SC Freiburg:"In den Papierkorb"

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Nach dem 2:4 beim FSV Mainz 05 ist Freiburgs Coach Streich nicht nur wegen der Niederlage traurig: Er verliert auch zwei Stammspieler wegen Verletzungen.

Von Christoph Ruf, Mainz

Nach der 2:4-Niederlage des SC Freiburg sprach Jochen Saier von einer "Reise, die sich gelohnt hat". Das war natürlich purer Sarkasmus, denn kurz zuvor hatte Freiburgs Sportdirektor noch mal all das Revue passieren lassen, was diesen Ausflug ins Rheinhessische aus Freiburger Sicht so unerfreulich hatte enden lassen. Der nicht gegebene Handelfmeter in der Nachspielzeit, als der Mainzer Jean-Philippe Gbamin beim Stand von 3:2 einen Schuss von Janik Haberer mit dem Ellenbogen abgewehrt hatte. Das Freiburger Chancenplus von 24:11, bei 64 Prozent Ballbesitz, also eine spielerische Überlegenheit, die sich mal wieder nicht im Ergebnis widerspiegelte. Und dann auch noch die Verletzungen zweier wichtiger Spieler.

Maximilian Philipp, individuell der vielleicht Beste im Team, war schon nach 12 Minuten ausgeschieden, nachdem er sich in einem Zweikampf den Fuß verdreht hatte. Und kurz vor Schluss musste Caglar Söyüncü nach einem Zusammenprall mit André Ramalho mit schwerer Gehirnerschütterung vom Platz getragen werden. Sein Einsatz am kommenden Freitag gegen Leipzig ist unwahrscheinlich. Philipp, dessen Bänder im Sprunggelenk gerissen sind, wird definitiv mehrere Wochen lang ausfallen.

Freiburgs Trainer Christian Streich hatte derweil eine andere Art, mit der Niederlage umzugehen als Sarkasmus. Nach dem Schlusspfiff schien alle Energie verpufft und einer unermesslichen Traurigkeit gewichen zu sein. Schwer atmend und mit belegter Stimme gab er zu Protokoll, sein Team habe sich "katastrophal verhalten bei den Standards, und das hat das Spiel entschieden". Dann fiel sein Blick auf der Suche nach Halt auf den Spielberichts- Bogen, doch der hatte auch nichts Tröstliches parat. Im Gegenteil: "Wenn ich sehe: 24 zu 11 Torschüsse, 55 Prozent gewonnene Zweikämpfe - die ganze Statistik kannst du in den Papierkorb werfen."

Gegen Mainz 05 konnte der Sportclub in der Bundesliga noch nie gewinnen, diesmal vor allem deshalb nicht, weil er sich beim Verteidigen dilettantisch anstellte. Die Mainzer Verteidiger Niko Bungert (1:0; 15. Minute) und Stefan Bell (3:1; 82.) waren bei ihren Kopfballtreffern erstaunlich frei, vor dem Elfmetertor von Yunus Malli zum 2:0 (20.) stellten sich zuerst Marc Torrejon und dann im Strafraum Söyüncü amateurhaft an beim Versuch, Jhon Cordoba vom Ball zu trennen. Und in dem jungen Alexander Schwolow hat man einen Keeper in seinen Reihen, der auf der Linie gut ist, aber das Risiko scheut und den Fünfmeterraum wenn möglich nur nach Abpfiff verlässt.

Trotz der beiden Tore von Vincenzo Grifo (67.) und Nils Petersen (85.) setzte es also mal wieder eine Auswärtsniederlage. Was diese Freiburger Mannschaft ausmacht, dürfte dennoch für den Klassenerhalt reichen: Sie spielt attraktiv und mutig - und erarbeitet sich im Gegensatz zu vergangenen Dekaden auch jede Menge Torchancen. Gegen Mitaufsteiger Leipzig reicht das am Freitag zum Sieg - hat zumindest Angreifer Florian Niederlechner am Samstag frech prognostiziert: "Dann werden wir eben die erste Mannschaft sein, die gegen Leipzig gewinnt." Das war nun wiederum eine andere Art, mit Frust umzugehen als bei Saier und Streich.

Den Zuschauern dürften die Mechanismen der Trauerarbeit derweil einerlei gewesen sein, sie sahen in Mainz mal wieder ein packendes Fußballspiel, in dem eine defensiv nicht zum ersten Mal anfällige Freiburger Mannschaft auf ein Mainzer Team traf, das nicht von ungefähr schon 21 Tore erzielt hat - und nicht von ungefähr schon 20 kassiert hat. Das Team steht auch zu Hause tief hinten drin, ist aber hellwach, wenn es den Ball erobert. Und dann geht es so schnell in Richtung Tor des Gegners, dass zumindest Teams wie Darmstadt, Freiburg, Ingolstadt, Bremen und Augsburg Probleme bekommen. Gegen all diese Teams hat Mainz bereits gewonnen.

Der Anschluss ans obere Tabellendrittel ist damit gefestigt, Trainer Martin Schmidt hat Recht mit der Feststellung, man habe "genau die richtigen Spiele gewonnen". Man fragt sich angesichts des Mainzer Event-Fußballs nur, warum bei den Heimspielen tausende Plätze leer bleiben. "Die Spiele sind spannend und unterhaltsam", findet Schmidt. "Jeder ohne Ticket hat eh verloren."

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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