Schwimmen:Biedermanns goldene Genugtuung: «Weiß, was ich mache»

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Berlin (dpa) - Paul Biedermann erlebte ein EM-Wochenende der Emotionen.

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Berlin (dpa) - Paul Biedermann erlebte ein EM-Wochenende der Emotionen.

Nach dem frenetisch umjubelten Gold mit der Freistil-Staffel über 4 x 200 Meter und der stadionreifen Party mit Tausenden im Berliner Velodrom bedankte sich Biedermann im letzten Rennen der Heim-Europameisterschaften auf Schwimmer-Art: Das Lagen-Quartett mit dem 28-Jährigen betrat als Berliner Bären verkleidet die Startbrücke. „Das war von unserer Seite ein Dankeschön an das Publikum, das uns immer toll unterstützt hat“, sagte Biedermann und erntete erneut den Jubel der Massen. Alle Anfeuerung danach nutzte aber nichts: Mit der Lagen-Staffel auf Platz vier verpasste er die siebte deutsche Becken-Medaille.

Tags zuvor hatte er voller Genugtuung das emotionale Staffel-Gold des deutschen Quartetts über 4 x 200 Meter Freistil gefeiert. Einige Augenblicke, nachdem er triumphierend den Arm in die Höhe streckte, knallte seine Faust mit voller Wucht ins Wasser. Wieder an Land, gestattete sich der Weltrekordler einen kleinen Seitenhieb. „Für mich war alles richtig. Ich weiß schon, was ich mache, ich bin alt genug. Deswegen weiß ich meinen Weg und werde ihn weitergehen“, erklärte der 28-Jährige.

Die Mäkeleien von außen über seinen Verzicht auf die 100 Meter Freistil waren Biedermann nicht entgangen - auch wenn er Sonntagabend erklärte, seine Aussagen seien an „niemanden gerichtet“ gewesen. ARD-Expertin Franziska van Almsick hatte mit Verweis auf längst vergangene Schwimm-Epochen ihr Unverständnis geäußert; das Fernsehen selbst hätte liebend gern den bekanntesten Schwimmer auch über die 100 Meter gezeigt.

Derartige Interessenslagen spielten für den mitunter auch sturen Biedermann aber keine Rolle. Für den „besten Mann der Welt“ (Staffel-Kollege Robin Backhaus) zählten die Staffeln mehr. Nach knapp verpasstem Gold über seine Spezialstrecke 200 Meter Freistil war Biedermann „einfach platt“ und brauchte wegen der dreiwöchigen Krankheitspause kurz vor dem Saisonhöhepunkt die Regeneration.

„Er hat die 100 Kraul nicht deswegen gemacht, weil er keine Lust hatte“, stellte Chef-Bundestrainer Henning Lambertz am Sonntag klar, sondern weil er sich in den Dienst der Mannschaft habe stellen wollen. „Jegliche Kritik daran verbietet sich, wenn man die letzte Bahn gesehen hat. Dafür gebührt ihm Lob und Anerkennung und keine Kritik.“

Biedermann überholte als überragender Schlussschwimmer auf der letzten Bahn die bis dahin führenden Russen und erzielte in starken 1:44,95 Minuten die Bestzeit aller Starter. Dabei sah es zunächst nicht vielversprechend aus. Nach schwächeren Leistungen von Yannick Lebherz und Backhaus musste Clemens Rapp die Staffel von Platz sieben nach vorne bringen.

Eine Siegerehrung hautnah erlebte auch Christian Diener bei seiner überraschenden Silbermedaille über 200 Meter Rücken. Weiter auf seine erste internationale Langbahn-Medaille warten muss Steffen Deibler, auch vor heimischem Publikum langte es über seine Spezialstrecke 100 Meter Schmetterling ebenso nur zu Platz fünf wie für Lebherz über die 400 Meter Lagen. Zufrieden konnte Nachwuchshoffnung Jacob Heidtmann als Sechster sein.

Düsterer präsentiert sich hingegen die Situation bei den Frauen, die nach dem Rücktritt von Britta Steffen nicht nur auf den Freistilstrecken nicht mehr konkurrenzfähig sind. Am Schlusstag verpassten Dorothea Brandt als Fünfte über 50 Meter Brust und Franziska Hentke auf Platz sechs über 200 Meter Schmetterling das erhoffte Edelmetall. Damit blieben die deutschen Schwimmerinnen erstmals seit der Wiedervereinigung ohne EM-Plakette.

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