SC Freiburg:Mit Fahrradhelm auf die Baustelle

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Der Freiburger Leistungsträger Nils Petersen (M., hier beim Testspiel gegen den SV Zimmern) fährt zu Olympia, während sich sein Verein auf die Bundesliga vorbereitet. (Foto: Ulmer/imago)

Der Aufsteiger startet mal wieder als krasser Außenseiter in die Saison - und muss zudem auf seinen wichtigsten Spieler verzichten. Die Reaktion? Zuversicht!

Von Christoph Ruf, Schruns

Das zehnte Jahr in Folge hält der SC Freiburg nun schon sein Sommertrainingslager in der Postkartenlandschaft von Schruns ab. Kein Wunder also, dass Rudi vom Fremdenverkehrsamt alles tut, damit sich Christian Streich mit seinem Team wohlfühlt - und dass dazu weit weniger vonnöten ist als beim spanischen EM-Team, das hier Ende Mai Quartier bezog, stört die Einheimischen gar nicht. Die Iberer seien ja freundlich gewesen, sagt er, als er den Freiburger Fußballern am Samstag von der Tribüne aus bei ihren Übungen zusieht. "Aber diese Sicherheitsmaßnahmen waren wahnsinnig."

Die Freiburger Fußballer haben zur Sicherung ihrer Gesundheit nur einen Fahrradhelm dabei. Den müssen sie aufsetzen, bevor sie nach der Einheit ins Hotel radeln. Als letzter schwingt sich am Samstag Trainer Streich aufs Fahrrad, als vorletzter Nils Petersen, der am Mittwoch Richtung Rio aufbrechen wird und gar nicht so tun will, als sei es kein Problem für den SC, wenn der Spieler, der 21 Tore zum Aufstieg beisteuerte, wochenlang fehlt: "Ich werde natürlich einige wichtige Testspiele verpassen und einiges, was die anderen in der Zeit einstudieren." Umso dankbarer sei er seinem Trainer, dass er ihm die Entscheidung freigestellt hat. "Er wusste es auch schon vor mir, dass ich im Kader stehen würde."

Der Mit-Aufsteiger ist diesmal kein Mit-Konkurrent um den Klassenerhalt

Streich selbst, der Petersen sehr wohlgesonnen ist, wollte ihm "das tolle Erlebnis" offenbar nicht nehmen. Er freut sich ja, dass alle Leistungsträger aus dem Aufstiegsjahr geblieben sind, "obwohl sie woanders sehr viel mehr Geld hätten verdienen können." Noch mehr als man schon in Freiburg verdient, schiebt er nach.

Anfang Juli hatte Freiburgs Trainer dem kicker ein bemerkenswertes Interview gegeben, in dem er behauptete, er könne sich vorstellen, eine Mannschaft aus bereits perfekt ausgebildeten 28-Jährigen zu trainieren. Doch das Ensemble, das er nun im Montafon beisammenhat, ist auch im Schnitt weder 28, noch perfekt ausgebildet. Es ist im Gegenteil von der Altersstruktur und der Erfahrung wieder eine typische Freiburger Mannschaft.

Ein Team also, das rund um ein paar erfahrene Korsettstangen mit jungen, entwicklungsfähigen Spielern bestückt wurde. Nach der erfolgreichen letzten Saison - mit fünf Punkten Vorsprung vor Leipzig gelang der sofortige Wiederaufstieg als Zweitliga-Meister - soll nun der Klassenerhalt geschafft werden. "Normalerweise weiß man ja als Aufsteiger, dass wenigstens der Mitaufsteiger auch gegen den Abstieg spielt", sagt Petersen. "Aber RB Leipzig ist da in ganz anderen Sphären."

Die Neuen sind Ergänzungsspieler mit Startelf-Perspektive

Von den Neuen haben einige Spieler gute Chancen auf einen Stammplatz. Manuel Gulde könnte den Platz neben Marc-Oliver Kempf in der Innenverteidigung bekommen. Jonas Meffert, der sich selbst als "defensiver Mittelfeldspieler, der die einfachen Sachen macht", beschreibt, soll in der Zentrale Druck auf Nicolas Höfler machen, der bislang den defensiven Part neben EM-Fahrer Amir Abrashi innehatte, der wiederum Konkurrenz durch Janik Haberer aus Hoffenheim bekam. Auch auf der rechten Außenbahn wurde der Konkurrenzkampf erhöht - Aleksandar Ignjovski, der von Eintracht Frankfurt kam, Caglar Söyuncü und Onur Bulut gelten als Talente. Streich warnte auch in Schruns, dass man "viele von den Spielen, die wir in der zweiten Liga gewonnen haben, in der ersten Liga verloren" hätte.

Ob die Umbauten im Kader dann für den Klassenerhalt reichen, wissen sie in Freiburg nicht so genau. Doch insgesamt trauen sie sich die erste Liga natürlich schon zu. Weniger Geld als die meisten Konkurrenten hatten sie schließlich noch jedes Jahr. Und trotzdem durfte Rudi vom Fremdenverkehrsamt in den vergangenen zehn Jahren siebenmal einen Freiburger Bundesligisten bei sich in Schruns willkommen heißen.

© SZ vom 24.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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