Kandidatenturnier:Diese Schachspieler wollen Carlsen herausfordern

Trotz der Corona-Pandemie wird in Jekaterinburg ein Gegner für den Dauer-Weltmeister gesucht. Mit dabei: Ex-Herausforderer Caruana, ein starker Schnellschachspieler aus China - und ein Mann, der Carlsen mal in 22 Zügen besiegte.

Von Tim Brack

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(Foto: AP)

Magnus Carlsen ist seit Jahren das Gesicht des Schachsports. Der Norweger gewann 2013 die Weltmeisterschaft und hat den Titel seitdem nicht mehr hergegeben. In der Weltrangliste ist er sogar schon seit 2011 ununterbrochen an der Spitze. Beim dreiwöchigen Kandidatenturnier im russischen Jekaterinburg soll nun ein würdiger Herausforderer für den Dauergewinner ermittelt werden. Acht Kandidaten sind in der Verlosung, jeder spielt zweimal gegen jeden. Der Beste trifft bei der Schach-WM voraussichtlich im Dezember auf Carlsen.

Kirill Alexejenko

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(Foto: Andreas Kontokanis/ Wiki Commons (CC BY 2.0))

Der 22-Jährige ist der klare Außenseiter beim Kandidatenturniner. Erst im vergangengen Jahr gelang ihm der internationale Durchbruch dank seiner Leistung beim Weltcup. Für Beachtung sorgte dann sein dritter Platz beim Schweizer Turnier Grand Swiss, bei dem er einige Top-Spieler hinter sich ließ. Dieser Auftritt brachte Alexejenko auch die nötige Qualifikation, um für eine Wild Card für das Kandidatenturnier infrage zu kommen - diese durfte Russland als Gastgeber vergeben. Nun ist Alexejenko einer von drei Russen im Turnier. An Lokalhelden mangelt es also nicht. Im Vergleich mit der Konkurrenz sind Alexejenkos Erfolge allerdings recht überschaubar, auch deswegen dürfte der Student wenig Druck verspüren. Von einem Weltranglisten-39. erwartet niemand, dass er das Turnier gewinnt.

Jan Nepomniachtchi

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(Foto: imago images/Xinhua)

Etwas optimistischer darf Alexejenkos Landsmann Jan Nepomniachtchi in das Heimturnier gehen. Der 29-Jährige ist etabliert, ranigert auf Platz fünf der Weltrangliste und spielt einen unkonventionellen Stil. Seine analytischen Fähigkeiten hat er auch schon mal in den E-Sport eingebracht, als er einige Partien des Online-Multiplayer-Spiels Dota 2 kommentierte. Beim Kandidatenturnier dürfte er den beiden Favoriten indes wohl nicht richtig gefährlich werden.

Anish Giri

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(Foto: imago/VI Images)

Auf dem Schachbrett gibt es nur Schwarz und Weiß, doch die Welt darum herum ist vielfältiger. Dafür ist Anish Giri ein gutes Beispiel. Der 25-Jährige ist in Sankt Petersburg geboren, sein Vater ist ein Hydrologe aus Nepal, seine Mutter Russin, er selbst tritt aber für die Niederlande an. Dorthin waren seine Eltern 2008 nach einem sechsjährigen Aufenthalt in Japan gezogen. In den Niederlanden nahm auch Giris Karriere Fahrt auf. 2011 schmiss er einen gewissen Magnus Carlsen, damals schon Weltranglisten-Erster, aus einem Turnier - in 22 Zügen. Sein Erfolg über den Schach-Dominator war aber kein Ausreißer, kontinuierlich arbeitete sich Giri nach oben. Seit 2014 ist er unter den besten zehn Schachspielern und hat diesen Kreis seither nicht verlassen. Es ist das zweite Mal, dass er sich für ein Kandidatenturnier qualifiziert. 2016 kürte er sich selbst zu einer Art Remis-König, weil er in 14 Partien 14 Mal unentschieden spielte, was er auch seinem schier undurchdringlichen Positionsspiel zu verdanken hat.

Maxime Vachier-Lagrave

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(Foto: imago/Sven Simon)

Der Franzose profitiert vom Verzicht des Aserbaidschaners Teymur Radjabov. Dieser wollte mit Blick auf das Coronavirus nicht seine Gesundheit für das Kandidatenturnier aufs Spiel setzen. Nachrücker Vachier-Lagrave, 29, schaffte es gerade noch rechtzeitig nach Jekaterinburg, um einer Quarantäne zu entgehen. Einen Tag später hätte es ihn wie alle Einreisenden aus Frankreich, Spanien und Deutschland erwischt. In den drei Jahren zuvor hatte er den Wettkampf noch aufgrund seiner sportlichen Leistung immer knapp verpasst. Seine erste Teilnahme am Kandidatenturnier ist da umso ungewöhnlicher, weil er in den Jahren zuvor in besserer Verfasssung war.

Wang Hao

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(Foto: imago images/Xinhua)

Die Karriere von Wang Hao als professioneller Schachspieler schien sich zuletzt eher in eine Karriere als Trainer zu verwandeln. Nachdem er 2013 auf der Höhe seines Könnens unter anderem gegen die Weltmeister Carlsen und Viswanathan Anand gewonnen hatte, wurde es immer ruhiger um Hao. In einem Interview, so heißt es auf der Website des Schach-Weltverbands, habe er sogar gesagt, dass er des Schachs müde sei. Im vergangenen Herbst kehrte der Chinese aber zurück und gewann das große Turnier auf der Isle of Man und qualifizierte sich so direkt für Jekaterinburg. Dort wird er die große Unbekannte sein.

Alexander Grischuk

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(Foto: Gregor Fischer/dpa)

Ist der dritte russische Kandidat beim Turnier und darf mit 36 Jahren als sehr erfahren bezeichnet werden. Es ist bereits seine fünfte Teilnahme am Kandidatenturnier, gewinnen konnte er es aber noch nicht. Erfolgreicher war er da schon im Blitzschach, bei dem er 2006, 2012 und 2016 Weltmeister wurde - häufiger konnte nur Carlsen gewinnen. Etwas paradox: Trotz seiner Fähigkeit, schnell zu spielen, kommt er beim klassischen Schach wegen seines schlechten Zeitmanagements häufiger in die Bredouille.

Ding Liren

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(Foto: dpa)

Vom Chinesen wird seit Jahren erwartet, dass er der erste Schach-Weltmeister seines Landes wird. In Russland hat der Weltranglisten-Dritte mit die besten Aussichten auf ein Duell mit Magnus Carlsen. Als Schachgroßmeister weiß der 27-Jährige vorausschauend zu agieren, deswegen reiste er zeitig zum Turnier an. Er musste sich aufgrund des Coronavirus in eine zweiwöchige Quarantäne begeben. Ihm half auch nicht, dass Liren übersetzt so viel bedeutet wie "(andere) gesund machen". Ob die aufgezwungene Isolation seiner Vorbereitung geschadet oder sie womöglich gefördert hat, muss sich noch zeigen. Bei seinem zweiten Kandidatenturnier will der Chinese jedenfalls besser abschneiden als vor einem Jahr in Berlin, als er zwar kein Spiel verlor, aber am Ende Vierter wurde.

Fabiano Caruana

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(Foto: dpa)

Hat sich in den vegangenen zwei Jahren als Nummer zwei hinter Carlsen etabliert und ist in prächtiger Form. In Jekaterinburg ist er deswegen der Favorit auf den Turniersieg. Er gewann schon das vergangenen Kandidatenturnier in Berlin und zwang Carlsen im WM-Kampf nach zwölf Partien, die alle remis endeten, in den Tiebreak. Dort kam Carlsen mit der verkürzten Bedenkzeit deutlich besser zurecht und brach Caruanas Widerstand. Mancher wünscht sich deswegen Ding Liren als Sieger des Kandidatenturniers. Der Chinese ist im Schnellschach deutlich besser als Caruana.

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