absolviert seine Einheiten bereits seit Jahren in den USA wie auch Martin Grodzki.

„Dort wird mit hoher Intensität trainiert. Auch in Deutschland wird teils sehr hart trainiert. Es ist nur schwierig, hohe Qualität bei hohen Umfängen zu schwimmen“, erklärt Glania. Während in Deutschland oft das Kachelzählen mit etwa zehn Wassereinheiten pro Woche das Maß aller Dinge ist, belassen es viele US-Trainer bei einer täglichen, dafür umso intensiveren Einheit. Dort stehen auch mal fünf gut bezahlte Trainer am Beckenrand, in Deutschland hingegen ist der Trainerberuf mit deutlich weniger Einkommen und Prestige verbunden.

Chefbundestrainer Henning Lambertz befürwortet grundsätzlich, „mal über den Tellerrand hinaus zu schauen“. Neue Reize und auch mal ein neuer Trainer können seiner Ansicht nach durchaus hilfreich auf dem langen Weg zurück in die Weltspitze sein. „Was Jan-Philip und Thea (Michalak) gemacht haben, finde ich gut und unterstütze das auch. Ich will natürlich keinen ins Ausland treiben“, sagt Lambertz und betont qua Amt, dass es auch in Deutschland sehr gute Trainer gebe.

Gleichzeitig spricht er ein Manko der Wanderer zwischen zwei Schwimm-Welten an. „Ich hoffe immer drauf, dass die Kommunikation in Zukunft noch ein bisschen besser werden kann. Damit dann zum Beispiel Thea Michalak die Strecken schwimmt, die ich gerne sehen würde und nicht Gregg Troy gerne sehen würde. Das wäre dann so das i-Tüpfelchen“, sagte er. Lambertz ist trotz gewohnter Verbindlichkeit zumindest irritiert, dass Michalak auf Geheiß ihres US-Trainers beispielsweise die 200 Meter Freistil in Berlin nicht schwimmt. Da einige andere Schwimmerinnen ihrem Beispiel folgten, kann die Normzeit für eine Staffel bei der Heim-EM in Berlin zu einem Problem werden.

Irritationen gab es auch nach Michalaks Aussagen, das Training in Halle/Saale unter Frank Embacher sei ihr zu eintönig gewesen. In Berlin wollte Michalak das nicht als Kritik verstanden wissen. „Ich wollte einfach etwas ändern. Das war der Grund dafür, dass ich in die USA wechselte.“

Fremd sind derartige Gedanken Paul Biedermann, der vor Jahren einmal eine temporäre Trainingsgemeinschaft mit Olympiasieger Yannick Agnel angedacht hatte. „Meinen ganzen Erfolg habe ich Frank Embacher zu verdanken. Es gibt keinen Grund ins Ausland zu gehen, ich finde keine besseren Trainingsbedingungen in Europa. Ich bin eher der Heimattyp.“

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